
Joselu y nada más? So lautet die Frage seit einiger Zeit. Und der erste Teil ist vollzogen – Joselu Mato kehrt zu Real Madrid zurück – alles andere bleibt noch abzuwarten.
Erstmal freue ich mich: Mit Joselu schnappen sich die Königlichen nicht nur ein Schnäppchen und einen 100-prozentigen Madridista (als Daniel Carvajals Schwager war er unter anderem beim CL-Finale 2022 als Fan dabei), sondern auch eine echte Kante für den Angriff. Joselu bringt mit, was in den letzten Jahren gefehlt hat: offensive Durchschlagskraft. 16 Tore 2022/23 (darunter fünf von fünf verwandelte Elfmeter), 14 Tore in der Vorsaison (sechs von sieben Elfmeter) – und das beide Male (!) mit kriselnden Absteigern! In den letzten beiden LaLiga-Saisons hat sogesehen nur Karim Benzema noch häufiger getroffen (36 Mal) als Joselu (30). Und das als absoluter Killer im und am Strafraum – speziell in der Luft ist der 33-Jährige eine Wucht: Seine durchschnittlich 5,1 gewonnenen Luftzweikämpfe konnte 2022/23 nur Vedat Muriqi (5,7) übertreffen. Und nur vier Spieler wurden noch häufiger gefoult als er (2,1 pro Partie). Gegen unangenehme Gegner und Abwehrbollwerke um Getafe, Osasuna, Cádiz und Co. wird Joselu eine große Hilfe sein und ist so was ich erhofft hatte: Ein erfahrener, bulliger Mittelstürmer, der gegen Ende seiner Karriere nochmal eine gewisse Rolle beim größten Verein der Welt annehmen will. Aber eher eine Joker-Rolle.
Auch wenn sich Joselu jetzt bei der spanischen Nationalmannschaft schnell einen Namen gemacht hat (vier Länderspiele und drei Tore in nur 135 Minuten), würde er mir noch nicht reichen. Das heißt nicht, dass ich ihn nicht in vier oder fünf Partien von Beginn an aufstellen würde, das schon, aber es bräuchte auch noch einen weiteren Mittelstürmer. Joselu als Benzema-Backup hätte mir geschmeckt, aber jetzt braucht es eben noch einen Offensiv-Star mit Erfahrung – also einem gewissen Alter – und mindestens internationaler Klasse. Wenn schon Harry Kane nicht zu haben ist, dann sollte man sich doch zumindest um einen Roberto Firmino oder sogar Edin Dzeko kümmern.
Zwar gibt es auch Gründe, mit dem bestehenden Spielermaterial optimistisch zu sein, aber die letzte Saison hat gezeigt, dass nach acht oder neun englischen Wochen am Stück ein größerer, breiterer Kader her muss. Immerhin: Carlo Ancelotti hat zuletzt einige Male das 4-2-3-1 getestet, da könnte Rodrygo Goes als Mittelstürmer eher funktionieren als im 4-3-3, denn im 4-2-3-1 hätte er einen Spielmacher in seinem Rücken zum Kombinieren. Als alleinige Neun reicht Rodrygo meiner Meinung nach nicht – Joselu schon, den man mit langen, hohen Bällen ideal bedienen kann. Und im 4-2-3-1 könnte Federico Valverde eher außen funktionieren als als klarer Flügelspieler wie im 4-3-3. Von demher: Die aktuellen vier Offensivspieler (Joselu, Rodrygo, Vinícius Júnior und Brahim Díaz) plus der vermutlich beförderte Álvaro Rodríguez könnten theoretisch dank Systemwechseln ausreichen, zumal im Sommer 2024 der nächste Mittelstürmer kommt, aber auch der dann erst 18 Jahre alte Endrick wird nicht gleich einschlagen. Aber weder auf Álvaro noch Iker Bravo oder in Zukunft Endrick kann man sich schon verlassen. Meine Meinung: Joselu ist top – mal davon abgesehen, dass er REAL TOTAL schon lange auf Twitter folgt –, aber da muss noch mehr kommen, eigentlich sogar zwei: Mittelsturm und Rechtsaußen. An Platz mangelt es nicht: Mit Joselu befinden sich aktuell 23 Spieler (21 Feldspieler) im Profi-Kader – 25 dürfen es in LaLiga sein. Und weitere Abgänge wie von Jesús Vallejo, Álvaro Odriozola oder auch Dani Ceballos sind nicht ausgeschlossen.
Ich glaube: Florentino Pérez‘ Worte waren eher Taktik. Wenn man so tut, als hätte man keinen Bedarf oder Druck mehr, lässt es sich etwas einfacher verhandeln um Kane und Co., als wenn jeder weiß, dass man unbedingt noch jemanden verpflichten müsse. Zumal Álvaro Rodríguez vielleicht auch deswegen offiziell noch nicht befördert wurde, um keinen Platz im Profi-Kader zu „verschwenden“, allerdings läuft die Saison der Castilla auch noch. Und nicht vergessen: Das Transferfenster öffnet erst noch – der Sommer geht lange, viel Unvorhergesehenes kann noch passieren, gewisse Domino-Effekte sind noch gar nicht abzusehen, wenn erstmal der FC Bayern los legt und so verschiedene Personalien ins Rollen kommen und Spieler anderer Vereine plötzlich auch noch wechseln wollen aufgrund neuer Trainer oder neuer Konkurrenten. Also Madridistas: Freut euch auf Joselu, der garantiert kein Poser wie Mariano Díaz wird, und danach: calma calma. „Joselu y nada más“ ist nicht unmöglich, und doch eher unwahrscheinlich.
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