Spielbericht

Nicht genug! Décima-Traum zerplatzt – BVB steht im Finale

Das war's! Trotz eines 2:0-Siegs über Borussia Dortmund reicht es nicht, um ins Finale einzuziehen. Trotz grenzenloser Leidenschaft fielen die Königlichen der 4:1-Blamage im Hinspiel zum Opfer. Der Traum von la Décima ist vorerst erneut geplatzt, die Saison verkorkst?

1k

Sergio Ramos und Real Madrid scheiden gegen Borussia Dortmund aus
Gelbe Freude. Sergio Ramos kann es nicht fassen, der BVB steht im Finale

Endzeitstimmung in Madrid, alles schreit, Real stürmt

MADRID. Und wieder heißt es „nächstes Jahr“… Wieder nichts mit la Décima! Die Königlichen fanden kein Vorbeikommen an Borussia Dortmund, der frisch getauften „bestia negra-amarilla“ (in Anlehnung an den FC Bayern, die schwarze Bestie). Zum elften Mal in Folge hat es mit dem zehnten Europapokal nicht sein sollen – der Ära Mourinho bleibt im dritten und vielleicht letzten Jahr nur die Chance auf den Pokalgewinn. Angesichts der heutigen, erneuten Entthronung nicht mehr als ein Trostpreis.

Wie kam es zum Platzen des größten Traums aller Träume? Die 4:1-Hinspielohrfeige ist gerade mal sechs Tage her, dennoch präsentierte sich der Madridismo voller Hoffnung, voller Kampfeswillen und Zusammenhalt. Getragen von einer unvergleichlichen Atmosphäre in Stadt und Land zeigte sich auch die vor der Saison als europäische Gipfelstürmer auserkorene Mannschaft in maximalen Glauben an die eigene Kraft. Vielleicht hätte es auch gegen jedes andere Team gereicht, nicht gegen Borussia Dortmund – die klopp’schen Unglaublichen, jeglichen Gesetzen der Physik trotzend. So widersetzten die Schwarz-Gelben auch dem Himmelfahrtskommando des José Mourinho – für dieses galt heute nur: alles oder nichts, Leben oder Tod. Worte, die im Vorfeld der Partie fielen und auch während des Spiels zu spüren waren. An einem anderen Tag, gegen einen anderen Gegner hätte es womöglich nach 10 Minuten 2:0 gestanden, nach weiteren fünf Minuten vielleicht 3:0 – aber die Borussia hatte Glück und Weidenfeller. Doch statt seinem Namen gerecht zu werden, und Bäume in die Horizontale zu verfrachten, stand der Dortmunder Torhüter wie ein Baum, hielt als einziger dem übermenschlichen Druck Real Madrids Stand – und damit auch den ersten „muss“-Chancen durch Gonzalo Higuaín und Cristiano Ronaldo.

Der Argentinier hätte das Bernabéu, quatsch – Fußball-Europa, bereits nach vier Minuten zum Beben bringen können. Doch er konnte Mesut Özils Seiden-Pass nicht an Roman Weidenfeller vorbei schieben. Real mit brutaler Spielgewalt, es gab zu Beginn nur eine Richtung, alles schreite nach dem frühen Tor. Angesichts der endzeitgleichen Stimmung und dem Einsatz der Hausherren staunte der BVB so, wie es die Königlichen zuletzt im Westfalenstadion taten. Früh zeigte sich das Vorhaben Mourinhos: Überzahl auf der rechten Seite, Higuaín, Özil und Di María gaben sich die Hand, um Platz für Ronaldo zu schaffen – Luka Modric stellte die Brücke zwischen diesen beiden unterschiedlich großen Kriegsschiffen dar. Cristiano, dem heute mal wieder die Rolle des Erlöser zugeschrieben wurde, und Di María erhielten die nächsten Chancen. Dortmund wusste mit seiner Zuschauerrolle nicht viel anzufangen, war es schlichtweg nicht gewohnt und suchte plötzlich selbst den Weg nach vorne – Madrids Albtraum Lewandowski kam ins Spiel! Seine erste Szene: Ballannahme, Abschluss, López. Durchatmen, alles gut gegangen! Plötzlich auf der Gegenseite die selbe Szene mit gleichem Ergebnis: 12-Tore-Mann Ronaldo nahm wie der Pole zuvor Spielgerät mit der Brust in der Luft an an und schloss direkt ab – kam aber nicht gegen den tief gewurzelten Weidenfeller an.

Das Bernabéu kochte, es wurde dem „wichtigsten Spiel der letzten zehn Jahre“ gerecht. Doch dann der Knackpunkt, das Scheitern des Mesut Özil. Er hatte heute die feine Pfote dabei und verfügte über gute Ideen, versagte aber leider selbst, wenn es darum ging den Ball unterzubringen, statt nur vorzulegen. Zehn Meter freie Bahn bis Weidenfeller waren zu viel, sein Schuss nach direkter Ronaldo-Vorarbeit, Marke Weltklasse, zischte flach am kurzen Pfosten vorbei. Weidenfeller atmete tief aus, er ahnte es: die Borussia hatte das Schlimmste vorerst überstanden, das befürchtete Gegentor mehr oder weniger verhindert.

Die Stichflamme flachte ab, der BVB bekam Fokus und Zugriff auf die Partie weil bei den Madrilenen bereits die Moral leicht gebrochen war, das Essen schien verbrannt. Gleichzeitig erhöhte sich die Intensität des Spiels zunehmends: Kapitän Ramos ließ Lewandowski spüren, was der Pole Madrid im Hinspiel antat. Viele harte Zweikämpfe von beiden Seiten folgten. Mit der Zeit zeigte sich ebenfalls: gegen den Berserker Real kam der BVB physisch nicht immer an – die Deutschen nutzten eine andere Taktik: Köpfchen! Entweder stellten die Gäste Madrid ins Abseits oder sie zwangen die Spanier zu Flanken, zu gefährlich war das flache Kombinationsspiel um den ballsicheren Özil zu Beginn. Die Flanken jedoch fruchteten gar nicht, Mats Hummels machte Aktion um Aktion seinen Fehler aus dem Hinspiel, der dieses Rückspiel überhaupt so spannend machte, wett. Der Ronaldo-Freistoß ins Obergeschoss kurz vor dem Pausenpfiff war dann sinngebend für die Ernüchterung, die sich breit machte.

[advert]

ALL IN: Benzema kommt und die Erde bebt

45 Minuten waren noch offen. 45 Minuten, ob Wembley oder Couch, Leben oder Tod, alles oder nichts. Doch Mourinho wartete noch ab, wechselte nicht, ließ sein Team dafür weiter aufrücken, riskanter spielen und fast nur noch mit Dreierkette verteidigen. Trotz dem Willen, für eine torreiche Aufholjagd zu sorgen, brannte es auf einer ganz anderen Seite – vor Diego López! Dortmunds Überstürmer Lewandowski hätte sich in der Folge mit seinen Toren fünf, sechs und sieben im Halbfinale selbst unsterblich machen können – doch unter anderem das (nach dem Torfall von Madrid 1998) stabilste Tor-Gehäuse der Welt hatte etwas dagegen, sein Torpedo zerschellte an der Madrider Latte. Wenige Minuten später stand ihm etwas anderes „Langes“ im Weg – Diego López auf den Spuren von „San Iker“. Eine unmögliche Parade! Es war der königliche Geist, niemals aufzugeben. Ilkay Gündogan legte im Strafraum rüber auf den Polen, der sah ein weites, freies Tor vor sich – doch die 196-Zentimeter-Schranke senkte sich noch. Absicht oder Bestimmung – der 31-Jährige López hielt seine Mannschaft im Spiel und vor allem: im Wettbewerb! Gleiches galt für Michaël Essien: der heutige Rechtsverteidiger verwehrte dem polnischen Attentäter die inzwischen fast schon verdiente Führung, doch dieses Mal schmissen sich ghanaische Zentimeter in den sicheren Torerfolg der Dortmunder.

Mourinho reagierte, ging „All in“, brachte Kaká und Karim Benzema für Fábio Coentrão und Gonzalo Higuaín. Chancen für die Merengues waren bis auf einen warmen Ronaldo-Furz nach dem Seitenwechsel Fehlanzeige – bis zu Mourinhos finalen Stoß ins Jagdhorn. Dass das Bernabéu dann noch erwachen sollte und solch packende letzte Minuten erleben sollte – damit hat wohl keiner mehr gerechnet. Was war geschehen? Benzema, Kaká, Özil, Benzema, Tor! Eine einfache Kombination, sicher und schnell, tödlich und aufbauend – Madrid lebte wieder dank dem typisch königlichen Tor durch den Franzosen aus vier Metern, da hatte der BVB bereits abgeschalten. Das war Minute 82, wenige Sekunden später hatte sich ein brutaler Sturm zusammengebraut, dem Dortmund über lange Zeit nicht standhalten konnte – doch die Zeit tickte gnadenlos herunter. Keinen hielt es auf den Sitzen, da war sie wieder – Hoffnung! Minute 88, die Borussia taumelte, Real schlug erneut zu. Benzema pflückte eine Flanke am Seitenaus, legte zurück auf den freien Ramos und der hufte die Kugel mitten ins Glück und erzeugte einen neuen Urknall. Da war sie, die Chance – Wembley, so nah. Doch nach sechs Minuten Nachspielzeit wieder so weit entfernt, wie die spanische Meisterschaft. Schwarz-Gelb jubelte, Schwarz-Gelb hat es geschafft!

Und an dieser Stelle kann man dem bescheidenen Ballspielverein aus Dortmund nur gratulieren – wenn ein 2:0-Sieg Reals im Rückspiel nicht zum Finaleinzug reicht, dann musste im Vorfeld viel passiert sein. Madrid musste drei Toren hinterher rennen, scheiterte im Hinspiel an der eigenen Qualität, im Rückspiel am Glück. Nichts ist es mit dem Triumph in der Königsklasse in Mourinhos verflixtem dritten Jahr – da kann auch der mögliche Trostpreis Copa del Rey (17. Mai gegen Atlético Madrid) nicht hinweg trösten. Dennoch verabschiedeten sich die Blancos erhobenen Hauptes aus der Champions League, Fußball-Europa erlebte ein spannendes Spiel mit intensiven Zweikämpfen und hohem Tempo. Die Merengues haben ihre Worte gehalten und sich aufgeopfert – dennoch zieht der BVB verdient ins Finale um die UEFA Champions League ein.

Erlebe Real Madrid LIVE im Estadio Santiago Bernabéu, hier gibt’s die Tickets

0.00 avg. rating (0% score) - 0 votes

Inhaltsverzeichnis

  1. Seite 1 Spielbericht zum Halbfinale gegen Borussia Dortmund
  2. Seite 2 Spielstatistik und REAL TOTAL-Spieler des Tages
von
Nils Kern

Du hast Fragen über REAL TOTAL? Da bin ich bin der Richtige: Chefredakteur und erster Ansprechpartner für Medien, Leser, Fans. ¡Hala Madrid!

Verwandte Artikel

Bellingham bricht den Bann: Real Madrid belohnt sich gegen Juve

Drittes Spiel, dritter Sieg: Ein überlegenes Real Madrid hat im Estadio Santiago...

Spätes Mbappé-Tor im Derby: Real als Spitzenreiter in den Clásico

Später Sieg im Mini-Derby: Real Madrid fährt beim FC Getafe dank Kylian...

Vinícius hat zweimal Glück: Real Madrid jubelt im Top-Spiel

Real Madrid entscheidet in LaLiga das Spiel um Tabellenplatz zwei für sich...

Überragender Mbappé: Real Madrid erfüllt Pflicht in Kasachstan

Diesmal sogar ein Dreierpack: Kylian Mbappé führt Real Madrid in der Champions...