
Die Ausgangslage
- Die Lage könnte schlechter sein – vor dem ersten Madrider Derby der Saison bei Atlético (Samstag, 16:15 Uhr, im REAL TOTAL-Liveticker und bei DAZN) ist die Stimmung bei Real Madrid so gut wie schon lange nicht mehr. Nicht nur grüßen die Königlichen mit sechs Siegen aus den ersten sechs Spielen von der Tabellenspitze, sondern strotzen nach dem souveränen 4:1 bei Levante unter der Woche nur so vor Selbstvertrauen. Auch deshalb, weil Jude Bellingham und Eduardo Camavinga nach ihren Verletzungen wieder voll zur Verfügung stehen, sodass Trainer Xabi Alonso in fast allen Mannschaftsteilen die Qual der Wahl hat. Gleichzeitig stellt der Rekordmeister mit nur drei Gegentoren – nur eines kassierten die Blancos aus dem Spiel heraus – die beste Abwehr der Liga, und mit 14 eigenen Treffern den zweitbeste Offensive, denn nur der FC Barcelona erzielte noch mehr Tore an den ersten sechs Spieltagen der Primera División. Doch nicht nur das Momentum spricht für Real vor dem Duell beim Stadtrivalen: Obwohl der letzte Sieg im Metropolitano bereits drei Jahre zurückliegt (2:1 am 18. September 2022), haben die Merengues in der Simeone-Ära tatsächlich eine positive Derby-Bilanz auf des Gegners Platz. Seit der Argentinier 2011 Atlético übernommen hat, konnten die Rojiblancos nur drei Heimderbys in LaLiga gewinnen, Real hingegen triumphierte seitdem viermal bei Atleti. Für Alonso ist das Derbi Madrileño jedoch die erste große Prüfung in der noch jungen Saison, denn so beeindruckend die makellose Pflichtspielbilanz von sieben Siegen auch ist, war unter den bisherigen Gegnern objektiv betrachtet noch kein richtiges Schwergewicht dabei.
- Dabei hat der ehemalige Leverkusener Meistercoach aus seinen Spielertagen als Blanco noch beste Erinnerungen an Atlético. Als Real-Spieler verlor Xabi Alonso kein einziges Liga-Derby, auf der anderen Seite konnte er achtmal gegen die Colchoneros als Sieger vom Platz gehen. Und obwohl der Baske im legendären Champions-League-Finale 2014 in Lissabon, als Real Madrid auf dramatische Art und Weise den lang ersehnten zehnten Titel in der Königsklasse ausgerechnet gegen Atlético holte, nicht spielberechtigt war, gehören sowohl sein Lauf von der Tribüne bis an die Eckfahne nach Sergio Ramos’ Ausgleichstreffer in der 93. Minute als auch sein Foto mit der Trophäe nach Spielende zu den ikonischsten Bildern und Symbolen der „Décima“.
Der Gegner
- Während es beim Rekordmeister von Spiel zu Spiel besser und flüssiger läuft, tut sich der Stadtrivale seit Saisonbeginn sehr schwer, woran auch die kleine Remontada im Mini-Derby gegen Rayo Vallecano am vergangenen Mittwoch nicht viel ändert. Zwar drehte das Simeone-Team die Partie noch nach einem 1:2-Rückstand, und doch offenbarte der erst zweite Sieg der Saison mehr Schwächen als Stärken bei Atlético. Zwar lässt das einstige Bollwerk der Liga die zweitwenigsten Abschlüsse (7,5) in der Primera División zu, während Real in dieser Kategorie mit zehn zugelassenen Abschlüssen den fünften Rang belegt, und doch kassierten die einstigen Defensivspezialisten bereits sieben Gegentore – inklusive Champions League sind es sogar zehn in sieben Partien. Besonders bei hohen Bällen sowie bei Kontern präsentiert sich die Atlético-Defensive anfällig, es fehlt sichtbar an Abstimmung und Automatismen. Die offensive Bilanz liest sich mit neun Toren nach sechs Spielen maximal durchschnittlich – es ist gerade einmal der achtbeste Liga-Wert – und genau so wirkt auch das Angriffsspiel der Simeone-Truppe. Gegen Rayo war es nur einer außergewöhnlichen individuellen Performance von Julián Álvarez zu verdanken, dass es nicht den nächsten Punkteverlust gab. Tabellenplatz acht und neun Punkte Rückstand auf Tabellenführer Real Madrid spiegeln Atléticos bisherige Saisonleistung sehr treffend wider. Nach dem Rückstand gegen Rayo drohte die Stimmung im Metropolitano, in dem es seit Saisonbeginn erstmals spürbar brodelt, endgültig zu kippen, doch Álvarez rettete sein Team am Ende und entfachte mit seinem Dreierpack so etwas wie eine kleine Euphorie vor dem wichtigsten Spiel der Saison, was Heimspiele gegen die Blancos für Atlético seit Jahren zweifellos sind. Im Derby wird Simeone wieder auf Alexander Sørloth zurückgreifen können, der nach seinem Platzverweis im vorletzten Spiel gegen Mallorca nur für ein Spiel gesperrt wurde, während José Giménez, Jonny Cardoso und Thiago Almada weiter fehlen. So könnte Antoine Griezmann wieder auf die Ersatzbank rücken, zumal der Weltmeister von 2018 gegen Rayo in seinem erst zweiten Einsatz von Beginn an alles andere als überzeugen konnte. So oder so: Nach Ausgaben von rund 350 Millionen Euro in den letzten beiden Transfersommern hat sich Atleti noch immer nicht gefunden.
Voraussichtliche Startelf: Oblak – Giuliano Simeone, Le Normand, Hancko, Galán – Llorente, Koke, Barrios, Gallagher – Álvarez, Sørloth.
Personelles und voraussichtliche Aufstellung
- Erstmals seit Saisonbeginn hat Xabi Alonso so etwas wie die Qual der Wahl. Nicht nur kehrte Dean Huijsen bereits gegen Levante nach seiner abgesessenen Sperre zurück, sondern bekamen auch Jude Bellingham und Eduardo Camavinga wichtige Spielpraxis und machten dabei beide jeweils einen ziemlich stabilen Eindruck. Dazu konnten mit Vinícius Júnior und Raúl Asencio sowohl gegen Espanyol als auch bei Levante überzeugen, während Éder Militão mal verschnaufen konnte, sodass der Konkurrenzkampf im Lager der Königlichen seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht hat. Verzichten muss Alonso lediglich auf die drei Langzeitverletzten, alle anderen Stars sind fit und größtenteils in guter Form, und so könnte Reals Übungsleiter erneut einige Änderungen in der Anfangsformation vornehmen. Ob Bellingham, Camavinga, Rodrygo Goes oder Brahim Díaz starten oder doch wieder Franco Mastantuono, den Alonso auf der Pressekonferenz nach dem Abschlusstraining am Freitag fast überschwänglich lobte, oder auch Vinícius Júnior – viel Wahl für Reals Coach und viele kleine Denkaufgaben für Atléticos Diego Simeone auf der anderen Seite.
- Verletzt: Ferland Mendy (Oberschenkel), Antonio Rüdiger (Oberschenkel), Trent Alexander-Arnold (Oberschenkel)

Die Stimmen zum Spiel
Xabi Alonso (Cheftrainer Real Madrid): „Einerseits ist da die Vorbereitung des Spiels, das Training immer mit dem gleichen Fokus. Aber dann ist auch klar, dass es ein Derby ist, das ein besonderes Ambiente und eine sehr bedeutende Emotionalität hat. Es ist ein sehr schönes Spiel, wir erwarten morgen eine großartige Atmosphäre. Wir wollen mit einer guten Energie, einer guten Konzentration spielen und gewinnen hoffentlich. Atlético hat seinen Kader ziemlich verändert und ich habe mich auf die Spiele in dieser Saison fokussiert. Es wird nicht nur emotional, sondern auch taktisch und körperlich anspruchsvoll. Es ist eine Mannschaft mit viel Energie und verlangt dir einen sehr hohen Rhythmus ab. Wir müssen bereit dafür sein.“
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Diego Simeone (Cheftrainer Atlético): „Ich bewertedie Vergangenheit nicht, ich lebe in der Gegenwart. Ich sehe, dass Real Madrid als Mannschaft gewachsen ist, positionell sehr gut angreift und mit einer Defensivarbeit agiert, die sie dazu bringt, weiter vorne Druck auszuüben. Deshalb haben sie alle sechs Spiele gewonnen. Zu Beginn des Spiel gibt es keinen Punkteabstand, aber im Laufe der Partie entscheidet die Qualität der Mannschaften über den Ausgang, deshalb haben sie mehr Punkte. Es wird ein hart umkämpftes Spiel im Mittelfeld mit entscheidenden Übergängen. So stelle ich mir dieses Spiel vor.“
Statistiken und Besonderes
- GESAMTBILANZ: Bereits 219 Mal standen sich Real Madrid und Stadtrivale Atleti im Derbi Madrileño gegenüber. Dabei gingen mit 109 Siegen mehr als 50 Prozent der Duelle an die Königlichen. In 55 Aufeinandertreffen behielten die „Rojiblancos“ die Oberhand (Siegquote: 25,2 Prozent) – 55 Aufeinandertreffen endeten unentschieden. Vorsicht: Von den letzten fünf Liga-Duellen konnte Real nur eines gewinnen.
- REAL AUCH ALS GAST STÄRKER: Nicht nur die Gesamtbilanz spricht für die Königlichen, sondern auch die Derby-Historie auf Atléticos Platz, denn von den bisher 95 Stadtduellen als Gast gewann Real 38, die Rojiblancos hingegen nur 30, 27 Partien endeten unentschieden.
- BESONDERES SPIEL FÜR VINI: Neben dem Gastspiel beim FC Valencia ist das Stadtderby im Metropolitano für Vinícius Júnior seit Jahren das wohl schwierigste Pflaster einer jeden Saison. Spätestens im Januar 2023 überschritten Atlético-Fans, die den Brasilianer regelmäßig zur Zielscheibe von Beleidigungen und teilweise auch rassistisch motivierten Angriffen machen, die Grenze des einigermaßen vertretbaren, als kurz vor dem Derby eine aufblasbare Puppe mit einem Trikot des Brasilianers an einer Brücke befestigt wurde. Darüber hing ein Transparent mit der Aufschrift “Madrid odia al Real” (Madrid hasst Real). Im vergangenen Sommer wurden wegen dieses Vorfalls fünf Männer mit Haftstrafen belegt. Kann Reals Angreifer den Schwung aus den letzten beiden Partien mitnehmen und die richtige Antwort mit Leistungen auf dem Platz geben?
- SCHIEDSRICHTER: Der Technische Schiedsrichterausschuss (CTA) hat Javier Alberola Rojas (34) zum Schiedsrichter für das Madrid-Derby ernannt. Es ist das dritte Derby in der Karriere von Alberola Rojas, der seine neunte Saison in der Primera División bestreitet, seit 2024 international tätig ist und letztes Jahr vom CTA zum besten Schiedsrichter der höchsten spanischen Spielklasse gekürt wurde. Er ist der Schiedsrichter mit den wenigsten Karten unter den 20 LaLiga-Schiedsrichtern: Im Durchschnitt verteilt er 3,5 gelbe und 0,2 rote Karten pro Spiel. Die beiden vorherigen Derbys von Alberola Rojas stammen beide aus der Saison 2023/24, als er das Spiel im Metropolitano in der Liga sowie das Halbfinale der Supercopa der España pfiff. Das zweite gewann Real Madrid mit 5:3 in der Verlängerung, das erste endete mit einem 3:1-Sieg für Atlético und sorgte beim Rekordmeister für große Unruhe aufgrund mehrerer Entscheidungen von Alberola, die als nachteilig empfunden wurden. So beanstandeten die Blancos, dass das erste Tor von Morata wegen eines Fouls an Bellingham zu Beginn des Spielzugs hätte aberkannt werden müssen, dass das wegen einer Abseitsstellung von Rüdiger aberkannte Tor von Camavinga (das zum 2:2 geführt hätte) doch hätte zählen müssen und Giménez wegen eines harten Fouls an Rodrygo, für das er nur die gelbe Karte sah, vom Platz gestellt werden hätte müssen. In keinem der drei Fälle griff der VAR ein. Außerdem sei daran erinnert, dass dieser Schiedsrichter während seiner Zeit in der höchsten spanischen Fußballliga, wo er seit 2017 Spiele leitet, insgesamt 7.400 Euro in 13 Zahlungen für die Dienste des Javier Enríquez, Sohn von José María Enríquez Negreira, gezahlt haben.
- WIEDERSEHEN: Im Kader der Colchoneros steht nur noch ein Spieler, der in seiner Vergangenheit mal das weiße Trikot trug: Marcos Llorente. Der vielseitig einsetzbare Außenbahnspieler hatte unter Zinédine Zidane zwar lediglich eine untergeordnete Rolle inne, sein Abgang brach aber damals so manchem Madridista das Herz. Zudem interessant: Julián Álvarez absolvierte vor seinem Wechsel zu River Plate vor vielen Jahren unter anderem bei Real Madrid einige Probetrainings und traf in einem Jugendturnier in fünf Spielen zweimal für den Nachwuchs des Rekordmeisters. Damals verhinderte lediglich die Altersbeschränkung einen Wechsel an die Concha Espina. Auf der anderen Seite wird es auch für Thibaut Courtois ein besonderes Wiedersehen mit seinem Ex-Klub.
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