Einzelkritik

Zwischennoten: Welche Akteure lieferten ab, wer blieb zu blass?

Real Madrid sorgte in den vergangenen Monaten mit durchwachsenen Auftritten für eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Doch wie steht es denn am Jahresende wirklich um die Leistung der einzelnen Akteure? REAL TOTAL hat für euch den Durchschnitt aller bisherigen Einzelbewertungen gebildet sowie die Gesamtleistung des Teams seit Saisonbeginn ermittelt. Das Ergebnis? Durchaus erwartbar.

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ANGRIFF

Kylian Mbappé

Ein Wort: Achterbahnfahrt. Nach jahrelangem Hin und Her trägt er (endlich) Weiß. Kylian Mbappé ist seit Sommer 2024 offiziell Spieler von Real Madrid und mit dem Hype um seinen Wechsel stieg die Erwartungshaltung an den 26-Jährigen ins Unendliche. Und dieser wurde der Franzose alles andere als gerecht. Anfangs mag es an der fehlenden Vorbereitung (die für viele Verletzungen und bereits nach wenigen Spielen für erste Erschöpfungszustände sorgte) und der klassischen „Eingewöhnungsphase“ gelegen haben. Schließlich kamen die Bälle aus dem Mittelfeld nicht mehr von Toni Kroos, mit Vinícius musste er sich über die Position einig werden, da Carlo Ancelotti hier bekanntlich viele Freiheiten lässt. Zwar begann der Stürmer zu treffen (14 Tore), aber die 14 liegengelassenen Großchancen und 25 Abseitspositionen allein in LaLiga lösten allmählich Unverständnis aus als die geschossenen Tore Freude. Mit seinen Abseitspositionen führt er die Liste in LaLiga mit großem Abstand vor Cyle Larin von RCD Mallorca (16 ) an. Immer wieder wurde versprochen, dass sich der wahre Mbappé noch zeigen würde, doch bis heute ist noch nicht ganz klar: Ist der Knoten geplatz oder nicht? Vielleicht könnte man sagen: Er hat sich gelöst. Aber richtig beweisen muss er sich dann in der zweiten Saisonhälfte und erst Anfang Juli kann dann wirklich abgerechnet werden. REAL TOTAL-Note: 3,0

Rodrygo Goes

Fliegt immer ein bisschen unter dem Radar von Vinícius Júnior (und jetzt auch Kylian Mbappé), aber ist ein enormer Faktor im Offensivspiel Real Madrids. Wenn Ancelotti eines gut kann, dann die Qualitäten der Spieler hervorheben, die vermeintlich weniger Mehrwert für die Mannschaft bringen. Immer wieder hatte der Italiener betont, dass Rodrygo vielleicht nicht die meisten Tore schieße, dafür aber in der Vorarbeit und auch nach hinten sehr präsent sei – was dieser auch von ihm fordere. Fünf Tore und vier Vorlagen sind für einen Stürmer zwar reinzahlentechnisch recht wenig (nur alle 197 Minuten ein Treffer), aber der Einfluss des Brasilianers auf das Spiel der Madrilenen ist nicht wegzuargumentieren – was auch seine Bewertung zeigt. REAL TOTAL-Note: 2,7

Vinícius Júnior

Der eigentliche Superstar der Mannschaft ist und bleibt Vinícius Júnior. Mit 14 Toren und zehn Vorlagen ist er der beste Offensivspieler Reals. Wenn einer die Offensivdynamik auch in zähen Partien beeinflussen konnte, dann war es oft der Brasilianer. Nach anfänglichen Abstimmungsproblemen mit Mbappé gewöhnte sich der 24-Jährige an die veränderte Struktur im vorderen Drittel und ließ seine Genialität durchblitzen. Doch mit Genie geht auch oft ein wenig Wahnsinn einher und der zeigt sich noch immer am teils kindischen und unfairen Verhalten des brasilianischen Nationalspielers auf dem Platz, das er – ganz unabhängig von den selbstverständlich inakzeptablen rassistischen Angriffen – an den Tag legt. Vinícius ist ein geborener Provokateur und oft wird seine starke Leistung auf dem Platz genau von diesen Aktionen überschattet. Trotz alledem: Ein Real Madrid ohne Vinícius? Undenkbar. Mit seinem Schnitt ist der Flügelstürmer bisher Reals leistungsstärkster Spieler. REAL TOTAL-Note: 2,4

Brahim Díaz

Hätte den marokkanischen Nationalspieler nicht wochenlang eine Oberschenkelverletzung ausgebremst, hätte er sich im Sturm sicherlich noch mehr etablieren können. In seinen 16 Einsätzen in LaLiga und Königsklasse (808 Minuten) konnte sich der Stürmer allerdings immer wieder von seiner besseren Seite zeigen, was sich zahlenmäßig in drei Toren und zwei Vorlagen niederschlug. An seinen drei Sturmkollegen kommt Díaz (auch aufgrund Ancelottis Priorisierung) noch zu selten vorbei. Doch das  Potenzial sich weiter zu beweisen hat der schnelle und dribbelstarke (64 Prozent gewonnene Dribblings) ohne Frage. REAL TOTAL-Note: 2,9

Endrick

Hinterließ in seinen 15 Auftritten (aber nur 160 Minuten insgesamt) im Trikot der Blancos einen sehr guten Eindruck. Gerade zu Saisonbeginn traf das 18-Jährige Sturmtalent zweimal in der Schlussphase nach nur wenigen Minuten auf dem Platz (beim 3:0 gegen Real Valladolid und beim 3:1 gegen den VfB Stuttgart) und legte einen Treffer vor. Seine Unreife war dem Youngster allerdings gegen Deportivo Alavés anzumerken, als er Santiago Mourino ungestüm zwischen die Beine trat und Glück hatte, nicht vom Platz zu fliegen. In seinen Kurzeinsätzen – von denen auszugehen war – kam er achtmal nicht über die zehn Minuten hinaus, obwohl in vier Partien schon eine Tordifferenz von mindestens drei bestand. Hier liegt die Kritik eher bei Carlo Ancelotti, der oft sehr spät wechselt. Ein paar Minuten mehr hätte der Brasilianer in der zweiten Saisonhälfte durchaus verdient. REAL TOTAL-Note: 3,7

TRAINER

Carlo Ancelotti

Ein Trainer von Real Madrid steht immer unter Druck. Für Carlo Ancelotti wurde die Luft aber zwischenzeitlich sehr dünn – zumindest was die Kritik an ihm betrifft. Das Amt des 65-Jährigen war (zumindest nach Außen) nicht eine Sekunde gefährdet. Einerseits verpokerte sich der Italiener hin und wieder taktisch. Andererseits musste auch er mit der enorm hohen Anzahl an Verletzungen zurechtkommen und nicht immer war eine adäquate Lösung möglich. Seine Aussage, dass über den Winter keine Neuzugänge angedacht sind, wird zum Großteil von Klub-Präsident Florentino Pérez gesteuert, weshalb dem Coach nichts anderes übrig bleibt, als mit dem zu arbeiten, was da ist. Aber abgesehen von der prekären Personalsituation wurde auch ersichtlich, dass der Rekordtrainer der Blancos zwischenzeitlich mit seinem Latein am Ende war und es nicht schaffte, die nötige Struktur in seinen Kader zu bringen. Die Freiheiten, die er vor allem in der Offensive gab, führten zu großem Durcheinander und eingebüßten Toren – oder aus Optimistensicht Lerneffekten für die Zukunft. Der Zugriff zur Mannschaft fehlte phasenweise, aber nie das Vertrauen des Teams in ihren Trainer. REAL TOTAL-Note: 2,9

Gesamtnote 3 nach 18 Spieltagen: Real nur Mittelmaß und doch ganz oben

Die Gesamtnote 2,9 trifft die Gesamtleistung der vergangenen Monate ziemlich genau auf den Punkt.  Die Leistungsspanne hatte von schlecht bis gut alles zu bieten und am Ende stehen die Blancos in LaLiga trotzdem auf Platz zwei und der Abstand auf Tabellenführer Atlético beträgt nur einen Punkt. Nimmt man die Champions League – in der sich das Ausmaß der Probleme mit Platz 20 von 34 noch eher zeigt – heraus, steht Real Madrid mal wieder sehr gut da und vor allem: nicht schlechter als in den vergangenen zehn Jahren. Trotz der großen Kritk am Offensivspiel mangelt es im Vergleich zu den vergangenen Spielzeiten weiterhin nicht an Toren (abgesehen von dem Tief nach Ronaldos Abgang). In dieser Saison sind es nach 18 Spieltagen 41 Stück in LaLiga, in den vergangenen zehn Jahren waren es nur dreimal mehr Treffer um diese Zeit und selbst die Anzahl an Gegentoren ist mit Blick auf diese Tabelle noch nicht besorgniserregend. Sollte die große Baustelle in der Abwehr aber bis zum Saisonende bestehen und keine endgültige Konstanz entstehen, könnte sich das noch ändern.

 

 

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Inhaltsverzeichnis

  1. Seite 1 Noten: Tor und Abwehr
  2. Seite 2 Noten: Mittelfeld
  3. Seite 3 Noten: Angriff und Trainer
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