
Mehrheit fordert Navas
MADRID. Drei Gegentore kassierte Iker Casillas in den vergangenen beiden Pflichtspielen gegen Atlético (1:2) und den FC Basel (5:1). Einen krassen Torwartfehler beging der 33 Jahre alte Kapitän allerdings bei keinem der Treffer, die er und seine Mitspieler hinnehmen mussten. Und dennoch steht die Legende, die seit nunmehr stolzen 15 Jahren für Real Madrid spielt, in der Schusslinie – in der Schusslinie der eigenen Anhänger.
Carlo Ancelotti hat sich festgelegt: Nicht Neuzugang Keylor Navas, sondern „San Iker“ ist in dieser Saison die Nummer eins. Hätte der Großteil der Madridistas jedoch das Sagen, wäre das nicht der Fall. In Umfragen der großen spanischen Sportzeitungen erhielt der Costa-Ricaner vor dem Auftakt-Match der Königsklasse die deutliche Mehrheit der Stimmen. Alte Meriten hin oder her. Dass man sich nicht mit Erfolgen früherer Tage schmücken darf, ist bei den Königlichen seit eh und je so etwas wie ein festgeschriebenes Gesetz. Die Pro-Navas-Stimmen in den Gazetten sind auch so zu deuten: die Zeit des Iker Casillas ist abgelaufen.
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So fand am gestrigen Abend nicht nur auf dem Grün des Bernabéu ein Duell statt, sondern auch auf den Rängen. Nein, keines zwischen den Sympathisanten der Blancos und den Gästen aus der Schweiz. Eines zwischen Real-Fans. Wie schon gegen die „Rojiblancos“ am Wochenende fielen aus einigen Ecken des Stadions unüberhörbar viele Pfiffe gegen die Klubikone – über 90 Minuten hinweg. Im Laufe der Partie stärkten wiederum andere Teile des Anhangs ihrem Keeper den Rücken und spendeten ihm bei jedem Ballkontakt Applaus, um die Pfiffe zu übertünchen. Pfiffe, die jedoch weniger aus Casillas’ gegenwärtigen Leistungen resultieren, sondern vielmehr mit der anhaltenden Präsenz der „Mourinhistas“, wie die treuen Anhänger von Ex-Coach José Mourinho bezeichnet werden, zu erklären sind. „The Special One“ galt und gilt als Gegner der spanischen Presse, Casillas seit längerer Zeit bei vielen als Maulwurf. Partnerin Sara Carbonero arbeitet bekanntlich als TV-Reporterin.
„Wenn das so weitergeht, ist Iker am Saisonende weg“
„Wenn das so weitergeht, ist Iker am Saisonende weg“, ist sich Casillas’ früherer Mitspieler Guti sicher. „Sie pfeifen ihn wegen Mourinho und López aus, nicht wegen seiner Form“, unterstrich er bei „El Chiringuito de Jugones“ von LA SEXTA. Und der 37-Jährige lederte weiter: „Es ist unverständlich, dass einer, der 15 Jahre lange alles für den Verein gegeben hat, so behandelt wird. Geht das so weiter, würde ich an seiner Stelle gehen und den Fußball woanders genießen.“ Eine derartige Ablehnung der eigenen Fans, wie sie Casillas derzeit erlebt, kennt aus ihrer aktiven Profi-Karriere auch die legendäre Nummer 14. „Es gab Zeiten, in denen ich lieber auswärts als Zuhause gespielt habe“, sagt der U14-Co-Trainer noch heute vielsagend.
Auch Sergio Ramos kann absolut kein Verständnis für das Verhalten so mancher Zuschauer aufbringen. „Ich werde Debatten nicht beitreten. Das wäre dumm. Über allem steht die Institution. Wir konzentrieren uns auf das Unsere. Iker weiß, dass er nicht jedem gefallen kann. Er ist kein Roboter und es ist normal, dass das Auswirkungen auf ihn hat. Als Madridista, Mitspieler und Freund von Iker wäre ich nicht in der Lage dazu (zu pfeifen; d. Red.). Ich würde das nicht tun“, betonte der Innenverteidiger. Nacho Fernández ergänzte: „Das Publikum kommt ins Stadion und kann machen, was es will. Sie bewerten, wir spielen. Aber wir brauchen zwischen Platz und Tribüne Einigkeit.“ Ob die Casillas-Kontrahenten nach Worten wie diesen künftig nun stumm bleiben werden?
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