
6:0 hatten sie gespielt. Als letzte Woche das Endergebnis des Geheim-Tests gegen den FC Getafe durchsickerte, dürfte sich der eine oder andere Fan von Real Madrid verwundert die Augen gerieben haben. Derart hohe Resultate waren sie gerade nach dem Endspurt der Meister-Saison mit den so vielen minimalistischen Siegen nicht mehr wirklich gewohnt.
Aber was nützt einem schon ein so deutlicher Erfolg in Vorbereitung auf die neue Spielzeit, wenn man das Tor dann beim Pflichtspiel-Auftakt kein einziges Mal trifft? Gegen Real Sociedad kamen die Königlichen am Sonntag nicht über ein 0:0 hinaus. Das ist angesichts der Tatsache, dass es sich bei dem baskischen Kontrahenten immerhin um einen Europa-League-Teilnehmer und den Finalisten des Pokal-Endspiels 2019/20 handelt, keine Katastrophe. Zweifellos kann allerdings von zwei verlorenen Punkten gesprochen werden, denn Zinédine Zidanes Team hatte die Begegnung über die meiste Zeit in seiner Hand.
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Die Madrilenen dominierten mit am Ende 68 Prozent Ballbesitz, 14 Schüssen und sechs Schüssen auf das Tor, waren aber nicht fähig genug, das Runde in das Eckige zu befördern. Eine besorgniserregende Erkenntnis: Aus der Angriffsreihe scheint weiterhin nur von Karim Benzema Gefahr auszugehen. Aber wenn selbst er trotz mehrerer Versuche wie gegen die Basken glücklos bleibt, sieht es für das Kollektiv schlecht aus.
Rodrygo Goes und Vinícius Júnior flankierten Benzema, sind vor dem Tor aber keine großen Faktoren. Luka Jović und Borja Mayoral wurden gar nicht erst eingewechselt, weil Zidane nicht einmal in der Schlussphase seine Taktik mit einem zentralen Angreifer sprengen wollte. Einen Doppelsturm, den ein Jović zu seiner Entfaltung so dringend bräuchte, wird es unter ihm wohl auch weiterhin nicht geben. Mit Marvin Park wechselte „Zizou“ dafür überraschend einen Jungspund ein, der zuvor noch nie für die Real-Profis gespielt hatte.
„Auftakt ohne Pulver im Geschoss“, titelt die Sportzeitung AS nach der Nullnummer. „Real Madrid beginnt mit dem gleichen Problem“, erinnert die MARCA derweil an so viele andere Partien in der Post-Cristiano-Ronaldo-Ära, nach denen sich das Ensemble über fehlende Durchschlagskraft und als Resultat dessen verlorene Punkte ärgern musste. Bezeichnend war schon vergangene Saison, dass mit Sergio Ramos ein Innenverteidiger intern nach Benzema (27) die meisten Treffer markierte (13). Normal ist das nicht.
Auch wenn sie sich in Madrid von Marco Asensio einiges erwarten, liegen die Hoffnungen jetzt umso mehr auf Eden Hazard. Real hatte schließlich über 100 Millionen Euro auf den Tisch gelegt, damit er den Unterschied ausmacht – wozu in der Abteilung Attacke anno 2020 scheinbar nur noch Benzema in der Lage ist.
Man könnte meinen: Das Abschneiden der Madrilenen in dieser Spielzeit wird vor allem von Hazard abhängen. Ob sie erneut Meister werden. Wie weit sie es in der Champions League schaffen. Ob sie den Pokal mal wieder gewinnen. Jetzt braucht Real ihn aber mal wirklich in Top-Form! Hazard muss eine zweistellige Anzahl an Toren erzielen, Tore vorbereiten, spielerisch überzeugen, endlich beschwerdefrei bleiben – was für ihn in Diensten des FC Chelsea über viele Jahre alles Standard war.
Beim LaLiga-Auftakt stand er nicht im Kader, weil der rechte Knöchel ihm nach den gravierenden Verletzungen aus der letzten Saison noch zu schaffen macht. Ein Zustand, der allmählich aber nicht mehr allzu lange anhalten darf. Es ist an der Zeit, es allen zu zeigen. Wenn nicht jetzt, wann dann? Hazard weiß selbst, dass er liefern muss: „Über mich wird in meiner zweiten Saison geurteilt. Es wird an mir liegen, in einer guten Form zu sein.“ Und Real zu Erfolgen, darunter vielleicht ja mal wieder einem Pflichtspiel-6:0, zu führen…
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