
Für Dortmund ein Spektakel, für Madrid eine Pflichtaugabe
DORTMUND. „Es wird eine große Herausforderung. Natürlich haben wir Respekt vor Real Madrid, aber keine Angst“, teilte Borussia Dortmunds Trainer Jürgen Klopp auf der Pressekonferenz am gestrigen Abend treffend mit. Treffend, da die heutige Begegnung zwischen dem BVB und dem Rekordchampion auf europäischer Bühne, Real Madrid, beide Lager in einer gewissen Weise spaltet. Für ganz Dortmund ist es ein „absolutes Highlight-Spiel“ (Orginalton Sportdirektor Michael Zorc), über 250.000 Ticket-Anfragen sollen den Borussen ins Haus geflattert sein, am Ende werden jedoch „nur“ 65.829 Fans Platz im Stadion finden.
Beim BVB herrscht also riesengroße Vorfreude und Euphorie – und bei den Königlichen? Die blicken dem dritten Gruppenspieltag der Champions-League-Saison als Favorit relativ gelassen entgegen. Fans und Zuschauer im Signal Iduna Park als auch an den Fernsehschirmen werden ein Real Madrid sehen, das bei der „Expedition Deutschland“ einzig und allein nach den drei Punkten, also dem Sieg über die Westfalen strebt. Nicht mehr und nicht weniger. Und als Real Madrid macht man sich auch vor dem besten Meister, den Deutschland je hatte, nicht in die Hose. Mit einem Sieg könnten die Superstars aus der spanischen Hauptstadt den nächsten wichtigen Schritt Richtung Achtelfinal-Teilnahme machen, nachdem man dank der gewonnenen Partien über Manchester City (3:2) und Ajax Amsterdam (4:1) schon sehr zufrieden stellend dasteht.
Königliche mit breiter Brust
Nach dem desaströsen Saisonstart gestalteten sich die letzten Wochen für die Blancos ohnehin als Erfolg, weshalb der Real-Tross am gestrigen Abend auch mit einer breiten Brust sowie viel Selbstbewusstsein im Gepäck in Deutschland landete. Ein Beleg für die Primera-División-Laien in Westfalen: Das letzte Mal, dass Casillas, Ronaldo und Co. baden gingen, resultiert vom 15. September, als man mit 0:1 in Sevilla unterlag. Seitdem triumphierten Ronaldo, Ramos und Co. wettbewerbsübergreifend fünfmal und spielten beim Clásico einmal unentschieden. Und in diesen sechs Partien netzten die Superstars auch noch ganze 18 Mal ein!
Für José Mourinho und seine Truppe kommt sowohl bei der heutigen als auch den kommenden Pflichtaufgaben einzig infrage, diesen Positivtrend fortzusetzen. Zwar begegne man Borussia Dortmund mit gehörigem Respekt, doch das tut man in erster Linie vor jedem Kontrahenten. Und darüber hinaus geht man, unabhängig ob der Gegner Barcelona, Betis oder eben Borussia heißt, immer mit dem Ziel in die Partie, die Angelegenheit für sich zu entscheiden. Das einfache Rezept wird auch heute lauten: Das gesamte Potential auf dem Platz abrufen und den gegnerischen Elf aufzeigen. „Wir müssen unseren Fußball spielen und an unsere Leistungen aus den letzten Spielen anknüpfen“, erklärte Ángel Di María im Namen der Mannschaft.
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Gerede hin oder her, Fakt ist: Der BVB will unbedingt siegen
Das eigene Spiel durchsetzen und zelebrieren, das will nicht nur Madrid, das wollen auch die Schwarz-Gelben. Und die werden es wohl bitter nötig haben, schließlich ist die in den vergangenen beiden Jahren immer so feuchtfröhliche Borussia anno Oktober 2012 ins Wanken geraten. Zwar holte man in den zurückliegenden Wochen in der Königsklasse einen 1:0-Sieg gegen Ajax und ein 1:1-Remis bei Manchester City ab, doch in der Liga liegt man nach bereits acht Partien zwölf Punkte hinter Spitzenreiter Bayern München – und am letzten Wochenende bekam man ausgerechnet vom ärgsten Rivalen Schalke 04 eine Tracht Prügel. Vor den eigenen Fans setzte es im Derby eine 2:1-Pleite. Wäre das heutige Spiel ausschließlich vom Momentum geprägt, müssten die Merengues als klarer Gewinner vom Platz gehen. Hätte, wenn und aber zählt aber nicht. Im Gegenteil: Nun möchten die BVB-Akteure unbedingt Wiedergutmachung betreiben – und Real Madrid soll dran glauben!
Das Gesindel vom „riesengroßen Respekt vor Real“ und die Schwärmereien sollen mit dem Einmarsch in den Signal Iduna Park verfliegen, denn es ist so klar wie Kloßbrühe, dass die Borussen natürlich dasselbe von diesem Abend mitnehmen wollen wie die Stars aus Madrid: den Sieg. „Wir haben nicht vor, schon im Kabinengang die Trikots zu tauschen“, betonte Mannschaftskapitän Sebastian Kehl. Sportdirektor Zorc glaubt und behauptet: „Wir sind hier nicht chancenlos. Ich glaube, dass die Mannschaft eine Trotzreaktion zeigen wird. Es geht darum, Real Madrid einen heißen Kampf zu liefern. Wir müssen sehen, dass wir das Spiel gewinnen, um unsere Position in der Champions League vielleicht noch auszubauen.“
Mourinho ohne Abwehr-Trio – werden alle Borussen fit?
Innenverteidiger Neven Subotic meinte gar, man habe mit Marco Reus einen Spieler in den eigenen Reihen, den selbst Real Madrid nicht stoppen könne. Dortmund übt sich schon mal im verbalen Duell – ob sie auf dem Platz ähnlich forsch zu Werke gehen werden? Während „the Special One“ noch einige Partien auf seine drei Außenverteidiger Álvaro Arbeloa, Marcelo und Fábio Coentrão verzichten muss, wird Jürgen Klopp beim heutigen Showdown ganz sicher nur der Pole Jakub Blaszczykowski fehlen, eine Nominierung von Mittelfeldspieler Ilkay Gündogan hängt noch in der Schwebe. Dafür kann er auf Offensivmann Mario Götze und Defensivkraft Marcel Schmelzer bauen. Richten sollen es im 4-2-3-1-System (gegen Schalke versuchte Klopp es vergeblich mit einem 3-5-2) wohl folgende elf Akteure: Weidenfeller – Piszczek, Subotic, Hummels, Schmelzer – Bender, Kehl – Perisic, Götze, Reus – Lewandowski. Und ihnen gibt „Kloppo“ das passende Rezept auf den Weg: „Ich hoffe, dass wir ein ähnliches Spiel abliefern wie in Manchester. Wir müssen extrem diszipliniert gegen den Ball arbeiten.“ Mourinho vertraut wahrscheinlich dieser Formation: Casillas – Ramos, Varane, Pepe, Essien – Khedira, Alonso – Di María, Özil, Ronaldo – Higuaín.
Apropos Mourinho. Was sagt der eigentlich über die Westfalen? Das: „Ich denke, man muss bei Dortmund nicht über die Schwächen reden, dafür sind sie einfach zu gut. Wir schauen daher nicht auf einzelne Spieler, aber wir wissen, dass die Dortmunder Mannschaft gespickt von guten Spielern ist und müssen ihnen Respekt entgegenbringen. Es wird ein schwieriges Spiel, alle Teams in Deutschland sind stark. Aber extra motiviert müssen meine Spieler nicht sein, denn das ist man alleine schon daher, dass man in der Champions League antreten darf. Insofern denke ich, dass sie auf das Spiel brennen. Ich gehe sehr optimistisch in diese Partie hinein.“
Erster Deutschland-Sieg seit zwölf Jahren im Visier
Bei einem Erfolg in Dortmund könnten die Königlichen gleichzeitig ein bitterlanges Negativerlebnis zunichte machen: Die Sieglosigkeit auf deutschem Boden seit sage und schreibe zwölf Jahren. Das letzte und zugleich auch einzige Mal gewinnen konnte das weiße Ballett im Jahr 2000 mit 3:2 bei Bayer Leverkusen. Die frischeste Pleite der Blancos in Deutschland war das 1:2 im April diesen Jahres. Gegner damals: Bayern München. Ob Madrid die Hürde dieses Mal wird überwinden können und sich im Duell der beiden Meister als der wahre Meister entpuppen können? Wie erwähnt wollen die Borussen das verhindern. „Real ist stark und wir wissen, dass es nicht leicht wird, aber es gibt keinen Grund, sie zu fürchten. Ich hoffe auf ein Spektakel, das wir mit einem Triumph beenden können“, schilderte Torjäger Robert Lewandowski die Dortmunder Marschroute.
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