
Das gab’s erst vier Mal in dieser Saison: Zinédine Zidane nutzt das volle Wechselkontingent aus. Zwar kamen die fünf Einwechselspieler gegen Celta (2:0) nur auf insgesamt 31 Minuten (der viertniedrigste Wert 2020/21, mit durchschnittlich 6,2 Minuten sogar der niedrigste Wert), viel ernüchternder fiel dagegen aus, wem „Zizou“ mal wieder einen Einsatz verwehrte: seinem Wunschspieler.
Zumindest war Luka Jović das mal. „Zidane war derjenige, der mich bei Real Madrid haben wollte“, erklärte der Serbe noch vor einem Jahr und verriet auch, dass die „Verhandlungen zwischen meinem Klub und Real Madrid schwierig waren und fast gescheitert sind, aber Zidane beharrte darauf, dass ich dieses Trikot trage.“
Worte aus einer anderen Zeit. Denn nach einem enttäuschenden Jahr 2020 gab es für Jović zum Start in 2021 nahezu eine Demütigung: Da führten die Blancos „endlich“ mal souverän mit zwei Toren gegen einen geschlagenen Gegner, dessen Top-Spieler längst vom Platz war und statt früh zu wechseln tat Zidane nichts und nahm den schwachen Karim Benzema erst in der 90. Minute vom Platz. Für Mariano Díaz – Jovićs Blick auf der Tribüne sprach Bände. Dabei machte Zidane dem serbischen Torjäger noch am Vortag Hoffnung: „Es stimmt, dass er zuletzt nicht viel gespielt hat, aber ich werde auf alle zählen. Innerhalb von einer Minute kann sich für einen Spieler viel verändern.“
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— Nils Kern (@nilskern17) January 2, 2021
Und innerhalb der 90. Minute änderte sich tatsächlich für „einen Spieler“ viel: Jović ist nicht mal mehr Stürmer Nummer zwei, sondern nur noch das Stützrad am Fahrrad. Derweil kommentierte Zidane die Benzema-Auswechslung auch noch damit, „auch anderen Spielern Einsatzminuten geben.“
Ob sich Mariano Díaz über die drei Minuten gefreut hat? Bestimmt, immerhin stecken dahinter auch noch Auflaufprämien. Die hat der 27-Jährige in dieser Saison schon sechs Mal kassiert, und damit einmal mehr als der 60-Millionen-Mann. Mariano brachte in seinen 260 Minuten „immerhin“ ein Tor zustande, Jović vergab in seinen 208 Einsatzminuten dagegen die eine oder andere Chance.
Wie konnte es so kommen? Erst im Sommer hielt Zidane seinen Wunschspieler in Madrid, indem er ihm zwei unverhoffte Startelfeinsätze gegen Betis (3:2) und Valladolid (1:0) „schenkte“ – ein Faktor war Jović da nicht, die Siegtore fielen beide nach seinen Auswechslungen. Bei seinem bislang dritten und letzten Start-Spiel blieb er wie die gesamte Mannschaft blass, als er gegen Shakhtar ausgewechselt wurde, sein Ersatz Vinícius Júnior aber wenige Sekunden später noch den 2:3-Anschlusstreffer markierte. Bezeichnend.
Wenn es für Donald Trump schon nicht mehr läuft, wie soll man dann Jovićs Situation beschreiben? Ja, er ließ nicht nur einige gut Abschlussgelegenheiten in Madrid aus, sondern auch kein Fettnäpfchen abseits des Platzes. Und trotzdem: In meinem letzten Kommentar schrieb ich, dass Zidane jetzt Jović einsetzen muss – das war während der Länderspielpause (vier Torbeteiligungen in 230 Minuten). Statt mit positiver Form kehrte der Serbe dann mit positivem Testergebnis nach Madrid zurück, die Form war dahin und so wartet Jović seit 8. November auf einen Einsatz.
Vermutlich scheut Zidane nicht nur Wechsel (von den bisherigen vier Partien mit jeweils fünf Wechseln wurden drei verloren), sondern auch Jović-Einsätze. Denn: Wenn der Serbe 2020/21 auf dem Platz stand, lag Real noch nicht in Führung. Weder gegen Betis und Valladolid, noch bei den Niederlagen gegen Shakhtar, Cádiz und Valencia.
Im Gegensatz zu Pechvogel Jović, dem auch in Frankfurt oder Lissabon hin und wieder unprofessionelles Verhalten vorgeworfen wurde, überzeugt Mariano meist auch mit Einsatz und Laufbereitschaft auf dem Platz, wirkt integrierter, zeigt möglicherweise auch im Training mehr Hingabe. Aber auch unter dem spanisch-dominikanischen Mittelstürmer wurden nur zwei der sechs Partien gewonnen und sogar drei verloren.
Dass Zidane nicht mal in der Partie am Samstag eine Gelegenheit gefunden hat, Jović einzusetzen, finde ich schwach. Und doch passt es ins Bild eines Flops und Fehltransfers, der zu früh ins Haifischbecken Madrid sprang und unter dem Druck von Ablöse und Erwartungen nur scheitern konnte. Nachdem Zidane den Angreifer im Sommer noch gehalten hat, sollte man im Winter überlegen, ob nicht doch eine Leihe ratsam wäre. Aber auch da wird „Zizou“ einen Verbleib vorziehen, wie (vergeblich) bei Álvaro Odriozola im Vorjahr für den Fall der Fälle. Aufgrund der finanziell angespannten Lage wird eine Jović-Leihe sich jedoch schwierig gestalten, so müsste der aufnehmende Verein auch einen Großteil des Gehalts übernehmen. Dass man die Ablöse des 23-Jährigen durch einen Verkauf wieder einholen kann? Nahezu unmöglich, da ist es schon wahrscheinlicher, dass der Spieler im Sommer einen neuen Trainer in Madrid erhält.
Es wird spannend um Jović – endlich nach bislang in vielerlei Hinsicht enttäuschenden anderthalb Jahren in Madrid.
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