
Bettoni startet eigene Cheftrainer-Karriere
MADRID. Er war als Trainer einmal da, ein zweites Mal auch. Ob Zinédine Zidane in seiner Funktion als Chefcoach noch ein drittes Mal bei Real Madrid die Geschicke leiten wird? Irgendwann bestimmt. Auf David Bettoni würde er dann aber sehr wahrscheinlich verzichten müssen. Der bisherige Assistent von „Zizou“ will ab sofort sein eigenes Ding machen. Nicht jedoch, weil zwischen den beiden Franzosen etwas Negatives vorgefallen ist. Im Gegenteil.
„Es hat sich in den letzten drei oder vier Monaten der letzten Saison entwickelt. Ich habe viel mit ‚Zizou‘ gesprochen, denn wir haben eine Freundschaft, die über den Fußball hinausgeht. Es sind mehr als 35 Jahre, die unsere Beziehung anhält. Er ist für mich wie ein Bruder und hat mir immer gesagt, dass ich fähig bin, um allein zu trainieren“, sagte Bettoni in einem Interview mit der Sportzeitung AS.
In der vergangenen Spielzeit hatte der 49 Jahre alte Franzose Chef Zidane in zwei Begegnungen an der Seitenlinie von Real vertreten, da dieser wegen einer Coronavirus-Infektion verhindert gewesen war. Eine Erfahrung, die seine Lust auf eine Karriere als Cheftrainer offenbar zusätzlich verstärkt hat. „Ich habe mich wohl dabei gefühlt“, so Bettoni. „Ich dachte mir: Warum nicht? Ich habe ‚Zizou‘ diesen Sommer angerufen, um ihm zu sagen: ‚Ich bin mental bereit‘“, verriet der schüchtern wirkende Übungsleiter, der zwar derzeit ebenso wie Zidane keiner Beschäftigung nachgeht, aber „offen für alles“ sei.
„Man muss an den Druck denken, den Zidane hatte“
Bettoni dürfte für so einige Vereine auch durchaus ein interessanter Kandidat sein. Schließlich besitzt er ebenso seine Aktien daran, dass Real unter Zidane mit den drei Champions-League-Titeln in Serie eine der erfolgreichsten Epochen der eigenen Geschichte erlebte.
Zidane habe gerade vor dem Hintergrund „seiner zuvor nur anderthalbjährigen Erfahrung bei der Castilla hat er Spektakuläres geleistet. Man muss an den Druck denken, den er hatte. Er war die Ikone, die Legende. Für ihn war es eine doppelte Verantwortung. Und ich denke, dass man mit der Kritik etwas ungerecht zu ihm war. Manchmal hat uns das getroffen“, gestand Bettoni.

„Eine Lektion, wie man eine Mannschaft voller Stars führt“
Anfang Januar 2016 und Mitte März 2019 übernahm „Zizou“ bei den Profis jeweils das Zepter. Beide Amtszeiten brachten ihre eigenen Herausforderungen mit sich: In der einen war Cristiano Ronaldo noch da, in der anderen dann nicht mehr.
Bettoni: „Als wir Madrid 2016 übernahmen, war die Mannschaft fertig. Ihr fehlte vielleicht etwas Selbstvertrauen. ‚Zizou‘ hat eine Lektion erteilt, wie man eine Mannschaft voller Stars führt. Wir haben dreimal die Champions League gewonnen. Zur zweiten Etappe lautete die Frage dann: Wie machen wir es ohne die 40 Tore von Cristiano? Wir mussten defensiv stärker werden, einen ausgeglicheneren Fußball spielen. Die Spieler verstanden gut, dass es nicht darum ging, defensiv zu spielen, sondern dass die Balance der Schlüssel war, um etwas zu gewinnen. Wir haben einen anderen Fußball gespielt, Dinge mit dem System verändert. Wir gewannen weniger, haben uns als Trainer aber weiterentwickelt.“
Bettoni über Zidanes Brief: „Wusste, dass er es macht“
So wie Zidane habe auch Bettoni der Job mit der Zeit viel Kraft gekostet, mental erschöpft. „Auch für einen Co-Trainer“ sei das bei dem weißen Ballett so, meinte Bettoni: „Du kommst in eine Kabine rein, in der sich lauter riesen Spieler befinden, die gewinnen wollen. Und du hast die Verantwortung, sie auf den Gipfel zu führen. Der Anspruch ist hoch, du siehst das Stadion, die Leute auf der Straße, die Zeitungen, den Präsidenten… Es geht darum: gewinnen, gewinnen… Das ist hier der Begriff. Daraus muss man sich mental und körperlich vorbereiten.“
Nach dem Ablauf der zurückliegenden Spielzeit wollte Zidane nicht mehr. Auch wegen der Energie, die ihm mehr und mehr fehlte, aber nicht nur. In einem offenen Brief übte er unerwartet Kritik an der Vereinsführung um Präsident Florentino Pérez, beklagte mangelnde Rückendeckung.
Inwiefern hatte Bettoni Kenntnis davon? „Ich habe ihn vor der Veröffentlichung nicht gelesen. Ich wusste, dass er etwas macht, sich erklären wollte. Ich habe davor mit ihm gesprochen, das schon. Über den Brief kann sich jeder seine Meinung bilden. Er ist mein Freund, mein Trainer und ich werde ihn immer unterstützen“, sagte er – auch wenn er jetzt seinen eigenen Weg gehen möchte.
Community-Beiträge