Kommentar

Wort zum Liga-Titel: Real Madrid ist zu spät Meister geworden

Real Madrid erreicht mit dem Gewinn der spanischen Meisterschaft das schon weit vor Saisonbeginn ausgerufene Ziel von Zinédine Zidane. Der Titel geht so sehr in Ordnung, dass er eigentlich schon eher hätte eingetütet werden müssen. Das Wort zum Liga-Triumph von REAL TOTAL-Redakteur Filip Knopp.

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Real Madrid
Feier-Stimmung bei den Königlichen – Foto: imago images / Cordon Press/Miguelez Sports

Man könnte meinen, Zinédine Zidane sei müde von all den Henkelpokalen gewesen. Nachdem der Franzose am 11. März 2019 auf den Trainerstuhl des zu jener Zeit am Boden liegenden Real Madrids zurückgekehrt war, machte er am 24. April 2019 ganz deutlich klar, welcher Wettbewerb für ihn nun erst einmal Priorität haben wird. „Nächstes Jahr steht die Liga für mich und die Spieler an erster Stelle, so viel steht fest“, sagte „Zizou“, der zwischen 2016 und 2018 dreimal in Serie die UEFA Champions League abgeräumt hatte.

Das also schon weit vor der Saison ausgerufene Ziel hat Real jetzt erreicht. Nach zuletzt neun Erfolgen am Stück folgte am Donnerstagabend mit dem 2:1 gegen den FC Villarreal und dem daraus resultierenden Titelgewinn das I-Tüpfelchen.

Eigentlich gibt es daran nichts zu beanstanden, wenn der letzte Liga-Triumph schon drei Jahre zurücklag. Davor wiederum war Real satte fünf Jahre lang leer ausgegangen. Wenn man dennoch das Haar in der Suppe suchen möchte, könnte man behaupten: Diesen Titel hätte man eigentlich schon vor dem 37. Spieltag einfahren müssen. Real hatte es in dieser Saison als Widersacher nämlich mit einem FC Barcelona der besonders schwachen Art zu tun – obwohl Lionel Messi dort noch immer seine Magie versprüht.

Vereinspolitisch rissen die negativen Schlagzeilen kaum noch ab, unter Präsident Josep Bartomeu jagte und jagt eine Krise die nächste. Der Eindruck einer Selbstzerstörung. Sportlich lief es vergleichsweise zwar besser, jedoch kaschierten nicht gerade wenige schmeichelhafte Siege teilweise ziemlich durchwachsene Auftritte. Barça lebte und lebt besonders von der individuellen Klasse von Messi und Torwart Marc-André ter Stegen. Real hätte das gnadenloser ausnutzen müssen!

Bei den mannschaftlich viel geschlosseneren und ausbalancierteren Madrilenen hätte es keinen allzu größeren Aufwand benötigt, um noch mehr Punkte einzufahren.

Man erinnere sich an den Clásico im Dezember (0:0), den das überlegene Zidane-Team definitiv auch hätte gewinnen können. Der Schiedsrichter pfiff zwei Foulspiele im Strafraum an Raphaël Varane binnen kurzer Zeit nicht. Oder das total unnötige 1:1 im ersten Heimspiel gegen Underdog Real Valladolid, als zwei Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit die Konzentration etwas wich und das Gegentor fiel – genauso wie Mitte Februar beim späten 2:2-Schock gegen Celta Vigo. Oder das 0:0 bei Atlético, als Eden Hazard die Unterkante der Latte traf. Oder das 0:0 im Estadio Santiago Bernabéu gegen Real Betis, als Ferland Mendy mit dem Ball am Fuß allein auf das Tor zulief, aber daneben schoss.

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Zehn Zähler wurden hier leichtfertig liegen gelassen. Diese fünf Unentschieden hätten gut und gerne fünf Erfolge werden können – sodass die Entscheidung nicht erst am 37. Spieltag, sondern eine Runde oder sogar zwei Runden zuvor gefallen wäre. Und das wäre auch angebracht gewesen, weil es in dieser Liga nur einen Gewinner geben konnte: Real Madrid.

¡HALA MADRID Y NADA MÁS!
#34Ligas | #RealFootball

Gepostet von Real Madrid C.F. am Donnerstag, 16. Juli 2020

Nach etlichen der 26 Siege wurde konstatiert: So wird man Meister. Unangenehme Aufgaben, die sonst in den Sand gesetzt worden waren, wurden diesmal gemeistert. Gerade auswärts. Mehr und mehr entwickelte sich so das Gefühl, dass es in dieser Saison mal wieder etwas mit der Meisterschaft werden würde. Und dieses Gefühl war kein falsches.

Einen maßgeblichen Anteil daran hat neben Goalgetter Karim Benzema sowie der bärenstarken Defensive um Thibaut Courtois, dem schier unbezwingbaren Torwart, und Sergio Ramos, dem Abwehrchef, Leitwolf und Torjäger in Personalunion, der wohl berühmteste Glatzkopf des Weltfußballs. „Dieser Titel macht mich glücklicher als die Champions-League-Erfolge“, sagt Zidane freudetrunken. Er schätzt den Wettbewerb so sehr, weil er der ehrlichste ist, weil dort die Konstanz am Ende über den Gewinner entscheidet.

Florentino Perez Zinedine Zidane
Pérez schwärmt von Zidane – Foto: imago images / Cordon Press/Miguelez Sports

Zidane steht jetzt bereits bei elf Pokalen nach 209 Spielen als Real-Trainer. In der gesamten Vereinsgeschichte hat mit 14 nur Miguel Muñoz (1959 bis 1975) mehr. Zidane garantiert Erfolge. 2015/16: Champions League. 2016/17: Super Cup, Klub-WM, Meisterschaft, Champions League. 2017/18: Super Cup, Supercopa, Klub-WM, Champions League. Als er in der Saison 2018/19 zurückkehrte, konnte er nichts mehr machen. Alle Wettbewerbe waren deutlich verloren. Jetzt, 2019/20, nach der Supercopa der Liga-Titel.

Kein Wunder, dass Florentino Pérez sagt: „Er ist ein Segen des Himmels und soll noch lange bei uns sein.“ In Madrid wird der Präsident nicht der Einzige sein, der sich das wünscht…

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von
Filip Knopp

Begleitet den Mythos Real Madrid als Fan seit der Ära der „Galácticos“ und journalistisch bei REAL TOTAL seit Mitte 2011. Erfahrungen auch bei SPORT1 und SPOX, zudem Autor von »111 GRÜNDE, REAL MADRID ZU LIEBEN«.

Kommentare
Weiß jemand wann man heute Real Madrid TV schauen kann, um die kleine Feier sehen zu können?

HALA MADRID Y NADA MAS!
 
Real Madrid hat in dieser schweren Zeit die nicht mehr geglaubte Meisterschaft geholt und das gilt es zu würdigen und zu feiern. Alles andere ist meckern auf hohem Niveau, denn eine Saison ist immer lang und es gibt jedes Mal Höhen und Tiefen. Die Meisterschaft geht hochverdient nach Madrid, weil sie besser als Barcelona waren, auch im direkten Vergleich.
 
Es stimmt, nächste Saison wird man sich (über die ganze Meisterschaft gesehen) steigern müssen, denn auch die Konkurrenz wird sich steigern.

Dennoch ist dieser Meistertitel nicht minder schön oder wertvoll. Aktuell darf gefeiert werden, die Mannschaft hat es sich verdient.
 
Es stimmt, nächste Saison wird man sich (über die ganze Meisterschaft gesehen) steigern müssen, denn auch die Konkurrenz wird sich steigern.

Dennoch ist dieser Meistertitel nicht minder schön oder wertvoll. Aktuell darf gefeiert werden, die Mannschaft hat es sich verdient.
Ich stelle mal die These auf, dass Barca genau eine Sache nicht tun wird, und das ist sich zu steigern. Das Team ist zu 100% abhängig von Messi, alle wichtigen Feldspieler bis auf De Jong und Lenglet werden älter und tendenziell schwächer. Transfer werden nicht viele getätigt werden können. Wenn wir uns halbwegs clever anstellen, sind wir nächste Saison auf dem Papier der absolute Favorit
 
Stimmt natürlich. Auf der anderen Seite waren auch viele knappe Siege dabei, wo wir - vor allem letzte Saison - den Sieg noch verspielt hätten. Allein gestern das Spiel gegen Villarreal oder auch vor ein paar Tagen bei Granada, letzte Saison hätten wir da maximal noch das 2:2 geholt. Von daher ist unsere Punkteausbeute schon okay und vor allem diese Abgezocktheit alle Spiele nach der Coronapause gewonnen zu haben ist echt beeindruckend.
Jetzt können wir befreit bei City aufspielen und können dort eigentlich nur gewinnen, weil kaum einer erwartet, dass wir das noch drehen. Und auch wenn uns das nicht gelingt, haben wir den Meistertitel in der Hand und im Clásico-Vergleich 2:0 gegen Barca gewonnen.
Für die nächsten Jahre sehe ich eine positive Zukunft auf uns zukommen, mit zahlreichen guten Talenten auf unserer Seite und der Selbstzerstörung der Katalanen auf der anderen Seite. Herrlich!
 
Real Madrid hat in dieser schweren Zeit die nicht mehr geglaubte Meisterschaft geholt und das gilt es zu würdigen und zu feiern. Alles andere ist meckern auf hohem Niveau, denn eine Saison ist immer lang und es gibt jedes Mal Höhen und Tiefen. Die Meisterschaft geht hochverdient nach Madrid, weil sie besser als Barcelona waren, auch im direkten Vergleich.

Du schreibst seit einiger Zeit extrem viel und echt tolle Beiträge.
Hast du das schon immer so häufig gemacht?
Habe das Gefühl du bist aktiver geworden :D
 
Du schreibst seit einiger Zeit extrem viel und echt tolle Beiträge.
Hast du das schon immer so häufig gemacht?
Habe das Gefühl du bist aktiver geworden :D

Danke dir! Wenn Zeit und Lust da sind, schreibe ich gerne etwas und lese auch sehr gerne. Wir haben doch die Meisterschaft eingetütet, da muss viel geschrieben werden:party:
 
Ich stelle mal die These auf, dass Barca genau eine Sache nicht tun wird, und das ist sich zu steigern. Das Team ist zu 100% abhängig von Messi, alle wichtigen Feldspieler bis auf De Jong und Lenglet werden älter und tendenziell schwächer. Transfer werden nicht viele getätigt werden können. Wenn wir uns halbwegs clever anstellen, sind wir nächste Saison auf dem Papier der absolute Favorit

Ich denke das sie den Trainer wechseln werden, Messi sprach gestern klare Worte und schob zu großen Teilen Setien die Schuld zu. Was man jetzt von diesem Stil halten mag? Aber es scheint, dass im Gegensatz zu uns, es in der Kabine rumort und sie nicht für den Trainer spielten, dies fällt dann schon einmal weg.
Dazu kommt das sie Wut im Bauch haben werden, wegen der vermeintlichen Bevorzugung des VAR und uns jagen wollen werden. Ich habe keine Angst, aber ein neuer Trainer, Pimienta der Nachwuchscoach ist im Gespräch, der auch wieder mehr auf die Jugend setzen würde und den immer noch guten Kader wieder motiviert, sei es allein durch eine empfundene Unrechtbehandlung, ist immer noch ein ebenbürtiger Gegner.
Ich finde wir sollten nur auf uns sehen, ich bezweifle das wir noch einmal in der Lage sein werden, mit so schlechtem Offensivfußball die Liga zu gewinnen. Wir haben immense Probleme überhaupt strukturiert Torchancen zu kreieren und die Besinnung auf eine stabile Defensive und das Wissen das wir Probleme haben Tore zu erzielen, erfordert eine große psychische/physische Kraftanstrengung, ich bezweifle dass die Mannschaft das noch einmal eine Saison durchsteht. Es waren viel zu viele Partien dabei, die durch Mentalität, eine gewisse Restqualität in der Offensive und durch die ein oder andere fragwürdige Schiedsrichterentscheidung (womit ich nicht von Betrug rede, sie waren uns tendenziell aber eher gewogen) in unsere Richtung tendierten.

Es ist ein absolut verdienter Titel, aber er stimmt mich keineswegs blauäugig, dafür war der angebotene Sport zu dürftig und ich habe im Moment wenig Zuversicht, dass wir durch interne Erkenntnisgewinne für große sportliche Verbesserungen sorgen können und Corona bedingt, erwarte ich auch keine großen externen Verbesserungen.
 

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