Reportage

Real Madrid: Ein neues System und die Frage nach der neuen Identität

Trainer Carlo Ancelotti lässt in den USA ein neues System testen: Real Madrid weicht vom 4-3-3 ab und läuft im 4-1-2-1-2 auf. Spielerisch überzeugen die Blancos damit gegen Milan (3:2) und Manchester United (2:0) durchaus. Doch die Konstellation birgt auch Nachteile. Eine neue Identität muss Ancelotti mit seiner Truppe erst noch finden.

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Jude Bellingham Real Madrid
Real-Neuzugang Bellingham steht besonders im Fokus – Foto: Tim Warner/Getty Images

Nicht viele Torschüsse – aber immerhin ordentliche Ausbeute

Effizient war Real Madrid in den bisherigen zwei Testspielen allemal. Im Rose Bowl Stadium von Los Angeles gab der spanische Rekordmeister gegen die AC Mailand fünf Torschüsse ab und gewann am Ende 3:2. Und im NRG Stadium in Houston feuerte das weiße Ballett gegen Manchester United erneut fünf Torschüsse ab und siegte diesmal 2:0. In zwei Testspielen verzeichneten die Königlichen also zehn Abschlüsse aufs Gehäuse (28 insgesamt) und fünf Tore – keine schwache Ausbeute.

So landete immerhin jeder zweite Torschuss hinter der Linie. Auf der anderen Seite sind zehn Torschüsse aus zwei Testspielen kein üppiger Wert. Zwar konnten die Merengues spielerisch durchaus beeindrucken, die Torgefahr ließ im neu von Carlo Ancelotti getesteten 4-1-2-1-2 aber doch Luft nach oben. Dabei weiß vor allem Neuzugang Jude Bellingham seine Qualitäten in diesem System zur Geltung zu bringen. Gegen Milan wirkte er vielversprechend, gegen ManUnited traf er nicht nur sehenswert, sondern wirkte auch schon sehr integriert und stellte einen steten Gefahrenherd dar. Ein Faktor, der Ancelottis Entscheidung für das 4-1-2-1-2 befürwortet.

Wer wird Real Madrids Neuner?

„Das System hat mir gefallen, auch wenn wir ein paar Probleme im Spielaufbau hatten. Mein Gefühl ist ein gutes und wir werden weiter arbeiten“, sagte Ancelotti nach dem Test in Los Angeles, um nach dem in Houston nachzulegen: „Es läuft gut, wie erwartet. Vinícius (Júnior) passt sich dem System gut an, er mag es, etwas weiter innen zu spielen. Manchmal muss er außen agieren, wo er sehr stark ist. Vinícius und Rodrygo (Goes) sorgen auf ihren Positionen für viel Gefahr, sobald wir in Ballbesitz sind. Sie sind schnell, sodass wir im Umschaltspiel direkter spielen können.“

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Dass Ancelotti aufgrund der Abgänge im Angriff – speziell von Karim Benzema, auf den zuvor das Spiel als Mittelstürmer im 4-3-3 jahrelang ausgerichtet war – improvisieren musste, zeichnete sich ab. Mit Joselu besitzen die Madrilenen nun einen neuen Mittelstürmer im Kader, der nominell allerdings der einzige im Aufgebot ist und darob nicht zuletzt aufgrund seiner Körpergröße von 1,91 Metern die an ihn gestellten Anforderungen mit sich bringt, mit Flanken gesucht werden zu können und als Vollstrecker zu glänzen. Ein Anforderungsprofil, das auf andere in der Offensive nicht zutrifft, da sie mit anderen Qualitäten überzeugen sollen. Etwa Vinícius und Rodrygo.

Joselu kann sich jedenfalls in verschiedenen Systemen einfügen. Wenn Real Madrid das 4-3-3 wählt, agiert Joselu im Zentrum der Spitze. Aber auch Rodrygo kann diese Position einnehmen. Das aber dann eher notdürftig. Denn als Neuner aufzulaufen, gefalle ihm von den Positionsoptionen in der Offensive „am wenigsten“, tat Rodrygo erst vor ein paar Wochen ehrlich kund. So bräuchte es neben Joselu eigentlich einen weiteren klassischen Neuner. Und auch die Partie gegen United zeigte: Mit den vielen Hereingaben konnten Vinícius und Rodrygo nicht immer etwas anfangen.

Mit bestehendem Kader ist Variabilität erst recht notwendig

Letztlich geht es für Ancelotti und sein Team in der Saisonvorbereitung weiter darum, sich zu finden und zu testen, welche Voraussetzungen welches System begünstigen. Mit dem aktuellen Kader wirkt es sinnvoll, Variabilität zu beherrschen, wodurch immer mal wieder zwischen den Systemen gewechselt werden kann. „Die Mannschaft ist sehr gut. Wir sind komplett“, will Ancelotti jedenfalls versichern.

Aktuell scheint es schwer vorstellbar, dass Ancelotti das 4-4-2 mit Raute wieder verwirft, wenn er es doch so intensiv testet. Eine etwaige Ankunft Kylian Mbappés würde natürlich einiges verändern. Doch wer weiß schon, was im Hintergrund läuft und bis Ende des Transfermarktes noch passieren kann. Stand jetzt arbeitet Ancelotti mit seiner bestehenden Truppe daran, eine neue Identität zu schaffen, die zweifellos für attraktiven Fußball und dementsprechend Torgefahr stehen soll – ohne Benzema, dafür mit Bellingham, Vinícius, Rodrygo, Joselu, Brahim Díaz und anderen, die nun in Erscheinung treten sollen und wollen. Die ersten beiden Testspiele haben spielerisch ein gutes Fundament geschaffen, und da es gegen United auch defensiv besser aussah, kann nun allmählich die Arbeit in der Offensive intensiviert werden.

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Kommentare
Eigentlich ist es super wenn das 4-1-2-1-2 System funktioniert und man dadurch variabler wird. Das 4-3-3 muss in der Vorbereitung nicht wirklich gespielt werden, da kann man sich auf das neue System dann auch gut konzentrieren. Ab dem Saisonstart würde ich dann Gegnerabhängig das System wechseln. Dass 4-3-3 können Spieler wie Bellingham usw. auch easy spielen von dem her ist alles gut.

Im 4-1-2-1-2 sehe ich aktuell folgende Elf:

Courtois
Carvajal - Rüdiger - Alaba - Garcia
Tchouameni
Valverde - Camavinga
Bellingham
Rodrygo - Vinicius

Im 4-3-3:

Courtois
Carvajal - Rüdiger - Alaba - Garcia
Valverde - Tchouameni - Bellingham
Rodrygo - Joselu - Vini
 
Stellt sich halt die Frage wie flexibel Carlo wird, auch das System kannst du nicht mit 13 Mann permanent spielen und Joselu kann er aus meiner Sicht nicht so oft einsetzen wie er es bei Benz gemacht hat. Am Ende geht uns sonst im Februar wieder die Luft aus, da muss Carlo endlich aufwachen.
 
Wie macht sich Fran?
Für mich gesetzt, gestern wieder unter Beweis gestellt, ein Verteidiger kann verteidigen und angreifen!
Hat gestern alle seine 2 Kämpfe gewonnen, riesigen Input nach vorne, seine Geschwindigkeit ist brutal
Also für mich gibt es keine Diskussionen nach den 2 Spielen, er hat für mich klar die Nase vorne!
 
Man darf sich aber auch nicht von der reinen Anzahl an Torschüssen beeinflussen lassen.
Es zählt auch die "Qualität" der Torchancen/-schüsse...wenn man aus 5 m alleine stehend auf's Tor schießen kann - weil die Kombinationen davor dies ermöglichen und den Spieler freispielen - dann ist das etwas anderes, als wenn man in Bedrängnis von 3 Verteidigern es trotzdem irgendwie schafft, dass der Ball Richtung Tor kullert.

Es sind also nicht immer nur die Zahlen (bzw. nicht nur die oben genannten)...

Ich finde auch positiv, dass der 16er nun endlich wieder besetzt ist/wird und auch mal Spieler in dieser Zone in die Tiefe starten. Das nimmt Druck von den Außen und war mit Benzema leider nie gegeben.
 
also ich finde das 4-1-2-1-2 ist ein super system gegen mannschaften die mitspielen wollen. So können wir teams wie city oder barca komplett brechen. Unsere MF dominanz ist auf einem ganz anderen level und die scharfen pässe auf vini und goes sind dann gegen mannschaften die offensiv stehen noch viel gefährlicher. Dazu kommt das wir noch fran zu selten mit ins spiel nehmen, wenn sich das auch noch besser würde ich dieses system gegen die großen teams spielen lassen die den ball haben wollen.

gegen teams die mauern würde ich aber lieber mit 9er und 10er spielen wollen. Also z.b:

vini------joselu-----brahim
------------goes

damit haben wir 4 starke offensiv leute und goes kann in seiner paradeposition die reihen sprengen und zusätzlich kombinationen mit vini starten. Bei der doppel 6 kann man dann rotieren wie man will, würde da am liebsten cama und jude sehen. Damit sie auch mit nach vorne preschen können. Gegen laliga teams die eh nur den bus parken wird das defensiv easy reichen. Als lv kann man dann auch ruhig mendy spielen lassen der dann hauptsächlich absichert.

man kann natürlich auch jude als 10er und goes als RA. Aber das system mit 10er würde ich am liebsten gegen mauer mannschaften sehen.
 
Die ersten Eindrücke sind sehr vielversprechend. Erinnert mich sehr an den jungen Carvajal. Mendy ist defensiv eine Bank aber ich würde jetzt schon grundlegend mit Fran spielen da er fußballerisch wesentlich mehr zur Gesamtmannschaftsleistung beitragen kann.
Wie macht sich Fran?

Finde ich nämlich interessant, weil fran relativ unter dem Radar war und viele lieber Miguel haben wollten.
Kaum ist Fran bei uns, sind alle begeistert

Aber finde ich gut und freut mich
 
habe es geschafft, mir ausnahmsweise ein Spiel anzusehen und war extrem überrascht von der ersten Mannschaft. Auf dem Papier liest sich die Aufstellung gar nicht mal so offensiv, aber die 2 Stürmer und die Mittelfeldspieler samt Fran Garcia besetzen offensiv so viele Räume, dass das gut eingespielte Man United mit dem ihnen bereits bekannten System aus der Vorsaison extrem vor Probleme gestellt worden ist. Auch spiegeln die Zahlen das Spiel nicht in Gänze wieder. Man hat extrem viel kombiniert und Räume besetzt und war dadurch immer kurz davor einen sehr gefährlichen unberechenbaren Angriff einzuleiten. Nur sind die Spieler - und das merkt man deutlich - in der Konstellation überhaupt noch nicht abgestimmt und nicht gewohnt ohne MS aufzutreten. Die ManU Spieler waren teilweise frustriert und griffen zu harten Fouls, weil sie dem Spiel nicht entkommen konnten. Auch schließe ich mich meinem Vorredner an, dass mit Fran noch sehr sehr viel möglich ist, wenn der und seine Mitspieler sich erstmal besser abstimmen. Zudem merkte man vor allem
Vini und Rodrygo an, dass sie teilweise noch nicht wussten, welche Laufwege sie gehen oder welche Räume sie besetzen sollen.

ich sehe nach diesem Spiel in dieser Aufstellung enormes Potenzial wirklich als Stammformation das 4-1-2-1-2 anzunehmen. Auch kann man immer wieder mal im Mittelfeld auf einen ZM verzichten und dafür einen MS spielen lassen, wenn man ein Tor braucht, ohne das System groß verändern zu müssen. Denn dann spielt man einfach ein 4-2-3-1 und vini und rodrygo würden einfach etwas weiter die Räume auf den Außen besetzen und im Mittelfeld bleibt es mit dem verkappten 10er ein Hybrid aus 4-3-3 und 4-2-3-1.

das Kombinationsspiel und die Raumbesetzung. Diese beiden Dinge muss man jetzt noch intensiver angehen. Mir tun jetzt schon die Mannschaften leid. Welche Pressingresistenz wir gestern gezeigt haben. Das war allerhöchstes Niveau. und ManU hat sehr sehr gut gepresst. Aber unsere Spieler sind, obwohl sie körperlich Monster sind, auch spielerisch viel zu begabt. Und im Unterschied zu den besten KMC Zeiten können diese Spieler viel schneller umschalten und die offensive beflügeln. Als wenn man Camavinga Bellingham Tchouameni und Valverde im Labor gezüchtet hätte. Valverde sollte aber weniger den Kroos machen und mehr der Alte werden, dann würde er auch wieder an vergangene Leistungen anknüpfen mit zusätzlicher Torgefahr.
 

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