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Pleite wegen „Details“? Asencios Versuch, Verantwortung zu übernehmen

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Es ist wie so oft in LaLiga: nach einem Patzer äußert sich kein Madrilene. Zwölfter Patzer, zwölfter Interview-Boykott. Zwar kommt dieser Boykott primär von oben, sodass Real Madrid – auch aufgrund des Streits mit LaLiga um den Medienvertrag – seine Spieler gar nicht erst zur Mixed Zone zulässt, selbst wenn diese reden wollen würden. Aber selbst an der Bereitschaft der Spieler lässt sich mittlerweile zweifeln. So kam zuletzt nicht nur Antonio Rüdigers Entschuldigung nach der Roten Karte im Pokalfinale etwas spät und mit leichtem PR-Agentur-Geruch daher, auch jetzt wirkt die erste – und bislang einzige – Äußerung eines Madrilenen nicht zu 100 Prozent echt.

Getroffen hat es dabei „leider“ mit Raúl Asencio einen, dem Fans tatsächlich schwer vorwerfen können, zu wenig Einsatz zu zeigen – weder im Clásico noch in den Wochen und Monaten davor. Aber während sich Asencio um 22:21 Uhr geäußert hat, immer noch rund vier Stunden nach Abpfiff, ist von seinen Kollegen noch nichts zu sehen. Das ist das eine. Asencios Wortwahl – oder die seines Managers – verdeutlicht eben Real Madrids fehlende Bodenhaftung. So ist auf dem Profil des 22-Jährigen die Rede von „Details“, die den Unterschied ausgemacht haben. Das passt zu Carlo Ancelottis Worten, man hätte noch das 4:4 erzielen können – was an sich nicht gelogen ist. Dass die 90 Minuten in Barcelona aber auch viel, viel deutlicher für die Katalanen hätten ausgehen können, wird in der Betrachtung mal wieder verschwiegen.

„Wir haben bis zum Schluss gekämpft, aber das Spiel ist uns wegen Details entglitten. Wir werden weitermachen, wir kennen das Wappen und die Fans, die wir vertreten“, schreibt Asencio. Wirklich übel nehmen kann man dem spanischen Innenverteidiger diese mehr oder weniger bewusst unglückliche Wortwahl nicht. Und trotzdem steht sie für das generelle Grundproblem hinter den Blancos: eine nicht reflektierte, sich abschirmende Klubführung, die primär auf Umsatzzahlen schaut, als auf sportliche Ziele, geschweigedenn auf Wünsche von Fans oder gar des Trainers. So ist dieser Clásico – so knapp er im Endergebnis auch ausgefallen ist – nur ein weiterer Beleg für die mittlerweile taube bis naive Arroganz von Florentino Pérez und Co., die sich bewusst von unabhängigen Medien abkapseln – wir von REAL TOTAL warteten mal wieder vergeblich auf Interviews in der Mixed Zone, wie übrigens auch schon beim 2:1-Sieg vor anderthalb Jahren – und so ihr Luftschloss immer mehr unerreichbar machen für den normalen Fan. Oder das kleine, und ein bisschen darauf angewiesene Medium…

Von Ticketpreisen und nach und nach gekürzter Tradition ganz zu schweigen. So trifft Raúl Asencio der allerkleinste Anteil am gigantischen, abgehobenen Gesamtproblem des größten Klubs der Welt, und doch hat er mit diesem Beitrag nicht unbedingt alle Madridistas hinter sich geschart. Man könnte fast sagen: Asencio versucht als einziger Haltung zu wahren, sich der Verantwortung zu stellen, aber bei den Blancos läuft es insgesamt so schlecht – sportlich wie institutionell – dass das nicht nur missglückt, sondern quasi als Boomerang-Eigentor zurückkehrt. Schade für den Versuch Asencios! Und womöglich auch ein Grund, warum selbst Routiniers, die eigentlich dafür bekannt sind, kein Blatt vor den Mund zu nehmen, wie Thibaut Courtois oder Luka Modrić, auch über vier Stunden nach Abpfiff noch kein Lebenszeichen von sich gegeben haben. Mal wieder.

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von
Nils Kern

Du hast Fragen über REAL TOTAL? Da bin ich bin der Richtige: Chefredakteur und erster Ansprechpartner für Medien, Leser, Fans. ¡Hala Madrid!

Kommentare
Muss echt sagen, dass ich langsam aber sicher Mühe habe mit DIESEM Real Madrid. Der Spielstil ist das eine, das Allgemeine Auftreten das andere. Nils hat das alles auf den Punkt gebracht und ich finde es gut und wichtig, sich auch als Fan nicht alles "gefallen" zu lassen oder alles gut zu heissen. Wenn es mit diesen Ticketpreisen so weiter geht, haben wir einen Tempel voller (überspitzt) seelenloser reicher Säcke, für die das Bernabeu ein toller Ausflug ist. Wenn Perez weiterhin die Galactico-Transfer-Schiene fährt, haben wir immer mehr ein Team voller Einzelspieler (mit Ausnahmen). Wenn der Verein weiter so mit den Journalisten umgeht und sich medial so verkauft, dann kann er auch einen Burggraben ums Stadion bauen. Real Madrid muss wieder zu seinen treuen Anhängern eine Verbindung aufbauen. Das fängt beim Präsidenten an, der fast schon eine Diktatur errichtet. Real Madrid soll ein demokratisch geführter Verein sein und sich bei Erfolgen feiern lassen, aber bei Niederlagen sich auch hinsstellen und Fragen beantworten. Das Team braucht wieder mehr Teamspieler und Teamgedanke!
 
Muss echt sagen, dass ich langsam aber sicher Mühe habe mit DIESEM Real Madrid. Der Spielstil ist das eine, das Allgemeine Auftreten das andere. Nils hat das alles auf den Punkt gebracht und ich finde es gut und wichtig, sich auch als Fan nicht alles "gefallen" zu lassen oder alles gut zu heissen. Wenn es mit diesen Ticketpreisen so weiter geht, haben wir einen Tempel voller (überspitzt) seelenloser reicher Säcke, für die das Bernabeu ein toller Ausflug ist. Wenn Perez weiterhin die Galactico-Transfer-Schiene fährt, haben wir immer mehr ein Team voller Einzelspieler (mit Ausnahmen). Wenn der Verein weiter so mit den Journalisten umgeht und sich medial so verkauft, dann kann er auch einen Burggraben ums Stadion bauen. Real Madrid muss wieder zu seinen treuen Anhängern eine Verbindung aufbauen. Das fängt beim Präsidenten an, der fast schon eine Diktatur errichtet. Real Madrid soll ein demokratisch geführter Verein sein und sich bei Erfolgen feiern lassen, aber bei Niederlagen sich auch hinsstellen und Fragen beantworten. Das Team braucht wieder mehr Teamspieler und Teamgedanke!
Es wird leider so weitergehen, hoffentlich wehren sich die Mitglieder wenigstens gegen die Umwandlungspläne in eine AG. Dann benötigt es keine Wahlen mehr, der Traum einer jeden Diktatur...
 
Asencio ist so krass und ich denke der junge der gestern die dicke Chance hatte auf dem Fuß hat auch viel Potential. Eine Hoffnung an Xabi ist, dass er auch die jungen sich genau anschaut.

Die Folter diese Saison ist bald vorbei.
 
Asencio ist auf dem besten Weg einer der besten Verteidiger zu werden. Hoffe er kann für sich die richtigen Schlüsse aus diesen Niederlagen ziehen und greift nächste Saison wieder voll an.
Gibt sicher Schöneres, als in der Debut Saison viermal vom Erzrivalen geklatscht zu werden.
 

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