
Mit 33 Jahren: Carlo Ancelotti beginnt Trainerkarriere in Italien
63 Jahre, 23 Titel – das ist die Ausbeute des Italieners in seiner bis jetzt 30-jährigen Trainerkarriere und sein Aufstieg ist schier bemerkenswert: Carlo Ancelotti war 17 Jahre lang selbst Profifußballer in Italien. Geboren am 10. Juni 1959, entschied sich der damals 33-Jährige, unter anderem nach zwei Europapokalsiegen und drei Meisterschaften mit AC Mailand, seine aktive Laufbahn zu beenden und startete als Co-Trainer von Arrigo Sacchi bei der italienischen Nationalmannschaft. Mit der „Squadra Azzura“ schaffte es das Trainergespann 1994 bis ins Finale der Weltmeisterschaft in den USA, doch scheiterte mit einer 2:3-Niederlage an Brasilien. Nach diesem ersten kleinen Dämpfer sollte „Carletto“ noch mit mehreren Vereinen sehr oft ganz knapp an Titeln vorbeischrammen, doch am Ende dennoch einer der erfolgreichsten Trainer aller Zeiten werden.
Seinen ersten Vertrag nach der Nationalmannschaftserfahrung schloss er im Juli 1995 bei AC Reggiana, einem Zweitligisten, den er innerhalb eines Jahres direkt in die erste Liga katapultierte. Danach folgte der Wechsel zum FC Parma, auch dort verbrachte Ancelotti nur eine Saison, durfte sich aber zum ersten Mal Vizemeister nennen. Der erste große Name stand bei dem Ex-Milan-Spieler ab der Saison 1998/99 auf der Liste: Juventus Turin. Doch seine Erfahrung im Norden Italiens sollte trotz zweier Vizemeisterschaften und seinem ersten Titel, dem UEFA Intertoto Cup 1999, nicht nur positive Erinnerungen hervorrufen. Durch seine Mailänder Vergangenheit waren dem jungen Trainer nicht alle Fans wohlgesonnen.
Große Siege und erschütternde Niederlagen – Ancelotti und Mailand
Wie gerufen kam dann im November 2001 der Wechsel zurück nach Mailand und die Antwort sollte zwei Jahre später mit seinem ersten Champions-League-Titel folgen. Ausgerechnet gegen seinen Ex-Klub Juventus. Wenige Tage darauf krönte er den Sieg mit der Coppa Italia. Mit diesem Pokal reihte er sich neben unter anderem Zinédine Zidane und Pep Guardiola in eine kleine Liste von Spielern ein, die sowohl als Spieler als auch als Trainer die Champions League gewannen. Wie jeder weiß: es sollte nicht der letzte bleiben. Auch beim Thema Meisterschaften begann Ancelotti seine Rekordjagd ein Jahr später in der Saison 2003/04, mit Titel Nummer eins.
Die Zeit bei Milan sollte dem Italiener schon einen Vorgeschmack auf das Freud und das Leid geben, das ein großer Trainer manchmal erleben muss, denn mit eben jenem Klub sollte er eine der wohl bittersten Finalniederlagen kassieren. Die magische Nacht des FC Liverpool in Istanbul am 25. Mai 2005. In Ancelottis Team wimmelte es nur so von Erfahrung und großen Namen: Kaká, Andrea Pirlo, Clarence Seedorf, Hernán Crespo, Filippo Inzaghi und Andriy Shevchenko. Bereits nach 45 Minuten führten die Italiener mit 3:0, an einen Sieg der Liverpooler war zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr zu denken. Keiner – und wahrscheinlich auch nicht Carlo Ancelotti – hätte mit einer Aufholjagd gerechnet, die in der 54. Minute mit dem 1:3 Anschlusstreffer begann und in der 60. Minute mit dem Ausgleich den Gipfel erreichte und nach 120 Minuten mit einem verlorenen Elfmeterschießen endete. Wohl eine der bittersten Niederlagen seiner gesamten Trainerkarriere. Doch auch davon erholte er sich schnell und machte diese Niederlage gemeinsam mit seinem Team 2007 wieder gut. Ebenfalls gegen Liverpool. Ancelottis zweiter Champions-League-Streich!

Europarundreise: Chelsea, PSG und der erste Versuch in Madrid
Nach über sieben Jahren trennten sich Ancelotti und Milan im Jahr 2009 und der Italiener öffnete das erste Mal seine Türen für andere europäische Fußballligen. Erste Station England – der FC Chelsea. Die Ausbeute nach zwei Jahren: englischer Meister direkt in der ersten Saison und Vizemeister in der zweiten. Ancelotti verließ nach zwei Jahren die Premier League mit seinem zweiten Meistertitel in der Hand. Von England ging es für den Mann dessen Titelrucksack langsam schwerer wurde weiter nach Paris und und auch mit PSG gelang es ihm die Meisterschaft – seine dritte – diesmal in der zweiten Saison 2012/13 zu holen. Sicherlich wären das vielversprechende Zukunftsaussichten in Frankreichs Hauptstadt geworden – doch nicht wenn Real Madrid an die Tür klopft, wie es im Frühjahr 2013 tatsächlich geschah. Dem Ruf gefolgt, begab sich der frischgebackene Meistertrainer ins warme Spanien, um seine Liste mit der vierten europäischen Top-Liga zu schmücken.
Offenbar nicht mit dem Glück gesegnet, bei jedem Klub im ersten Jahr Meister zu werden, nahm in der Saison 2013/14 Atlético Madrid Ancelotti und Real den Wind aus den Segeln. Die Meisterschaft ging mit nur drei Punkten Abstand in den Süden der Stadt. Geschichte schrieb sowohl der Klub als auch „Carletto“ 2013/14 trotzdem. Sie trug den Titel: „La Décima“. Carlo Ancelotti schaffte es doch tatsächlich, das weiße Ballett, ausgerechnet gegen Atlético, wieder auf Titelspur zu bringen – nachdem der letzte Sieg sage und schreibe zwölf Jahre zurücklag. Im Jahr darauf, beendete Real die Meisterschaft mit 92 Punkten, aber leider hinter Barça (94 Zähler) und damit wieder auf Platz zwei. Carlo Ancelottis Etappe bei den Blancos endete abrupt trotz insgesamt vier Titelsiegen. Dass er aber mit dem CL-Titel einen wichtigen Grundstein für das Team legen sollte, welcher drei weitere Siege im größten europäischen Wettbewerb mit sich bringen würde, ahnten da nur die wenigsten. Und auch nicht, dass er zurückkehren würde, um sein Werk zu vollenden.
Vierte Meisterschaft in München und die spektakuläre Rückkehr
Carlo Ancelotti hatte nach AC Mailand, FC Chelsea, Paris Saint-Germain und Real Madrid noch immer nicht genug europäische Luft geschnuppert und übernahm nach einem Jahr Verschnaufpause ein mindestens genau so anspruchsvolles Traineramt beim FC Bayern München. Mit dem Rekordmeister der Bundesliga, der zu diesem Zeitpunkt schon eine Serie von vier Meisterschaften in Folge hinter sich hatte, machte er Bayerns Nummer fünf im Jahr 2016/17 voll und holte sich selbst seine vierte Meisterschaft ins Haus. Allerdings fand er sich trotz Titel beim FC Bayern und seiner Philosophie nur schwer zurecht und wurde noch in der Gruppenphase der CL-Saison 2017/18 entlassen. Danach zog es ihn nochmal in die Heimat, diesmal zu SSC Neapel und zwei weitere Jahre zum FC Everton nach England.
Doch wieder klopfte plötzlich Real Madrid an die Tür und wieder öffnete er sie. Denn da war ja noch was. Die beiden verpassten Meisterschaften in seiner ersten Amtszeit. Diesmal lief es auch, die Pläne gingen auf. Seit dem 3. Spieltag standen die Blancos durchgängig auf dem ersten Tabellenplatz, ließen im Laufe der Saison 2021/22 nur wenige Punkte liegen und dennoch hagelte es viel Kritik. An Souveränität und Spielfreude mangelte es nämlich hin und wieder, der wenig rotierfreudige Chefcoach rückte sich so immer wieder in den Fokus. Müdigkeit im Team bestritt er stets und selbst bei mangelnder Leistung beteuerte er, sein Team habe es sehr gut gemacht. Seine Erfahrung lehrte ihm aber, was zutun war. Fehler gestand er sich ein und feilte daran, rückte jedoch nie von seiner Philosophie ab.
So gewann er mit einem geschlossenen, mental grandios eingestellten Team in seinem zweiten Anlauf bei Real Madrid seine fünfte Meisterschaft, gilt damit als der einzige Trainer der in allen fünf europäischen Ligen den Titel holte und: der einzige Trainer mit vier Champions-League-Siegen – denn weil es 2013/14 so schön war mit „La Décima“, wiederholte er das Spektakel in diesem Jahr gleich noch mit „La Decimocuarta“.
Die Bescheidenheit nach solchen Erfolgen ist wohl – neben seiner Kaugummisucht – das Sympathischste am jetzt 63-Jährigen, denn er kommentierte die Saison mit folgenden Worten: „Unglaublich, ein anderes Wort dafür habe ich nicht. Niemand hatte das erwartet – selbst ich als Optimist nicht. Ich hatte nicht gedacht, dass so ein Erfolg möglich wäre. Die Supercopa, die Liga, die Champions League. Ich werde den Spielern und dem Klub immer dankbar sein.“
23 Titel hat er schon, sieben davon mit den Königlichen. 2022/23 könnten da noch einige hinzu kommen. Dann werden ihm die Fans von Real Madrid noch mehr dankbar sein als eh schon, aber sicherheitshalber auch jetzt schonmal: ¡Gracias Míster y feliz cumpleaños!
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