
Das schlechteste Real Madrid der Saison
Der Schlendrian lässt Real Madrid nicht in Frieden. Nach 16 ungeschlagenen Partien in Serie und dabei anfangs neun Siegen am Stück ist bei dem weißen Ballett seit zwei Wochen der Wurm drin. Die Weltmeisterschaft mit der damit einhergehenden Unterbrechung des Vereinsfußballs würde „zur rechten Zeit“ kommen, meinte Trainer Carlo Ancelotti am Montagabend nach der blamablen 2:3-Niederlage bei Rayo Vallecano. Die Wahrheit ist vielmehr: Diese Pause hätte am besten schon längst begonnen.
Nachdem die Königlichen mit dem verschmerzbaren 2:3 in der Champions League bei RB Leipzig im 17. Saisonspiel ihre erste Pleite kassiert hatten, folgte die zweite gerade mal drei Begegnungen später. Vor der Schlappe im kleinen Stadtderby gegen Rayo kam Real in der Liga zudem im Estadio Santiago Bernabéu nicht über ein 1:1 gegen den FC Girona hinaus.
„Das Mammut-Programm zeigt Wirkung“, titelte REAL TOTAL danach. Ein Eindruck, der sich nun am 13. Spieltag nochmals verhärtete. Ancelottis Mannschaft im Estadio de Vallecas: zu lange schläfrig, unkonzentriert, fehlerhaft, phasenweise wacklig und zu harmlos, unter dem Strich unwürdig. Das schlechteste Real Madrid der Saison.
Bei ekligen Auswärtsspielen fehlt Benzema
Was Sorge bereitet: Während es bei der Abwehr und dem Mittelfeld noch eher so wirkt, als hätte die geistige Frische nur ausnahmsweise mal komplett gefehlt, scheint die Angriffsreihe mit Vinícius Júnior und Rodrygo Goes sowie wahlweise Federico Valverde oder Marco Asensio für die allmählich ekligeren Auswärtsproben gegen kampfbetonte und motivierte Gegner ungeeignet zu sein – so wertvoll sie bei dem Blick auf das große Ganze als Torjäger auch sind. Beispiel Leipzig, Beispiel Rayo.
Das Gefühl bei einem Auswärtsspiel ohne Karim Benzema weicht gerade zu sehr von dem Gefühl bei einem Auswärtsspiel mit dem Kapitän ab. Er fordert und hält die Bälle, ist der Leader, gibt als solcher Tempo und Richtung vor. Gegen Rayo setzte der Ballon-d‘Or-Gewinner schon zum achten Mal in der laufenden Saison aus, weil er nach einer muskulären Ermüdungserscheinung „kein gutes Gefühl“ hat, so Ancelotti. Seine körperlichen Probleme ziehen sich seit Anfang September wie ein roter Faden durch die Hinrunde.
Mehr Punkte als 2021/22, diesmal aber nicht Erster
Real kann und darf vor diesem Hintergrund nicht davon ausgehen, dass er in der Rückrunde plötzlich immer fit und einsatzbereit sein wird – zumal er nach der WM mit Frankreich, je nach Abschneiden, ohnehin erst einmal wieder eine gewisse Zeit benötigt, um zu pausieren.
Nach 13 Spieltagen in dieser Saison hat Madrid mit einem halben Benzema zwar zwei Punkte mehr gesammelt (32) als letztes Jahr (30). Der feine Unterschied: Damals reichte die Ausbeute für die Tabellenspitze (zwei Punkte Vorsprung auf den FC Sevilla), diesmal aber nicht. Der FC Barcelona punktet trotz seiner internationalen Peinlichkeiten mit 34 von 39 Zählern wieder meisterlich, während Real offenbar zurück in seine Rolle als notorisch inkonstantes Team verfällt. Die letzte Verteidigung des Meistertitels sprang 2008 heraus.
Kein Nachrüsten? So riskiert Real Madrid viel
Nach dann 15 Jahren soll es im Frühsommer 2023 damit eigentlich mal wieder so weit sein. Real ist gut beraten, diese leidige und nicht nachvollziehbare Zurückhaltung auf dem Transfermarkt endlich mal aufzugeben und im Januar eine Offensiv-Verstärkung an Land zu ziehen. Mit Antonio Rüdiger kam im zurückliegenden Sommer ein Verteidiger, mit Aurélien Tchouaméni ein Mittelfeldspieler und für die vorderste Front zum x-ten Male niemand.
Die Quittung für diese Passivität kassieren die Madrilenen mit den zahlreichen Benzema-Ausfällen und der Nibelungentreue gegenüber Rodrygo Goes, mittlerweile häufiger im Sturmzentrum, so langsam.
Wir denken nicht an den Winter-Transfermarkt, sind nicht an ihm interessiert. Der Kader bleibt so bis zum Saisonende und wird sich nicht ändern. Carlo Ancelotti am 29. Oktober
Ein völlig verbrauchter Eden Hazard und ein Mariano Díaz, der gefühlt alle fünf Wochen auf zehn Einsatzminuten kommt, können und dürfen keine ernstgemeinten Alternativen sein. Andernfalls riskiert Real zumindest seine Liga-Saison. Andernfalls war das vorvergangene Wochenende mit Barças Last-Minute-Sieg beim FC Valencia und Reals enttäuschendem Heim-1:1 gegen Girona womöglich so ein Vorbote, wie das Titelrennen diesmal ausgeht…
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