
Besondere Energie im Bernabéu, die historischen Abend schuf
Es ist schwer, in Worte zu fassen, was sich am Mittwochabend ab 21 Uhr im Estadio Santiago Bernabéu abspielte. Ich war und bin immer noch völlig baff! Im Vorfeld der Partie war ich sogar etwas pessimistisch, damit nicht überschwänglich optimistisch. Ich glaubte an einen stärkeren Auftritt Real Madrids als im Hinspiel gegen Paris Saint-Germain. Bei unseren REAL TOTAL-Tipps prophezeite ich ein 1:1 – die Königlichen wären damit aus der Champions League ausgeschieden – es hätte nicht gereicht. Und nachdem Kylian Mbappé in der 39. Minute auf Thibaut Courtois zustürmte und den Ball im Tor versenkte, glaubte ich eher daran, dass mein Tipp aufgehen würde, als dass Real noch drei Tore erzielt.
Doch ich muss zugeben: Ich habe die Kraft und die Energie des Estadio Santiago Bernabéu unterschätzt. Rückblickend, und ja so lässt es sich immer leichter sagen, hätte ich bereits bei der Ankunft an der Concha Espina damit rechnen müssen, dass es heute ein Abend für die Geschichtsbücher wird. Als ich rund drei Stunden vor dem eigentlichen Spektakel ankam, war es bereits ein Spektakel rund um das Bernabéu herum. Man stimmte sich heißblütig ein, es wurde frenetisch gesungen, es wurde fest daran geglaubt, dass PSG heute Abend hier als Verlierer abreisen wird – und Real es schafft. Und letztlich kam es so.
Das Bernabéu war restlos ausverkauft – so wie ich es bis dato noch nie erlebte. Reals Heimspielstätte verwandelte sich bereits beim Warmmachen der Spieler zu einem leichten Hexenkessel, und avancierte spätestens mit dem Einlaufen beider Mannschaften etwa fünf Minuten vor Anpfiff zu einem wahren Hexenkessel. Bei jedem Ballgewinn und jeder Offensivaktion heizte sich die Stimmung weiter auf – frische Energie wurde freigesetzt. Eine Energie, so wie ich sie bislang noch nie im Bernabéu erlebt habe und ich in diesem Ausmaß auch in noch keinem anderen Fußballstadion Europas vorfand. Das Bernabéu war am Mittwochabend gegen PSG einfach einzigartig.
Und so dachte ich womöglich nach Mbappés Tor auch deshalb nur für wenige Sekunden, dass Real die Träume einer „Remontada“, einer Aufholjagd, begraben müsse. Das Bernabéu hatte mich in seinen Bann gezogen. Rund 60.000 Fans wussten nach dem 0:1, dass es schwer, aber nicht unmöglich werden würde. Durchatmen in der Halbzeit-Pause, Real lag noch zurück. Mit neuer Kraft ging es in den zweiten Durchgang, das Bernabéu heizte nochmal ordentlich ein. Gegen die sortierte PSG-Abwehr war aber Geduld gefragt – für die Spieler, aber auch für die Fans.
Ein Wahnsinns-Abend! So erlebte ich das Spektakel zwischen Real Madrid und Paris Saint-Germain am Mittwochabend live im Estadio Santiago Bernabéu https://t.co/rXpZgyJRoq pic.twitter.com/wzkNCOxG5z
— Adrian Kühnel (@adriankuehnel) March 10, 2022
Doch dann war in der 61. Minute dieser Moment gekommen. Ich sah, wie Presnel Kimpembe den Ball zurück zu Gianluigi Donnarumma spielte – rechnete allerdings mit einem schnellen Weiterspielen des PSG-Keepers. Doch der Italiener war nur für einen Augenblick unkonzentriert, klärte unsauber, sodass die Kugel über Vinícius Junior bei Karim Benzema landete. Das 1:1! Frenetischer Jubel im Bernabéu, als wäre es bereits das Siegtor gewesen. Spätestens jetzt entfachte sich der Zauber: Real packt das heute wirklich noch! Und plötzlich war auch ich überschwänglich optimistisch.
In den Folgeminuten setzte sich mehr und mehr Adrenalin bei mir frei. Nicht nur, weil es vom Ergebnis her plötzlich wieder greifbarer war, sondern weil eben die Fans vor mir im Bernabéu der Mannschaft so einen immensen Glauben schenkten. Als Vinícius in der 76. Minute aufs Tor zustürmte, war ich mir sicher, er macht ihn. Doch bremste er nochmal ab, spielte zu Luka Modrić und der zu Benzema – und der wuchtete die Kugel an Donnarumma vorbei ins Tor. 2:1, das Bernabéu tobte – nun sprang sogar ich von meinem Platz auf!
Kurzer Check durch den VAR, danach nochmal ein kürzer und ausgelassener Jubel. Dann ging es weiter. Real wirkte plötzlich wie ein Riese, PSG brach mehr und mehr ein. In der 78. Minute dann der nächste Angriff, Marquinhos schlug den Ball weg – und plötzlich war wieder Benzema da, der die Kugel mit dem Spann ins Tor bolzte. 3:1, nun tobte das Bernabéu nicht nur, ich erlebte es so, wie ich es in meinen etlichen Malen zuvor noch nie erlebt hatte. Es gab kein Halten mehr, nicht mal mehr in meiner Pressebox. Dem Journalisten, der neben mir saß und mit dem ich zuvor außer einer Begrüßung kein Wort wechselte, lag ich in den Armen. Er lag mir in den Armen. Wir haben gejubelt, wir konnten es nicht fassen, was sich hier vor uns gerade abspielte.
Einfach nur WOW! Ich war komplett sprachlos, komplett unter Adrenalin. Ich konnte es wirklich nicht glauben, dass das, was sich unten auf dem Rasen abspielte, gerade wirklich real war. Eine solche Stimmung, ein solches Gefühl im Bernabéu, das habe ich noch nie in einer solchen Art und Weise zu spüren bekommen. Das ganze Stadion wartete nur noch auf den Abpfiff. Und als dieser ertönte, gab es den vierten großen Jubel im Bernabéu. Es war vollbracht, ich war immer noch sprachlos.
Das Stadion leerte sich zügig, doch die Party hielt draußen an. Es wurde weiter gesungen und gefeiert. Es gab Autokorso. Ich kam mir etwas vor, als hätte Real soeben die Champions League gewonnen. Derweil war es „nur“ das Achtelfinale, das gewonnen wurde. Doch es war nicht irgendein Achtelfinale, es war ein Achtelfinale, über das womöglich auch noch in zehn, 20 Jahren gesprochen wird. Es war einfach magisch – und ich bin froh, Teil dieses historischen Abends gewesen sein zu dürfen und mich aufs Neue vom Bernabéu und seiner ganz besonderen Energie verzaubert lassen zu haben.
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