
Nacho unterstreicht seine Ambitionen
MADRID. Als am vergangenen Samstag-Abend gegen 19.45 Uhr Real Madrids Aufstellung für das anstehende Derby bekannt gegeben wurde, rieben sich einige verwundert die Augen. Nicht etwa, weil Cristiano Ronaldo als Sturmspitze auflief und Karim Benzema auf der Bank Platz nehmen musste, denn die Konstellation mit Lucas Vázquez und Gareth Bale auf den Flügeln hatte sich im Vorfeld bereits abgezeichnet. Vielmehr überraschte es, dass der Name Nacho Fernández in der Anfangself zu finden war – und das, obwohl Kapitän Sergio Ramos ebenfalls zumindest spielfähig gewesen wäre. Doch Zinédine Zidane blieb seiner Linie treu und ging bei der Aufstellung keine Kompromisse ein. Statt des Andalusiers, dessen Berufung der französische Cheftrainer im Anschluss an die Partie als zu großes „Risiko“ einstufte, durfte also der voll im Saft stehende und zuletzt überzeugende Canterano ran – und überzeugte auf ganzer Linie.
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Neben dem ebenfalls überragenden Rapahel Varane lieferte der gebürtige Madrilene eine erfrischend unaufgeregte und souveräne Vorstellung ab und wischte jegliche Zweifel an seiner Eignung für derartige Spitzenspiele bravourös beiseite. Jene Zweifel rührten vor allem daher, dass das Duo Nacho-Varane bei der unrühmlichen 0:4-Pleite im Calderón vor zwei Jahren ebenfalls gemeinsam auf dem Platz stand und einen, gelinde gesagt, mehr als bescheidenen Abend erwischte. Doch sowohl der Franzose als auch der Spanier bewiesen, dass sie seither ein ganzes Stück reifer geworden und derartigen Aufgaben mittlerweile gewachsen sind. Nacho zeigte allerdings noch ein ganzes Stück mehr: Nämlich, dass seine Ambitionen nach einem Stammplatz mittlerweile ihre volle Berechtigung genießen.
Schnörkellos, kompromisslos, präzise
Der spanische Nationalspieler mag vielleicht nicht derart talentiert sein wie Varane, ist kein Leader wie Ramos und verfügt (noch) nicht über die Routine eines Pepe, dennoch kann das Eigengewächs eine Menge Stärken vorweisen, von denen das Team profitiert. Da wäre zum Beispiel die starke Zweikampfführung, wenn der gegnerische Stürmer mit dem Rücken zum Tor agiert. Für einen Innenverteidiger gibt es fast nichts Unangenehmeres, als wenn sich ein Stürmer zwischen die Linien fallen lässt und der zentrale Verteidiger vor der Frage steht: Rücke ich mit raus und öffne so eventuell Räume für einen einlaufenden Gegenspieler oder halte ich die Abwehrlinie und riskiere, dass sich der Stürmer Richtung Tor orientieren und somit in eine gefährliche (Abschluss)Position gelangen kann? Nacho ist ein Spezialist für derartige Situationen und ist meist den entscheidenden Schritt vor dem Gegenspieler am Ball – und erstickt auf diese Weise viele gefährliche Situationen bereits vor ihrer Entstehung. Auch gegen die „Rojiblancos“ war immer wieder zu sehen, wie Reals Nummer 6 Fernando Torres und Antoine Griezmann geschickt auf die Pelle rückte und diese im Kombinationsspiel nur selten zur Entfaltung kommen ließ.
Zu diesem exzellenten Timing gesellt sich ein sehr gutes Stellungsspiel und ein gut ausgeprägtes taktisches Gespür. Der Iberer ist zwar mit einer soliden Grundschnelligkeit ausgestattet, löst aber eine Vielzahl von Situationen durch seine richtige Positionierung. Dass er während des Derbys mit Abstand die meisten Schüsse abblockte und die Schnittstellenpässe der „Colchoneros“ oftmals an ihm hängen blieben, war sicherlich nicht nur dem Zufall geschuldet.
Vielleicht hängt Nacho auch ein wenig das Laster an, nicht zwangsläufig der eleganteste Verteidiger zu sein, dafür agiert der Defensiv-Allrounder, der nicht selten auch mal auf den Außen aushilft, jedoch extrem effektiv. Schnörkellos und kompromisslos in den Zweikämpfen klärt der langjährige Blanco einen Ball auch mal humorlos auf die Tribüne, einen Fehler in der Defensive sieht man bei Nacho eigentlich ziemlich selten – eben weil sich der „Kaiser“ auf sein einfaches und geradliniges Spiel konzentriert. Im Aufbau scheut er zwar zumeist das ganz große Risiko, agiert dafür aber stets enorm präzise und vermeidet so unnötige Fehlpässe. So legte der Defensivspezialist mit 96 Prozent angekommener Pässe den mit Abstand besten Wert im Derby hin.

Den Madridismo im Herzen
Scheint der zweifache Familienvater sportlich aktuell so richtig aufzublühen, genießt das Eigengewächs in der Kabine schon längst ein sehr hohes Ansehen. Der eigentlich eher introvertierte Spanier ist innerhalb des Teams voll respektiert und wird von den Fans besonders für seine Loyalität, Hingabe und Professionalität geschätzt. Mit dem Abgang Álvaro Arbeloas im Sommer scheint das Standing von „Nachete“ innerhalb der Mannschaft nochmals gestiegen zu sein. Als waschechter Madridista verkörpert er den Verein wie nur wenige und macht auch öffentlich aus der Passion und Liebe für seinen Herzensklub keinen Hehl – und füllt so auch eine enorm wichtige Rolle innerhalb des Teams aus. Aber auch bei seinen Einsatzzeiten in den letzten Jahren lässt sich eine deutliche Entwicklung erkennen.
Dass er im Sommer trotzdem mit einem Abgang liebäugelte, nimmt ihm niemand übel. Ein Spieler vom Schlage des 26-Jährigen wäre wohl ausnahmslos bei fast jedem Klub Stammspieler. Doch Nacho entschied sich zu kämpfen und geht auch mit seinen Ambitionen immer mehr in die Offensive. Vor dem Champions-League-Duell mit Legia Warschau verkündete er noch selbstbewusst, dass er „nicht sein ganzes Leben lang 15 Spiele“ machen werde. In den letzten Wochen ließ er seinen Worten Taten folgen. Geduld hat er in den letzten vier Jahren schon genug bewiesen, jetzt will Madrids „Mann für alle Fälle“ endlich die Früchte für seine jahrelange Arbeit ernten. Mit dem bockstarken Auftritt gegen Atlético hat er auf jeden Fall ein enormes Ausrufezeichen gesetzt – und die Konkurrenz in Alarmbereitschaft versetzt.
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