Interview

Toni Kroos: „Irgendwann realisierst du: Okay, war nur ein Achtelfinale“

In „Einfach mal Luppen“, seinem Podcast mit Bruder Felix, lässt Toni Kroos Real Madrids Champions-League-Spektakel im Achtelfinale gegen Paris Saint-Germain Revue passieren. Der Mittelfeldstratege spricht über das Zustandekommen des 3:1 im Rückspiel, die Einordnung des Erreichten, seine Auswechslung nach knapp einer Stunde und die Wochen nach dem mit 0:1 verlorenen Hinspiel.

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Toni Kroos Real Madrid
Kroos steht mit Real Madrid im Viertelfinale der Champions League – Foto: IMAGO / ZUMA Wire

Toni Kroos: „Rückspiel um Welten besser“

…die denkwürdige Aufholjagd gegen Paris Saint-Germain: „Schon lange vor meiner Zeit, bevor ich nach Madrid gekommen bin, gab es diese Abende, von denen einem auch erzählt wird. Aber ich hatte auch schon das Glück, davon den einen oder anderen in den letzten Jahren zu erleben. Du glaubst dann einfach wirklich daran, es schaffen zu können, dass irgendwas immer passieren kann. Ich glaube, dass uns dieses Rückspiel insgesamt auch zurecht – wie es bis dahin gelaufen ist –, einen Grund gegeben hat, daran zu glauben.“

…das Rückspiel im Vergleich zum Hinspiel: „Wenn man es mit dem Hinspiel vergleicht, war das Rückspiel um Welten besser – und zwar von der ersten Minute an. Wir haben richtig gut angefangen, die ersten zehn, 15 Minuten. Wir hatten jetzt nicht diese 100-prozentigen Chancen, aber man hat gesehen, dass wir ganz anders rausgekommen sind als im Hinspiel. Wir haben uns da noch nicht belohnt, dann wurde es ein bisschen offener, gehen in Rückstand, was nicht nötig war. Wir haben unsere Chancen nicht genutzt, aber man hatte immer das Gefühl, dass eher ein Tor möglich ist als im Hinspiel. Da hatte ich zum Beispiel überhaupt nicht das Gefühl, da wusste ich nicht, wie wir jetzt hätten ein Tor machen sollen. Da waren wir nicht annähernd gefährlich, das war diesmal ganz anders.“

…den Ausgleich zum 1:1 in der 61. Minute: „Paris hat uns noch mehr in dieses Spiel reingeholt und Glauben verschafft mit dem Fehler zum 1:1. Und dann hintenraus noch mal mit dem Fehler zum 3:1. Dieses erste Tor hat allen noch mal einen Push gegeben. Das Stadion, das bis dahin wirklich schon überragend war, trotz des Rückstands… Sie haben gemerkt: Okay, die Mannschaft ist da, ist bereit, sie spielt gut und da ist noch was drin. Dann ist es noch mal so ein eigenes Spiel für sich geworden. Man hat gemerkt, dass jeder extrem noch mal mehr daran glaubt, das schaffen zu können. Aber klar, es gehören immer zwei Seiten dazu: Die einen, die weiter daran glauben und die anderen, die mithelfen und ab dann ein Stück weit mehr von der Rolle waren als vorher. Und so war so etwas möglich. Es war ein spezieller Abend und für uns eine gute Nachricht, dass wir im Viertelfinale sind.“

Auswechslung nach knapper Stunde: „Hätte länger spielen können“

…seine Auswechslung in der 57. Minute: „Ich habe mich Gott sei dank gut gefühlt, auch bei 100 Prozent. Ich war absolut bei 100 Prozent. Klar hatte ich die kleine Verletzung, aber ich schätze mich selbst so ein, dass ich selbst sage: Wenn ich nicht bei 100 Prozent bin, ist es keine gute Idee, gegen so eine Mannschaft allein auf der Sechs zu spielen, wo du auch weißt, dass du immer wieder draufgehen musst, auch den einen oder anderen längeren Weg nach hinten machen musst, dass du da voll da sein musst. Ich wusste es, dass ich es bin, weil ich schon am Tag davor nichts mehr von der Verletzung gemerkt hatte und ja sowieso grundsätzlich fit bin. Ich war nur vier, fünf Tage raus und habe mich während des ganzen Spiels gut gefühlt. Klar kann man dann von außen entscheiden, inwieweit man mit der Vorgeschichte sagt: Okay, wie lange soll der spielen? Ich hätte gefühlt auch länger spielen können, aber es ist auch absolut in Ordnung, so zu entscheiden. Diese Verletzung ist wirklich schnell und gut ausgeheilt.“

…die Aufarbeitung und Einordnung des Erreichten: „Du hast diese Euphorie und irgendwann realisierst du natürlich trotzdem: Okay, es war nur ein Achtelfinale. Aber es gibt natürlich zwei Arten von Achtelfinals: Das eine ist, dass du das Hinspiel 3:0 gewinnst, das Rückspiel runterspielst und dann weiterkommst. Oder ob du wirklich so ein Comeback schon im Achtelfinale hinlegst, gegen einen Mitfavoriten um den Titel spielst. Da ist noch mal eine ganz andere Geschichte dabei. Wenn du das so drehst, ist es klar, dass es sich im ersten Moment anfühlt, als wärst du im Wettbewerb schon deutlich weiter. Es zählt halt leider am Ende genauso viel, ob du jetzt Paris rausschmeißt oder eine andere Mannschaft. Aber einfach das Szenario, der Spielverlauf, der Gegner, das Stadion – das hat es zu einem sehr besonderen Achtelfinale gemacht.“

Toni Kroos: „Ist tatsächlich Kack-Gefühl in der Zeit“

…die drei Wochen zwischen Hin- und Rückspiel: „Natürlich hast du diese drei Wochen vom Hinspiel bis zum Rückspiel dieses Spiel nicht vergessen. Du spielst zwar weiter Liga, aber du weißt, dass du kein gutes Spiel gemacht hast, dass ein Spiel kommt, das du drehen musst. Es war ganz selten der Fall in meiner Zeit hier in Madrid, dass wir nach einem Hinspiel etwas drehen mussten. Ich erinnere mich damals an die Saison 2015/16, da haben wir das Hinspiel in Wolfsburg 0:2 verloren und mussten das drehen. Ansonsten kann ich mich echt an kein Hinspiel in der K.o.-Runde erinnern, wo du was drehen musstest. Das ist tatsächlich ein Kack-Gefühl in der Zeit, weil du musst in der Zeit die Liga weiterspielen, weil du da auch marschieren willst. Aber du hast immer im Hinterkopf: dieses Spiel haben wir verloren. Und irgendwann musst du es angehen, es zu drehen.“

…Luka Modrićs Riesen-Freude in der Kabine nach dem Triumph gegen PSG und sich, wie er erst einmal nur am Handy beschäftigt war: „Meine erste Frage nach dem Spiel, ob gewonnen oder verloren, ist, ob Zuhause alles okay ist. Wenn du mal ein Video sehen würdest nach ‚normalen‘ Spielen, da würde die ganze Kabine so aussehen. Luka hat sich sehr gefreut, wir haben uns alle sehr gefreut. Man sieht das den Leuten dann auch auf unterschiedliche Art und Weise an. Wann dann jetzt genau gefilmt, ist dann auch entscheidend. Es haben sich alle gefreut und ich habe natürlich Zuhause nachgefragt, ob alles okay ist. Ich glaube, Luka hat da in dem Moment nicht dran gedacht (lacht).“

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…die Minuten kurz vor dem Einlauf auf den Rasen: „Es ist ein Ritual, dass wir in der Kabine immer einen Kreis machen. Da wird sich dann noch mal ein bisschen motiviert. Das ist der letzte ‚Termin‘. Und dann geht es Richtung Spielertunnel, da habe ich es dann immer nicht ganz so eilig, weil das dauert eh immer alles noch. Wenn die meisten draußen sind, gehe ich noch ins Bad. Dann merke ich doch irgendwann: So, jetzt muss ich auch wirklich. Im Vorbeilaufen an meinem Platz schnappe ich mir die Jacke, die wir anziehen müssen zum Einlaufen. So gehe ich dann halt raus. Deswegen kann das vielleicht so rüberkommen, dass ich ein bisschen verplant da rauskomme mit der Jacke noch in der Hand.“

…eine mögliche Ansprache von Carlo Ancelotti innerhalb dieses Kreises: „In dem Kreis an sich nicht, aber vorher in der Kabine sagt der Trainer dann meist noch etwas Richtung Spiel, ein bisschen anfeuern. Im Kreis an sich einfach nur: ‚Uno, dos y tres: Madrid!‘ Und dann geht‘s los.“

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von
Filip Knopp

Begleitet den Mythos Real Madrid als Fan seit der Ära der „Galácticos“ und journalistisch bei REAL TOTAL seit Mitte 2011. Erfahrungen auch bei SPORT1 und SPOX, zudem Autor von »111 GRÜNDE, REAL MADRID ZU LIEBEN«.

Kommentare
Der Abstand, die angemessene Gewichtung des immer noch nur Sports, gefällt mir bei Ihm sehr. Das er ausgewechselt wurde war wichtig, an anderen Tagen wird er wieder wichtig sein...
 
Er behält alles stehts in einem angemessenen Auge und betrachtet auch alles im richtigen Rahmen - Toni wird niemals das wesentliche aus den Augen verlieren, nämlich seine Familie!
 

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