Stadion

Bernabéu-Umbau bald fertig: „Wie eine schwere OP ohne Narkose“

Das Estadio Santiago Bernabéu ist so gut wie fertig umgebaut. Sein neues Aussehen bekommt der Fußballtempel seit dem Frühsommer 2019, während Real Madrid dort parallel Spiele bestreitet – außer im Zuge der Coronavirus-Pandemie. Das bezeichnet einer der Architekten „wie eine schwere Operation ohne Narkose“.

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Estadio Santiago Bernabéu Real Madrid Umbau
Das Bernabéu hat nun auch ein Innendach – Foto: YouTube/LaLiga, Florencia Tan Jun/Getty Images

Estadio Santiago Bernabéu: Umbau-Ende in Sicht

MADRID. Eindruck von außen: quasi fertig. Eindruck von innen: quasi fertig. Nach bald fünf Jahren ist der Umbau des Estadio Santiago Bernabéu so gut wie abgeschlossen. Was sichtbar noch fehlt und bis zum Frühsommer zu Ende gebracht werden soll, sind unter anderem die Errichtung der 360-Grad-Videoanzeigetafel, die teilweise Illumination der Fassade sowie das Anbringen der neuen Schriftzüge an der Fassade („BERNABEU“) und auf dem Dach („Realmadrid“). Das meiste wurde aber unlängst geschafft – und das seit September 2021 mit Ausnahme von zwei Sommerpausen und der Unterbrechung durch die Weltmeisterschaft 2022 stets während des laufenden Spielbetriebs.

Der Umbau-Plan hatte nie vorgesehen, dass die Profis ihre Partien vor heimischer Kulisse zwischenzeitlich woanders austragen. Letztlich kam es von Juni 2020 an doch dazu, allerdings nur wegen der Coronavirus-Pandemie. Das kleine Estadio Alfredo Di Stéfano auf dem Trainingsgelände diente vorübergehend als Heimstätte. Dass wegen COVID-19 keine Fans den Begegnungen beiwohnen konnten, nutzte Real, um die Bernabéu-Modernisierung nicht unnötig zu stören. Seit der Saison 2020/21 ist aber wieder alles beim Alten.

„Waren begeistert, als wir von Real ausgewählt wurden“

„Das ist schon ein bisschen verrückt und im Grunde genommen so, als würden sie bei einem Patienten eine schwere Operation vornehmen – ohne Narkose, während der Patient auch noch seiner Arbeit nachgeht“, sagte Volkwin Marg der BERLINER ZEITUNG. Der 87-jährige Deutsche gehört zu den Köpfen des internationalen Architektenbüros gmp (Gerkan, Marg und Partner), das vor etwa einer Dekade vom prestigeträchtigsten Fußballverein der Welt den Zuschlag erhalten hatte. Nach dem Modell des deutschen Unternehmens wurde das Bernabéu umgebaut, das übernahm wiederum das Bauunternehmen FCC Construcción.

„Wir waren begeistert, als wir von Real ausgewählt wurden. Wir dachten uns aber auch gleich: ‚Oh, ein innerstädtisches Stadion, das gibt einen Haufen Abstimmungsprobleme, und das auch noch in einer anderen Sprache. Lass uns das also gleich mal mit den spanischen Kollegen von L35 Arquitectos und Ribas & Ribas zusammen machen. Und ich bin heilfroh, dass wir das so gemacht haben. Zehn Jahre ein Auslandsbüro mit nur einem Projekt zu unterhalten, ist nämlich mörderisch“, erklärte Marg. Auch bei L35 Arquitectos und Ribas & Ribas handelt es sich um Architektenfirmen.

Keine höhere Zuschauerkapazität im Bernabéu

Dass der Real-Tempel nicht direkt in der Innenstadt, aber mitten im lebhaften Stadtgebiet liegt, stellte die Unternehmen durchaus vor Herausforderungen. Der Platz um das Bernabéu herum war und ist für so einen gewaltigen Umbau begrenzt. „Das Bernabéu lag früher vor der Stadt, inzwischen liegt es, weil Madrid so schnell gewachsen ist, mitten in der Stadt, an einer Hauptausfallstraße. Das Stadion war sozusagen eingewachsen“, so Marg.

Durch jeweils einen neuen Anbau auf der West- und auf der Ostseite ist das Bernabéu mittlerweile jedoch breiter als in seiner vorherigen Version. An der Zuschauerkapazität hat sich letztlich kaum etwas verändert, obwohl ursprünglich eine Erhöhung um ein paar tausend Plätze geplant gewesen war. Präsident Florentino Pérez bei der Mitgliederversammlung im vergangenen November: „Im Bernabéu haben wir die Erlaubnis für 80.000 Zuschauer – plus-minus 1.000. Denn wenn wir mehr hätten, würde uns das Gesetz dazu verpflichten, andere Notausgänge zu haben – und so weiter. Daher belassen wir es bei 80.000.“

„Sinnvoll sind 70.000 bis 75.000 Zuschauer“

Zwar wurde die Ostgerade nach oben hin ausgebaut, dafür fielen aber an anderen Stellen Sitzmöglichkeiten weg, etwa in dem Bereich direkt unter der langgezogenen Skybar, die auf der Terrasse unter dem Dach noch in der Entstehung ist.

Aus architektonischer Sicht sei es gar nicht nötig, noch mehr als die 81.044 Plätze anzustreben. Laut Hans Joachim Paap, ebenfalls Architekt bei gmp, würde selbst diese Kapazität Experten bereits zu denken geben. „Sinnvoll sind 70.000 bis 75.000 Zuschauer. Alles, was darüber hinausgeht, wird schon anstrengend – insbesondere aufgrund der Sichtlinie. Bei Stadien mit mehr als 75.000 Plätzen beginnt die Sichtlinienüberhöhung bereits im Unterrang. Im Camp Nou etwa mit seinen über 98.000 Plätzen sind einige Stufen deshalb 70 Zentimeter hoch. Das heißt auch, ein Sitzplatz hat eine Tiefe von 70 Zentimetern. Praktisch gesprochen bedeutet das, dass der Hinterkopf ihres Vordermanns über ihrer eigenen Kniehöhe auftaucht“, erklärte Paap bereits im Dezember 2020 bei T-ONLINE.

Architekten schütteln Kopf: FC Barcelona will 105.000 Plätze

Demzufolge musste man als Zuschauer im Stadion des FC Barcelona, das mittlerweile ebenso umgebaut wird, für einen vernünftigen Blick auf das Spielfeld umso mehr Hinterköpfe mit gestrecktem Hals überblicken, je weiter man vom Rasen entfernt saß. „Das geht doch nicht“, findet Paap. Barça kümmert das offensichtlich herzlich wenig, hat nämlich in Auftrag gegeben: Nach der Modernisierung, die frühestens im Sommer 2026 fertig ist, sollen satte 105.000 Schaulustige kommen können – obwohl sich die ausverkauften Spiele innerhalb einer Saison schon in der Vergangenheit an einer Hand abzählen ließen…

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von
Filip Knopp

Begleitet den Mythos Real Madrid als Fan seit der Ära der „Galácticos“ und journalistisch bei REAL TOTAL seit Mitte 2011. Erfahrungen auch bei SPORT1 und SPOX, zudem Autor von »111 GRÜNDE, REAL MADRID ZU LIEBEN«.

Kommentare
Als virtuelles Modell und auf (geschönten?) Fotos: sehr cool.
In echt (auf den Tag genau vor zwei Wochen, also vermutlich genauso „quasifertig“ wie heute): nein, nicht mein Geschmack.
Die Rippen viel zu offen, man sieht die Unterkonstruktionen, der Eingangsbereich um Puerta 1 schicki, aber seelenlos, Tienda eine Vollkatastrophe (ich glaube mich zu erinnern, dass er in in einen Bereich umziehen sollte, der die Anmutung einer Flaniermeile haben sollte - vielleicht geschieht das ja noch), innen konnte ich von meinem Sector 223 leider auch nicht mehr problemlos innen lang zur Grada) - ich trauere seeeeeehr unserem alten Bernabéu nach. Liegt vielleicht daran, dass ich auch schon älter bin ;-)
 
Ich war Dezember da zum ersten mal überhaupt, ich muss sagen so geflasht wurde ich wirklich nicht.
ich habe leider leider die alte Fassade nicht live zu Gesicht bekommen aber fande es auch irgendwie durch videos und Fotos viel Brachialer als der jetzt ist. Ihnen ist mega geil geworden, aber die außen Fassade naja bin gespannt wie es Final wird.
 
Das „Problem „ ist ,das wir jahrelang den umbau mitverfolgen konnten.jede Veränderung sehen konnten oder in YT verfolgen.
Jetzt wo das Ding fertig ist,ist man halt nicht so geflashed ,als wenn man das Ding zum allerersten mal sehen würde.ist auch normal ,ist halt der gewöhnungseffekt.TRotzdem schön,wenn das Ding dann endlich mal fertig ist.
Lustig in dem Bericht finde ich,wann farca mit ihrem Projekt fertig sein will :D und vor alem ,dann die Kunden da wieder ins Stadion kommen sollen.
 
Was heißt denn bald fertig ? Soll das Projekt dann in 2-3 Monaten abgeschlossen sein ? Es hat sich ja generell alles verzögert. Also kann man das Stand heute abschätzen ?
 
Das „Problem „ ist ,das wir jahrelang den umbau mitverfolgen konnten.jede Veränderung sehen konnten oder in YT verfolgen.
Jetzt wo das Ding fertig ist,ist man halt nicht so geflashed ,als wenn man das Ding zum allerersten mal sehen würde.ist auch normal ,ist halt der gewöhnungseffekt.TRotzdem schön,wenn das Ding dann endlich mal fertig ist.
Lustig in dem Bericht finde ich,wann farca mit ihrem Projekt fertig sein will :D und vor alem ,dann die Kunden da wieder ins Stadion kommen sollen.
Die mediale Dauerbeobachtung des Umbaus mag durchaus einen solchen Effekt hervorrufen. Für mich, ganz subjektiv, passt das nicht.
Ich habe unser altes Bernabéu 5x mit alter Fassade gesehen, dann 2x mit sichtbarer Bautätigkeit, die aber die Wappen-Seite noch nicht aktiv betraf (außer der Absperrung) und ich hatte IMMER Pippi in den Augen, wenn ich zum ersten Mal wieder aus dem Metro-Schacht auftauchte und dazu dann nochmal abends, wenn die Beleuchtung an war.
Dann waren wir 2022 zum Shitty-HF da, die Verkleidung der Fassade war in vollem Gange, da war mir klar, dass die Wirkung nicht die gleiche sein kann. Um so aufgeregter war ich/ waren wir vor zwei Wochen. Ankommen heißt bei uns immer: raus aus dem Flieger, rein in die Metro bis Nuevos Ministerios, umsteigen und „:welcome: at The Bernabéu“. Und dann standen wir da und guckten uns an und waren hilflos, weil die Emotionen, die immer kamen, nicht da waren. Und von der Metro-Seite aus ist’s ja ziemlich fertiggestellt. Der Schriftzug fehlt.
War traurig für uns - heißt ja nicht, dass nicht andere in Jubelschreie ausbrechen, weil sie es hammer finden.
 
Das „Problem „ ist ,das wir jahrelang den umbau mitverfolgen konnten.jede Veränderung sehen konnten oder in YT verfolgen.
Jetzt wo das Ding fertig ist,ist man halt nicht so geflashed ,als wenn man das Ding zum allerersten mal sehen würde.ist auch normal ,ist halt der gewöhnungseffekt.TRotzdem schön,wenn das Ding dann endlich mal fertig ist.
Lustig in dem Bericht finde ich,wann farca mit ihrem Projekt fertig sein will :D und vor alem ,dann die Kunden da wieder ins Stadion kommen sollen.
Die mediale Dauerbeobachtung des Umbaus mag durchaus einen solchen Effekt hervorrufen. Für mich, ganz subjektiv, passt das nicht.
Ich habe unser altes Bernabéu 5x mit alter Fassade gesehen, dann 2x mit sichtbarer Bautätigkeit, die aber die Wappen-Seite noch nicht aktiv betraf (außer der Absperrung) und ich hatte IMMER Pippi in den Augen, wenn ich zum ersten Mal wieder aus dem Metro-Schacht auftauchte und dazu dann nochmal abends, wenn die Beleuchtung an war.
Dann waren wir 2022 zum Shitty-HF da, die Verkleidung der Fassade war in vollem Gange, da war mir klar, dass die Wirkung nicht die gleiche sein kann. Um so aufgeregter war ich/ waren wir vor zwei Wochen. Ankommen heißt bei uns immer: raus aus dem Flieger, rein in die Metro bis Nuevos Ministerios, umsteigen und „:welcome: at The Bernabéu“. Und dann standen wir da und guckten uns an und waren hilflos, weil die Emotionen, die immer kamen, nicht da waren. Und von der Metro-Seite aus ist’s ja ziemlich fertiggestellt. Der Schriftzug fehlt.
War traurig für uns - heißt ja nicht, dass nicht andere in Jubelschreie ausbrechen, weil sie es hammer finden.

Weil das alte Bernabeu voller Geschichte war und das hat man ihm angesehen. Es war eben wirklich ein Tempel. In dem neuen muss die Geschichte noch geschrieben werden. Aber dennoch: die können das Stadion noch 100 mal umbauen, das alte Bernabeu wird für immer das wahre Bernabeu bleiben.
Ich fliege am Donnerstag hin und bin extrem gespannt, wie es auf mich wirken wird. Bin ja jetzt schon emotional.
 
Werde es mir anschauen, wenn alles fertig ist, auch die Umgebung. Bin ein Fan von futuristischen Designs, daher passt mir der Umbau sehr gut. Das alte Stadion war funktional, aber auch altbacken.
 
Das „Problem „ ist ,das wir jahrelang den umbau mitverfolgen konnten.jede Veränderung sehen konnten oder in YT verfolgen.
Jetzt wo das Ding fertig ist,ist man halt nicht so geflashed ,als wenn man das Ding zum allerersten mal sehen würde.ist auch normal ,ist halt der gewöhnungseffekt.TRotzdem schön,wenn das Ding dann endlich mal fertig ist.
Lustig in dem Bericht finde ich,wann farca mit ihrem Projekt fertig sein will :D und vor alem ,dann die Kunden da wieder ins Stadion kommen sollen.

Hast du es denn mal live gesehen? Es sieht einfach null wie in den Videos oder Bildern aus und ist von außen einfach hässlich. Anders kann ichs nicht sagen. Innen sind 80-90% gelungen und schön aber die Fassade ist von außen als auch von innen potthässlich. Ich wär von der Stadionbesichtigung eher enttäuscht.
Innen ist ja eh wichtiger aber wenn man eben so mit dieser Außenfassade prahlt und dann die Realität so aussieht, passt iwas nicht zusammen. Das ist die Außenfassade der Allianz Arena 2 Klassen besser und das Stadion ist 20 Jahre alt.
 

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