
Nach 0:1: Real Madrid gibt Hoffnung gegen PSG nicht auf
MADRID. Als Real Madrid am 15. Februar im Parc des Princes gastierte, waren die Kräfteverhältnisse klar verteilt: Paris Saint-Germain ließ mit 58 zu 42 Prozent Ballbesitz die Kugel deutlich besser laufen, feuerte daneben acht Torschüsse ab, während von den harmlosen Madrilenen kein einziger auf Gegners Tor flog. Am Ende konnten Trainer Carlo Ancelotti und die Seinen von reichlich Glück sprechen, dass es bei Kylian Mbappés Geniestreich zum 0:1 in der 94. Minute blieb. Und nun soll im Rückspiel plötzlich alles besser laufen? Was schenkt Real Madrid denn bitte Glauben?
Nun, PSG erwartet am Mittwochabend (21 Uhr) ein restlos ausverkauftes Estadio Santiago Bernabéu – ein Hexenkessel. Die Real-Anhänger werden es sich zum Ziel nehmen, die Franzosen mit Feuerwerkskörpern und überlauten Fan-Gesängen bereits bei der Ankunft an der Concha Espina einzuschüchtern – möge aber alles friedlich bleiben. Die Merengues wollen sich ihrerseits diese außergewöhnliche Atmosphäre zunutze machen – eine „Remontada“ soll folgen. Dass es eine Aufholjagd nach einem 0:1 bedarf, ist selbstredend. Doch warum ausgerechnet sollten die Blancos gegen ein vermeintlich stärkeres PSG erbittert auf diesen Mythos bauen?
„Remontada“-Mythos dank Juanito
Rein sportlich – und unter neutralen Bedingungen – dürften die Pariser den Königlichen abermals überlegen sein, allerdings treten die Herren in weiß in ihrer heimischen Spielstätte mit der Energie und dem Selbstvertrauen von einigen Tausend an. Real Madrid und die „Remontada“ – es ist nicht nur ein besonderer Mythos, sondern ein ganz historischer. Die bekanntesten Beispiele: 1:3 bei Inter Mailand, aber 5:1 im Bernabéu. Oder: 1:5 bei Borussia Mönchengladbach, 4:0 im Bernabéu. Beides im UEFA-Cup 1985/86! War das Old Trafford von Manchester United das Theater der Träume, so war das Estadio Santiago Bernabéu dieser Tage für europäische Gäste das Theater der Albträume.
Jener Mythos geht dabei auf eine ganz besondere Person zurück: Juanito! Reals einstige Nummer 7 predigte, teils italienisch, teils spanisch: „Noventa minuti en el Bernabéu son molto longos!” Neunzig Minuten im Bernabeu können also sehr lange sein. Juanito war seinerzeit Kopf vieler dieser Aufholjagden. Der Spanier hängte sich stets zu 110 Prozent rein, obwohl dies für einen Offensivmann wie ihn nicht selbstverständlich war – und schoss mit seiner Heißblütigkeit auch mal übers Ziel hinaus. Lothar Matthäus kann ein Lied davon singen.
90 lange Minuten im Bernabéu
Juanito spielte von 1977 bis 1987 für Real, danach noch für Málaga und Fuengirola, ehe er 1991 umgehend ins Trainergeschäft einstieg und UD Mérida trainierte. Doch am 2. April 1992 kam Juanito tragisch bei einem Autounfall ums Leben. Auf der Heimfahrt von einem Europapokal-Spiel seiner Madrilenen gegen den heutigen FC Turin (2:1) verunglückte die Ikone. Juan Gómez González wurde nur 37 Jahre alt. Zwar sah er sein Real ein letztes Mal jubeln, jedoch schien ohne Juanito das Europapokal-Glück der Madrilenen verflogen – das Rückspiel verloren die Blancos mit 0:2, verpassten somit den Finaleinzug. Damals hatten die Fans wohl noch nicht den Geist Juanitos beschworen, heute tun sie es stets vor brenzligen Spielen.
Und genau so eines stellt nun PSG dar. Den Geist Juanitos wird das Estadio Santiago Bernabéu auch diesmal beschwören. „Illa, illa, illa, Juanito maravilla, se ve, se siente, Juanito está presente!” (Illa, illa, illa, Juanito das Wunder, man kann es sehen, man kann es fühlen, Juanito ist anwesend), wird es in der 7. Minute durchs Stadion schallen. Und wenn Juanito anwesend ist, so sind sich die Madridistas sicher, kann ein jeder Gegner geschlagen werden. Egal, ob ein PSG im Hinspiel mit 1:0 siegte.
Ancelotti: „Werden diese Partie nicht allein bestreiten“
Ob sich dies auch am Mittwochabend auf die in weiß gekleideten Spieler überschlägt? Reals letzte „Remontada“ in Europa ist zumindest schon ein paar Jahre her – und datiert vom Viertelfinale der Champions-League-Saison 2015/16. Die Königlichen verloren im Hinspiel beim VfL Wolfsburg überraschend mit 0:2, siegten im Rückspiel im Estadio Santiago Bernabéu aber mit 3:0. Damals war es Cristiano Ronaldo, der Juanitos Erbe der Nummer 7 trug – und die Madrilenen mit einem Hattrick ins Halbfinale katapultierte. Der Portugiese kündigte vorher selbstsicher an: „Ich werde drei Tore machen.“ Was folgte: Drei Champions-League-Titel aufeinander.
Gegen PSG bedarf es nun ebenfalls eine solche Zuversicht. An die Kraft des Mythos will auch Ancelotti glauben. „Ich kenne das Bernabéu bestens und es wird uns noch mehr motivieren. Wir wissen genau, dass wir diese Partie nicht allein bestreiten werden, weil der gesamte Madridisimo hinter uns steht. Das macht uns stärker“, so der Italiener. „Alle sind motiviert und es ist klar, dass es für einen Trainer wichtig ist, auf die Atmosphäre zu schauen, damit keine allzu hohe Nervosität herrscht. Diese Spieler sind es gewohnt, solche Partien zu absolvieren.“ Ob es am Mittwochabend wieder einer dieser magischen Bernabéu-Abende werden wird? Man muss nur dran glauben!
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