
Laporta vor der größten Herausforderung
BARCELONA. Die Ausgangslage vor dem 26. Spieltag in LaLiga könnte für den FC Barcelona besser kaum lauten: Stolze neun Punkte beträgt der Vorsprung, den man vor dem Clásico (Sonntag, 21 Uhr, im REAL TOTAL-Liveticker und bei DAZN) an der Tabellenspitze auf Verfolger Real Madrid besitzt. Rein sportlich konnten die Protagonisten aus Barcelona schon lange nicht mehr derart entspannt in ein Duell mit dem ungeliebten Rivalen aus der Hauptstadt gehen. Ein Sieg würde das Tor zur Meisterschaft weiter aufstoßen, ein Punktverlust keinen Weltuntergang bedeuten.
Wäre da bei Barça nicht etwas, dass Sorgen zu bereiten scheint. Während sich Trainer Xavi Hernández und seine Schützlinge auf dem Trainingsplatz sportlich konzentriert auf den Clásico vorbereiten, hat Präsident Joan Laporta zu kämpfen. Das Oberhaupt der Katalanen sieht sich der größten Herausforderung seiner bislang knapp über zwei Jahre anhaltenden zweiten Amtszeit ausgesetzt: einem vermeintlichen Korruptionsskandal.
Real Madrid würde gegen Barça vor Gericht treten
Durch Enthüllungen spanischer Medien ist mittlerweile klar und belegt, dass der FC Barcelona von 2001 bis 2018 fast sieben Millionen Euro an den damaligen Vizepräsidenten des spanischen Schiedsrichterkomitees CTA, José María Enríquez Negreira, zahlte. Die damit einhergehenden Vorwürfe könnten aus Barça-Sicht besorgniserregender kaum sein: (mögliche) Korruption und Manipulation. Die Staatsanwaltschaft hat laut EL PAÍS entschieden, den „Caso Negreira“ vor Gericht zu bringen – zumindest so weit es die Verjährungsfristen noch zulassen.
Da kommt auch Real Madrid ins Spiel. Am vergangenen Sonntag, exakt eine Woche vor dem Clásico, veröffentlichten die Königlichen ein Kommuniqué. Der Tenor: Der Klub vertraut der Justiz in dem Fall und würde vor Gericht selbst auch als Mitkläger erscheinen. Die Mitteilung legt aber ebenso offen, sich durchaus auch gegen Barça zu stellen. Zu den Katalanen pflegt man, nicht zuletzt wegen des gemeinsamen Plans an der Realisierung der Super League, eine eigentlich gute Beziehung – zumindest geschäftlich.
Aber Barça soll unschuldig sein
Das Verhältnis der beiden spanischen Fußballgroßmächte gilt aber zu bröckeln. Während EL PAÍS spekuliert, das traditionelle Mittagessen der Direktoren vor dem Clásico könnte vor diesem Hintergrund ausfallen, will die in Barcelona ansässige MUNDO DEPORTIVO bereits in Erfahrung gebracht haben, dass Laporta und seine Kollegen das obligatorische Meeting zur Mittagsstunde abgesagt hätten. Es werde sich direkt im Camp Nou getroffen. Die Stimmung wirkt angespannt.
Laporta bestätigte diesen Eindruck bereits vor wenigen Tagen. Im Rahmen einer Versammlung seines Klubs war der Rechtsanwalt und Politiker den Tränen nahe, als er seinen Verein zu verteidigen versuchte. Der Präsident forderte vor dem Clásico die Culés auf, „die Mannschaft mehr denn je zu unterstützen, denn wir haben eine große Chance, unserem Ziel in dieser Saison näher zu kommen, nämlich die Liga zu gewinnen“. Es sei weiterhin eine „Kampagne“, die gegen den FC Barcelona laufe. Und es sei selbstredend „kein Zufall“ – schließlich strebt Barça in LaLiga endlich wieder auf.
Brisanz im Clásico
„Es wird Zeit sein“, fügte er hinzu, um von dem „Wunsch“ zu erzählen, „zu erklären, wer, warum und wie sie diese Kampagne inszenieren“. Die Fans bat er darum, „keinen Zweifel“ daran zu haben, „dass wir uns verteidigen werden, und wir werden uns nicht nur verteidigen, sondern angreifen“. Seine Quintessenz: Barça ist unschuldig, denn hinter dem „Caso Negreira“ steckt lediglich ein „technischer Beratungsdienst für Schiedsrichter“, der bei Klubs Usus sei. Hinsichtlich Sonntag erklärte er, mehr denn je einen Sieg zu wollen: „Wir dürfen uns nicht mit Aspekten beschäftigen, die die Aufmerksamkeit unserer Spieler ablenken könnten.“
Ginge es nach ihm, sollte der „Caso Negreira“ ohnehin bald kein Thema mehr sein. Erst recht nicht im Clásico, wenn man auf unangenehme Weise den Madrider Verantwortlichen um Präsident Florentino Pérez gegenübersteht. Doch das letzte Wort scheint noch lange nicht gesprochen zu sein. Das Ausmaß der strafrechtlichen Konsequenzen ist noch nicht absehbar. Ebenso wenig wie die Entwicklung der Beziehung der beiden Klubs. Barça könnte mit einem Sieg gegen Real die angespannte Gemütslage temporär besänftigen und sportlich positive Schlagzeilen schreiben. Andersrum könnten die Blancos mit einem Erfolg in Camp Nou weitere Unruhe in Barcelona stiften – und möglicherweise doch noch mal in den Meisterschaftskampf eingreifen. Der 252. Clásico, er verspricht Brisanz.
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