Interview

Kroos erinnert sich: Real-Anruf während WM, Privatjet, Präsentation

Wie lief das im Sommer 2014 eigentlich mit der Unterschrift bei Real Madrid? In seinem Podcast „Einfach mal Luppen“, den er mit seinem Bruder Felix betreibt, erinnert sich Toni Kroos an das Zustandekommen des Wechsels in die spanische Hauptstadt und die für ihn unvergessliche Vorstellung im Estadio Santiago Bernabéu. Seine sportliche Karriere möchte der Mittelfeld-Star eines Tages bei den Königlichen beenden. Kroos verdeutlicht zudem die hohe Bedeutung der gewonnenen Meisterschaft und prognostiziert Federico Valverde eine vielversprechende Zukunft.

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Toni Kroos
Kroos hat mit Real schon 14 Titel gewonnen – Foto: imago images / PA Images

„Feier mit 80.000 Leuten cooler und emotionaler“

TONI KROOS über…

…die Meisterschaft: „Ich gebe dem Titel einen sehr großen Stellenwert, weil es erst die zweite Meisterschaft mit Real in sechs Jahren ist. Barcelona war uns die letzten Jahre immer einen Schritt voraus, das muss man ehrlich sagen. Dafür waren wir meist die bessere Mannschaft in der Champions League. Vor der Saison war schon das große Ziel, endlich wieder Meister zu werden – und das hat man gemerkt. Ich hatte immer das Gefühl, dass die Mannschaft es will. Speziell nach Corona war da ein Geist, den man gespürt hat. Wir hatten auch das Gefühl, dass Barcelona dieses Jahr nicht ganz so stark ist und wenn wir es dieses Jahr nicht werden, es dann schwierig wird. Wir haben uns die Meisterschaft verdient.“

…die Feier des Titels: „Es war schon emotional. Man merkt natürlich bei der Feier, dass es in einem Stadion mit 80.000 Leuten irgendwie cooler und emotionaler wäre. Jetzt guckst du auf die Gegengerade und da stehen zwei Ordner und klatschen dir zu. Dann fehlt natürlich was. Trotzdem war es emotional in der Kabine. Du hast allen angemerkt, dass da eine Last abgefallen ist. Das hat eben gezeigt, dass es nicht so ist, dass Barcelona uns einen Schritt voraus ist. Nach dem Spiel gab es dann noch ein Essen, es war alles intern und dem Jahr angepasst, weil es so außergewöhnlich ist. Beim Mannschaftsessen wurde gesungen und gefeiert, was allerdings auch ein bisschen unemotional war, weil klar war, dass am nächsten Tag wieder Training und Corona-Test war. Das hat alles ein bisschen gebremst.“

„Mein Plan ist, meine Karriere in Madrid zu beenden“

…betrunkene Real-Stars nach Titeln: „Es gibt das grundsätzlich bei uns, aber diesmal habe ich das nicht mitbekommen. Bei den letzten Feiern war es die halbe Mannschaft.“

…seine Zukunft bei seinen aktuell 30 Jahren: „Ich habe immer gesagt, dass ich kein Spieler bin, der mit 38 spielt. Das werde ich auch nicht tun. Ich habe bis 2023 Vertrag, dann bin ich 33 Jahre alt und das ist ein ziemlich guter Zeitpunkt, sich ernsthaft Gedanken zu machen, wie es weitergeht. Ich plane auf jeden Fall, diese drei Jahre bei Real Madrid zu spielen. Mein Plan ist genauso, meine Karriere in Madrid zu beenden. Wann das genau ist, muss ich jetzt noch nicht entscheiden. Ich muss sagen, dass ich mich aktuell sehr, sehr gut fühle. Ich bin durch die vielen Spiele körperlich gut durchgekommen. Körperlich bin ich noch relativ frisch, auch mental. Von daher kann es ruhig noch ein bisschen weitergehen.“

„Toni, bischd jetzt a Königlicher?“

…das Zustandekommens seines Real-Wechsels 2014: „Vor dem WM-Viertelfinale kam der Anruf meines Beraters. Er hat gesagt: ‚Real Madrid hat sich gemeldet, sie wollen dich gerne verpflichten. Carlo Ancelotti würde gerne mit dir telefonieren.‘ Das haben wir dann auch getan. Er hat mir auch gesagt, dass er mich unbedingt haben will und er sich sicher ist, dass ich seine Mannschaft besser machen werde, was schon mal ein Kompliment war, weil Real in dem Jahr ja Champions-League-Sieger wurde. Das hat mir sehr imponiert. Während der WM wurde dann natürlich darüber geschrieben. Für den DFB war das kein Problem, weil sie meine Situation kannten. Ich erinnere mich an eine Situation: Wir checken vor dem WM-Viertelfinale gegen Frankreich ein und dann kam beim Abendessen Jogi Löw auf mich zu. In seinem Schwäbisch sagt er zu mir: ‚Toni, bischd jetzt a Königlicher?‘“

Toni Kroos Real Madrid 2014
Das Real-Abenteuer des deutschen Mittelfeldstrategen begann am 17. Juli 2014 – Foto: imago images / Marca / Alterphotos

„Was machen die? Ist heute noch ein Testspiel?“

…seine Präsentation im Estadio Santiago Bernabéu: „Was an diesem Tag los war, passiert wirklich bei keinem anderen Verein als bei den Königlichen. Ich war nicht nervös, aber es war natürlich schon ein aufregender Tag, denn sowas hatte ich noch nicht erlebt. Real hat uns, wie es sich gehört, mit einem eigentlich viel zu großen Privatjet (einfliegen lassen). Wir waren zu viert. Ich war dann kurz bei der Mannschaft, habe Carlo Ancelotti kennengelernt, ihn das erste Mal gesehen. Dann sind wir zum Stadion gefahren und man hat schon gesehen, wie die Leute ins Stadion gegangen sind. Ich habe mir gedacht: ‚Was machen die? Ist heute irgendwie noch ein Testspiel?‘ Dann sind wir rein und sie haben gesagt: ‚Erstmal Pressekonferenz.‘ Ich dachte, ich bin ganz okay gekleidet, dann haben sie mir einen Anzug in die Hand gedrückt. Es sollte schon mit Anstand vonstatten gehen. Dann sagten sie: ‚So, jetzt Trikot an und ins Stadion, die Leute warten.‘ Da habe ich mir gedacht: ‚Was für Leute? Ich mache doch nichts.‘ Dann bin ich raus in das Stadion und dann waren da wirklich an die 25.000 Leute, die einfach nur gekommen sind, um mich zu sehen. Das hat selbst mich berührt, damit hatte ich nicht gerechnet. Das hat mir endgültig gezeigt, dass ich anscheinend beim größten Klub der Welt angekommen bin. Das war ein ganz spezieller Tag, den werde ich nicht vergessen.“

…sein Haus auf Mallorca, das er nach dem Madrid-Wechsel wegen Ruhestörungen verkauft hat: „Monate später habe ich erneut versucht, dort Urlaub zu machen, weil wir dachten, das Getöse rund um den Wechsel ist abgeflacht. Das ging dann aber zwei, drei Tage, dann ging das Geklingel wieder los. Das Ende vom Lied ist, dass wir das Haus verkauft haben. Da war einfach kein Urlaub und keine ruhige Zeit möglich.“

„Valverde wird eine große Rolle spielen können“

…die blauen Adidas-Schuhe, die er bei der Vorstellung tragen musste, wo er doch eigentlich nur weiße trägt: „Ich habe versucht, weiße Schuhe zu bekommen, aber es waren keine da. Das war auch der letzte Tag bis heute, dass ich andersfarbige Schuhe anhatte. Ich habe es dann doch geschafft, dreimal zu jonglieren.“

…seinen Umgang mit jungen Spielern wie Federico Valverde: „Valverde spielt eine ähnliche Position im Mittelfeld und hat sich zu einem ganz wichtigen Bestandteil in dieser Saison gemausert. Er hat sehr viele Spiele gemacht und war für uns sehr wichtig. Bei ihm war es ein Zufall: Er war mit uns in der Vorbereitung und dann habe ich in einer Zeitung ein Interview von ihm gelesen. Und da hatte er mich als sein Idol beschrieben. Das ist dann schon etwas Besonderes, wenn man zusammenspielt. Wir hatten von Anfang an eine gute Beziehung. Man hat gemerkt, dass er viel rüber schaut, wie er gewisse Sachen machen und lösen kann. Ich habe versucht, ihm zu sagen, dass er sich etwas trauen und keine Angst vor Fehlern haben soll, wenn er spielt. Er wird die nächsten fünf bis zehn Jahre eine große Rolle in Madrid spielen können.“

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„Es gibt heute keine wirkliche Kritikfähigkeit mehr“

…das schonungslose Profi-Geschäft: „Es gibt heute keine wirkliche Kritikfähigkeit mehr. Sobald jemand ein bisschen aus der Reihe tanzt und mal etwas Kritisches sagt, mal offen und ehrlich etwas anspricht, dann bist du der, der am Ende die Probleme hat. Von außen wünscht man sich diese Typen ja oft, aber es ist einfach schwierig. Ich persönlich versuche immer, in Interviews meine ehrliche Meinung abzugeben. Und ich glaube auch, dass es so ist, dass Schwäche nicht mehr existieren darf. Heutzutage hat jeder den Leistungsgedanken, weil jeder unter einem extremen Erfolgsdruck steht. Wenn dann jemand da ist, der in dem Augenblick eine Schwäche hat oder nicht ganz auf der Höhe ist, wird es immer schwieriger, denjenigen mitzuziehen, weil jeder selbst den Erfolgsdruck hat, um selbst seinen Job zu behalten. Dementsprechend wird es schwieriger, dem die Zeit zu geben und aufzubauen. In großen Vereinen ist es dann noch extremer.“

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von
Filip Knopp

Begleitet den Mythos Real Madrid als Fan seit der Ära der „Galácticos“ und journalistisch bei REAL TOTAL seit Mitte 2011. Erfahrungen auch bei SPORT1 und SPOX, zudem Autor von »111 GRÜNDE, REAL MADRID ZU LIEBEN«.

Kommentare
Wir kennen da jemanden, der sich immer noch rot und blau ärgert, dass er Toni hat gehen lassen. Schönes und interessantes Interview. Etwas überraschend, dass es bei den Teamfeiern Betrunkene gibt. Wäre auch interessant zu wissen, wer denn alles so ein Party-Biest ist:drinks:
 
Wir kennen da jemanden, der sich immer noch rot und blau ärgert, dass er Toni hat gehen lassen. Schönes und interessantes Interview. Etwas überraschend, dass es bei den Teamfeiern Betrunkene gibt. Wäre auch interessant zu wissen, wer denn alles so ein Party-Biest ist:drinks:

Das mit den Betrunkenen finde ich gar nicht so schlimm.. Haben sich die Jungs ja auch verdient!
 
Die Spanier und Brasilianer haben da glaub ich schon am meisten Feierlaune. Sieht man ganz schön bei den Titelfeiern. Jetzt bei der Meisterschaft schien mir Militao ne richtig gute Zeit zu haben, Marcelo, Ramos, Dani und Lucas natürlich auch.

Wir kennen da jemanden, der sich immer noch rot und blau ärgert, dass er Toni hat gehen lassen. Schönes und interessantes Interview. Etwas überraschend, dass es bei den Teamfeiern Betrunkene gibt. Wäre auch interessant zu wissen, wer denn alles so ein Party-Biest ist:drinks:
 

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