
Real Madrid hat mal wieder die Copa del Rey verloren. Aber im „worst case“ war das noch nicht alles: Die Art und Weise, wie Carlo Ancelotti die (verdiente) 0:1-Niederlage angegangen ist und über sich ergehen ließ, könnte auch einen enormen Vertrauensverlust im Team bedeuten.
Dass es sportlich schwer erklärlich ist, weder Eden Hazard, noch Gareth Bale oder Luka Jović zumindest in der Schlussphase einzuwechseln, und dass Vinícius Júnior an so einem Abend als Joker geeigneter wäre, hat Filip Knopp in seinem Kommentar bereits erörtert. Mir geht es eher noch um die Folgen im Team – denn das ist der eigentliche Verlierer an diesem Abend, das Mannschaftsgefüge.
Sofern Hazard, Bale und Jović sich denn vorher überhaupt noch „wichtig“ gefühlt haben, so dürfte sich das am Donnerstagabend wohl endgültig erledigt haben. Selbst Federico Valverde und Dani Ceballos könnte man hier auflisten als Spieler, denen man zumindest noch mehr Willen zugetraut hätte in einer Partie, in der Real Madrid nie die Oberhand über Spiel und Gegner bekam. Zumindest Hazard, Ceballos und Co. konnten sich zehn Tage auf die Aufgabe im San Mamés vorbereiten, den Südamerikanern blieben nur wenige Stunden.
Ja, ohne Karim Benzema fehlt nunmal der wichtigste Spieler. Aber dass sich Ancelotti lieber ein Experiment mit Marco Asensio als „falsche Neun“ zutraut und drei Brasilianer starten lässt, die 42 Stunden vorher noch 8.000 Kilometer entfernt waren, obwohl es Alternativen gab, ist schwer zu erklären. Noch schwerer, dass er zu wenig und zu spät reagierte. Isco und Camavinga für Vinícius und Kroos, das war’s. „Die Wechsel habe ich aus Ermüdungs-Gründen gemacht. Mir blieben noch Wechsel, ich habe daran gedacht, davon in der Verlängerung Gebrauch zu machen. Aber leider hat Bilbao in letzter Minute getroffen, sodass ich keine Zeit mehr hatte, andere Spieler zu bringen“, erklärte der Italiener auf der Pressekonferenz. Sieben Minuten wurden nach Álex Berenguers Treffer noch gespielt, dennoch hüteten Bale und Co. weiter die Bank – das ironische weil verständnislose Lachen des Walisers ist da schon eher verständlich.
Hazard, Bale und Jović mögen alle ihre Fehler gemacht und bei nicht bei allen Fans Pluspunkte gesammelt haben, aber sicher ist jetzt auch: Ancelotti vertraut ihnen noch weniger. Und dieser Vertrauensverlust könnte dem Italiener noch um die Ohren fliegen – so hat sich sein eigentlich 26-Mann-Kader am Donnerstagabend erneut reduziert auf nur 13, 14 Akteure, auf die „Carletto“ wirklich zählt. Wie Zinédine Zidane droht auch Ancelotti der Kader aus der Hand zu gleiten, und das nicht zum ersten Mal, nachdem auch beim Liga-Hinspiel in Elche (2:1) Benzema fehlte, aber Mariano Díaz anstelle des angeblich angeschlagenen Jović startete. Im Liga-Rückspiel gegen Elche (2:2) wurde der Serbe zwar für 32 Minuten eingewechselt, kam aber nur auf sieben Ballkontakte. Ancelottis irritierende Erklärung zur fehlenden Torgefahr ohne Benzema: „Das sind keine Strafraum-Stürmer.“ Und Jović habe sich „in der letzten Zeit leider nach seiner Coronavirus-Infektion nicht gut gefühlt“. Ob sich der Mittelstürmer überhaupt nochmal “gut” fühlen wird, wenn er hinter Benzema, Mariano und Asensio nicht mal wirklich vierte Wahl ist?
260 Millionen Euro Angriffsmöglichkeiten saßen auf der Bank, drei „Galáctico“-Transfers, die nicht ganz unverschuldet einen mehr als schweren Stand haben, durften ihr Glück mal wieder nicht versuchen, weil ihr Trainer ihnen offensichtlich nicht vertraut. Während die einen Stammspieler unter Dauerbelastung stehen, ihnen mittlerweile die Frische abgeht und es so nicht nur bei Benzema, sondern auch bei Ferland Mendy zu Ermüdungserscheinungen kommt, versauern andere auf der Bank. Ohne Rotationen gibt es weder Pausen noch Konkurrenzkampf – beides ist für die entscheidenden Monate, für die letzten offenen Titelrennen unabdingbar. Immerhin: Noch war das “nur” das Aus in der “ungeliebten” Copa, noch hat Real in der Liga und dank des Benzema-Comebacks auch gegen PSG beste Karten. Noch ist nichts verloren, außer vielleicht das Vertrauen zwischen einigen Spielern und ihrem Trainer.
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