
„Mein Körper war müde, ich konnte es nicht mehr aushalten“
MADRID. Der Fußball gab ihm eine Menge. Aber er hat sich mehr oder weniger von ihm abgewandt – vorerst jedenfalls. Nachdem Eden Hazard sich mit Real Madrid Anfang Juni auf eine vorzeitige Auflösung seines bis 2024 laufenden Vertrags geeinigt hatte und im Oktober schließlich seine Karriere für beendet erklärte, schaut er sich bei Gelegenheit nur noch Spiele seiner Brüder Thorgan und Kylian oder von Freunden an. Zu sehr hat den 33-Jährigen dieser Sport fürs Erste ausgelaugt, um sich auch jetzt intensiv mit ihm zu befassen.
Dabei trat er als klarer Reservist ja schon in den vergangenen Spielzeiten in der spanischen Hauptstadt so gut wie gar nicht mehr in Erscheinung. Der Ex-Profi in einem Interview mit den französischen Gazetten L‘ÉQUIPE und FRANCE FOOTBALL: „Die Menschen haben jeden Tag zu kämpfen und ich habe kein Recht, mich zu beklagen, auch wenn ich nicht gespielt habe, auch wenn ich verletzt war, um zu sagen: ‚Das Leben ist scheiße.‘ Das konnte ich nicht tun. Bei Real hatte ich eine Reihe von Verletzungen. Manchmal wusste ich nicht einmal, wie oder warum. Man wacht auf, steht aus dem Bett auf und verletzt sich. Mein Körper war müde, ich konnte es nicht mehr aushalten. Am Ende habe ich das als Ausrede benutzt: ‚Es tut weh, ich kann nicht.‘ Ich war nicht deprimiert, aber ich hatte keine Lust mehr. Ich hatte einfach nicht die Energie oder die Kraft dazu. Es hatte keinen Sinn mehr, es war vorbei.“
Bei Real Madrid ein großer Flop: „Gib mir den Ball nicht“
Wenn er unter Carlo Ancelotti noch zu einem seiner seltenen Einsätze kam, zeigte er nicht einmal mehr den unbedingten Willen, überhaupt auch nur angespielt zu werden. „In der Tat war ich gegen Ende gestresster, als ich weniger spielte. Ich musste spielen, ich musste mich beweisen. Ich weiß nicht, ob es Stress war. Aber ich konnte mir sagen: ‚Komm, mir geht es nicht gut, weißt du was, gib mir den Ball nicht.‘ Bei Real hatte ich den Eindruck, dass ich den Ball verlieren würde, bevor ich ihn hatte“, erklärte der ehemalige Besitzer der Nummer 7.
Den Königlichen bleibt Hazard zweifellos als die größte Flop-Verpflichtung ihrer Historie in Erinnerung. Durch Bonuszahlungen wegen gewonnener Titel zahlten sie letztlich weit über 100 Millionen Euro an den FC Chelsea. Bekommen haben sie dafür in vier Jahren sieben Tore und zwölf Vorlagen in 76 Einsätzen. Aus Reals Sicht eine wirtschaftliche Katastrophe, zumal der Belgier in der Mannschaft lange zu den Topverdienern gehörte, nach den Abgängen von Sergio Ramos und Gareth Bale sogar am meisten kassierte.

Hazard mochte Spielweise von Real Madrid nicht
Für Hazard war der Vertrag beim 14-fachen Champions-League-Sieger bereits das Höchste der Gefühle, viel mehr wollte er gar nicht erreichen. Hazard: „Ich war von kleinauf ein Fan von (Zinédine) Zidane. Er war da, also mochte ich Real Madrid. Das Bernabéu, das weiße Trikot – es hat einen Charme, den andere nicht haben. Real Madrid ist etwas Besonderes, der Verein, der ein bisschen angeberisch ist – und so bin ich nicht. Ich mochte nicht einmal die Art und Weise, wie sie gespielt haben, wenn man sie mit anderen Vereinen vergleicht. Aber es war mein Traum. Ich konnte meine Karriere nicht beenden, ohne hierher zu kommen. Es zeigt, dass Madrid größer ist als alles andere. Es ist schwierig, dort zu spielen.“
Er hätte „vielleicht mehr trainieren müssen. Ich hatte auch die falschen Verletzungen zur falschen Zeit. Die Operation, das Einsetzen der Platte. Ich komme zurück, es tut weh, ich zwinge mich. Ancelotti kommt an. Gute Vorbereitung, ich spiele gut. Aber mein Körper, die Schmerzen, die Verletzungen… Ich verlor meinen Platz, dann mein Selbstvertrauen, dann meine Lust. Ich war nicht mehr so stark wie früher“, so Hazard, dem das Geschehene gegenüber den Real-Fans leid tut: „Ich war traurig und enttäuscht. Als ich ankam, waren sie voller Hoffnung. Ich fühle mich ein bisschen, als hätte ich sie enttäuscht. Ich möchte ihnen sagen: Hey, es ist nicht meine Schuld, mein Körper hat mich im Stich gelassen. Ich habe es versucht, aber es hat nicht geklappt. Es tut mir leid.“
Hazard kommt mit Übergewicht: „Diäten sind scheiße“
Das Unheil nahm in gewisser Weise bereits unmittelbar nach seiner Ankunft in Madrid seinen Lauf. Der einstige Offensiv-Star trat im Sommer 2019 nämlich mit sichtlichem Übergewicht zur Vorbereitung auf die Saison an. Gerade erst die langersehnte Unterschrift beim Traumverein – und dann ein derart unprofessionelles Erscheinen. Wie kann das passieren?
Hazard erklärte: „Mit Chelsea hatte ich gerade eine unglaubliche Saison beendet, eine der besten meiner Karriere. Ich sagte mir: Jetzt, wo ich bei Real bin, ist das vielleicht der letzte Urlaub, den ich machen kann. Und ich habe mich gehen lassen, wie ich es jeden Sommer tue. Sieben Jahre in England, ohne Weihnachtspause, ich habe alles gegeben, damit ich, wenn ich drei oder vier Wochen Urlaub hatte, Grillgerichte essen und Roséwein trinken konnte und so weiter. Das hat es mir ermöglicht, neu anzufangen und wieder zu beginnen. Dann Real, es ging schief und das war‘s.“
Auf eine durch und durch angebrachte Ernährung habe er „nicht geachtet. Aber ich bin nicht jeden Tag zu McDonald’s gegangen, sonst hält man nicht 16 Jahre als Profi durch. Ich habe dem keine Bedeutung beigemessen. Ich bin ein Genießer, esse gerne, mit Freunden, wir trinken etwas. Diäten sind scheiße, nutzlos. Na gut, es ist in Ordnung, wenn du spielen willst, bis du 40 bist. Ich wusste, dass das bei mir nicht der Fall sein würde“. Am Ende war es dann schon mit 32 Jahren so weit. Weil das Ende eben so unwürdig war.
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