
Atom-Halbzeit eins, aber Real führt nur 1:0
MADRID. Der Traum von „la Undécima“ ist (vorerst) geplatzt und Real Madrid wird die Saison 2014/15 ohne einen der drei großen Titel beenden. Nach spektakulärem Empfang am Estadio Santiago Bernabéu schickte Carlo Ancelotti folgende elf mutige Krieger in den Kampf: Casillas – Carvajal, Varane, Ramos, Marcelo – James, Kroos, Isco – Bale, Benzema, Ronaldo.
Mit also nur einer Änderung im Vergleich zur 1:2-Hinspielniederlage (Karim Benzema kehrte nach sechs ausgesetzten Spielen für Pepe zurück) trat Real an, um über sich selbst zu stolpern. Und das nach einer der oder vielleicht sogar der besten ersten Halbzeit der nun gelaufenen Saison – auch wenn das Pedal nicht gleich voll durchgetreten wurde. Denn die ersten zehn Minuten fielen noch ausgeglichen aus, zwar setzte Bale einen ersten Kopfball nach 40 Sekunden und Marcelo-Flanke ab, doch die „Bianconeri“ versuchten mitzuspielen. Sahen aber früh ein: An der Madrid-Defensive war heute KAUM ein Vorbeikommen. Carvajal klärte vor Pogba, Ramos wehrte eine Morata-Hereingabe ab, Marcelo behauptete den Ball, nachdem Casillas einen Vidal-Schuss entschärfte und Varane? Eigentlich wie immer Varane!
Doch Juve hielt nur die erste Viertelstunde gut mit, ging danach viele Fehler ein, taumelte. Und Real? Rockte, als wär es ihr letztes Konzert. Was sogesehen auch nicht falsch war, stellte die Champions League doch die letzte Chance auf einen großen Titel dar. Entsprechend kam Spaniens beste Offensive immer mehr ins Rollen. Und die beste Defensive der Italiener kam damit nicht immer klar. Benzema vergab die erste dicke Chance, nachdem er eine Carvajal-Flanke perfekt behauptete, ein guter Ronaldo-Freistoß wurde (mit leichtem Hand-Geruch) zur Ecke geklärt, während Isco Alarcón an einem kunstvollen Heber scheiterte. Madrid demonstrierte pure Diversifikation: Konter, Flanken, Kombinationen durch die Zentrale, Weitschüsse, Juve wusste kaum, wie ihnen geschah. Der nie aufgebende Vidal gab einen guten Fernschuss ab, aber viel mehr bekam der italienischer Meister bis zum Seitenwechsel nicht zusammen. Vor allem die königlichen Außenverteidiger Carvajal und Marcelo anfangs in Gott-Form, hinten robust und vorne genauso genial. Lob muss es auch für den zurück gekehrten Benzema geben, vom sicheren Kroos ganz zu schweigen.
Und Cristiano Ronaldo? Nicht so oft zu sehen, doch war er es, der die Führung bescherte. Die letzten sechs K.o.-Runden gegen Italiener konnten die Spanier nicht für sich entscheiden, nachdem Chiellini stümperhaft James Rodríguez im Strafraum zu Fall brachte, sah es jedoch ganz nach einem Ende dieses Fluchs aus. Ronaldo traf locker in die Mitte (23.). Danach weiter nur Real: Nach einem Konter über Benzema versagte CR7 frei vor dem Tor, dann setzten nach zwei gefährlichen Ecken erst Ramos, dann Benzema gefährliche Abschlüsse ab , ehe Ronaldo und Benzema vor dem Pausenpfiff an Buffon scheiterten. Trotz 13:2 Abschlüssen (bei 47:53 Prozent Ballbesitzverteilung und 6:4 Fouls) führten die Merengues nur mit 1:0 zur Pause. Dass das keine allzu bequeme Führung darstellt, wusste jeder.
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Morata gleicht aus, Real taumelt, Juve zieht ins Finale ein
Wussten auch die Gäste. Denn die kamen mutiger, sicherer aus der Kabine. Marchisio vergab aus der Ferne, Marcelo ebenso. Die Hausherren investierten nicht mehr viel, verwalteten das sicher geglaubte Ergebnis sogar irgendwie – und wurden so hart wie nur irgend vorstellbar bestraft. Und wer traf nach einem Standard? Mister „Ausgerechnet“ Morata! Wie im Hinspiel zeigte der Ex-Blanco gegen seine ehemaligen Kollegen kalte Schnauze, ließ den zu nachlässigen Kroos abblitzen und verwertete Pogbas Kopfballablage zum 1:1 (58.).
Eigentlich war noch genug Zeit, um das Halbfinal-Aus abzuwenden, doch Madrid bekam nichts mehr auf die Kette. Die Stimmung im Bernabéu versiebte minütlich – minütlich und mit jeder ausgelassenen Offensiv-Aktion. Hauptleidensfigur: Gareth Bale. Der Waliser gab alles, scheiterte jedoch im größtmöglichen Stil. Erst nach einer Marcelo-Hereingabe knapp, dann mit einer weiteren Direktabnahme, ehe er eine Ronaldo-Flanke aus drei Metern nicht mehr unter die Latte drücken könnte. Die Körpersprache der Madrilenen verhieß nichts Gutes und Juve hätte den Sack sogar noch zu machen können. Doch dann rettete Iker Casillas gegen Marchisio, der genial von Vidal freigespielt wurde. Gleiches bei einer späteren riesigen Chance Pogbas – dank Casillas war Madrid noch in der Champions League.
Doch die Uhr tickte gnadenlos herunter, Ancelotti wechselte nur „Chicharito“ (für Benzema) ein, doch der Mexikaner fiel nur bei einem Fallen im Strafraum gegen Evra auf. Juve war zu abgeklärt, zu cool. Nutzte königliche Stellungsfehler zu Fouls und schindete genauso Zeit, wie die unfairen spanischen Balljungen im ersten Durchgang. Fehlende Einstellung konnte man den Blancos nicht ankreiden, aber gegen den italienischen Beton gab es einfach kein Durchkommen und es blieb beim 1:1.
Nach 90 mitreißenden Minuten, 23:7 Abschlüssen, einem Ballbesitzverhältnis von 53:47 Prozent und 11:7 Fouls war es geschehen. Juve jubelte, Real ging zu Boden. Das war’s mit dem Traum von der ersten Champions-League-Titelverteidigung, das war’s mit der Saison. Nach dem 1:2 im Hinspiel und dem 1:1 in der zweiten Rundekonnte es auch nur einen verdienten Gewinner geben: den zweifachen Europoapokalsieger aus Turin, nicht den zehnfachen Rekord-Champion aus Madrid.
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