
Überzeugender Ramos-Ersatz
MADRID. Dass der gebürtige Madrilene in dieser Spielzeit von derartiger Bedeutung für die Blancos sein würde, war im Sommer nicht einmal ansatzweise abzusehen: So schien das Innenverteidiger-Pärchen Nummer eins mit Kapitän Sergio Ramos und Weltmeister Raphaël Varane festzustehen. Dahinter war ein Zweikampf zwischen Éder Militão und eben Nacho um die wenigen rotationsbedingten Einsätze erwartet worden. Insbesondere die Seuchen-Saison 2019/20, in der Nacho aufgrund von einer Oberschenkel- und einer Innenbandverletzung lediglich auf zehn Einsätze (sechs davon in LaLiga; immerhin zwei erzielte Tore) kam, schien den 31-Jährigen deutlich ins Hintertreffen gebracht zu haben.
Nachdem sich diese Erwartung in der ersten Phase der Saison zu bestätigen schien – Nacho absolvierte bis zum 21. November nur drei Partien als Rechtsverteidiger – konnte der Spanier seinen großen sportlichen Wert für die Merengues erstmals so richtig im Zuge von Ramos’ Muskelfaserverletzung unter Beweis stellen. Insbesondere im Duell mit dem FC Sevilla, als Reals Saison frühzeitig komplett in die Hose zu gehen drohte, war Nacho da: In Abwesenheit des Kapitäns und Leaders holte der 31-Jährige an der Seite von Varane defensiv einmal mehr die Kohlen aus dem Feuer und überzeugte mit Willen und Zweikampfstärke.
Eigenschaften, die Nacho in der zweiten Saisonhälfte in nahezu jedem Spiel auf den Platz brachte: So musste der Innenverteidiger nach Ramos’ Meniskusverletzung Anfang Februar erneut in die Bresche springen, nachdem er zuvor selbst eine Erkrankung mit dem Corona-Virus gut überstand. Ob an der Seite von Varane oder Militão, in LaLiga-Topspielen gegen Stadtrivale Atlético und Barcelona oder in der Champions-League-KO-Phase – es gab nur wenige Partien, in denen der Spanier nicht voll auf der Höhe war. Kein Wunder also, dass der Madrilene trotz seines Reservisten-Daseins in der ersten Saisonphase mit 32 absolvierten Partien bereits öfter auf dem Platz stand als in den vergangenen beiden Spielzeiten.
Erfolg des Teams wichtiger als das Ego
Ohnehin gibt es im Kader der Blancos wohl kaum einen Spieler, der sich derartig stark mit dem Klub, seiner Geschichte und seinen Werten identifiziert wie Nacho: Seit seinem Profi-Debüt im April 2011 unter José Mourinho, als der Abwehrspieler beim 6:3-Spektakel gegen den FC Valencia das königliche Wappen über 90 Minuten verteidigen durfte, stand er inzwischen wettbewerbsübergreifend in 232 Spielen auf dem Platz und gewann dabei sagenhafte 16 (!) Titel (darunter vier Mal die Champions League und zwei spanische Meisterschaften).
Dabei schien es egal, ob seine Trainer ihn auf der Innenverteidiger- oder der weniger geliebten Außenverteidigerposition einsetzten – Nacho warf immer alles in die Waagschale, ordnete sein Ego stets dem Verein und der Mannschaft unter. So sah man den „Ur-Madrilenen“, der inklusive Nachwuchs- und Castilla-Laufbahn auf 20 Spielzeiten (!) für die Merengues kommt, im Prinzip niemals hadern, wenn Weltklasse-Leute wie Ramos oder Varane vorgezogen worden waren. Bekam der 31-Jährige dann seine Gelegenheit, war er voll da – spielte er nicht, brannte er auch von der Ersatzbank für sein Team.

Voller Einsatz für den Liga-Titel
Diese Charaktereigenschaften sind es vermutlich, die nicht nur seine Mitspieler, sondern auch Trainer Zinédine Zidane an dem Routinier zu schätzen wissen. Auf die Frage, ob Nacho seine Karriere bei den Blancos beenden könnte, antwortete der Cheftrainer jüngst: „Klar ist das möglich. Ich denke, dass er viel Aufsehen mit seiner Leistung erzeugt. Er gibt schon immer alles auf dem Feld.“ Der Innenverteidiger könnte somit der erste Spieler seit dem legendären Manolo Sanchís werden, der seine gesamte Karriere bei Real Madrid verbringt.
Der Vollblut-Madridista selbst, dessen Arbeitspapier bis Juni 2022 läuft, legt den Fokus indes voll und ganz auf das Herzschlagfinale im Titelkampf: „Wir müssen weiterkämpfen. Unser Ziel war, dass wir gewinnen und Atlético Punkte liegen lässt. Es verbleibt nun aber noch ein Spieltag, die Chancen sind nach wie vor da. Atlético ist die Wende gelungen, was bedeutet, dass es nicht einfach ist. Wir werden sehen, wie die Saison endet. Wir tun das, was dieses Wappen verlangt – bis zur letzten Minute.“ Während Real am letzten LaLiga-Spieltag am kommenden Samstag auf den FC Villareal trifft (18 Uhr, im REAL TOTAL-Liveticker und bei DAZN), reist Tabellenführer Atlético zum Tabellenvorletzten Real Valladolid. Eines steht schon jetzt fest: Nacho wird seinen Teil dazu beitragen, dass Real seine Pflichtaufgabe löst – und das ganz bestimmt sogar auf dem grünen Rasen.
Community-Beiträge