
Madrid Foot Ball Club: Gekommen, um zu bleiben
MADRID. Das Mutterland des Fußballs ist England. Heißt es. Doch das Mutterland des erfolgreichsten Vereins der Welt ist Spanien. Das ist ein bewiesener Fakt. Real Madrid, bei seiner Gründung am 6. März 1902 noch „Madrid Foot Ball Club“, hat in der Gesamtbetrachtung aller jemals ausgetragenen Turniere mehr Titel als jeder andere Verein der Welt errungen. Schon drei Jahre nach Gründung wurde ersichtlich: Dieser neue Verein aus Madrid war ein Gewinner-Verein. Im damals einzig existierenden Wettbewerb in Spanien, der Copa del Rey bezwang Real Athletic Bilbao mit 3:0. Und da das nicht genug war, gewann man in den vier Jahre darauf gleich auch noch. Als 1928 die spanische Liga gegründet wurde, reihte sich Real Madrid sofort auf den oberen Plätzen ein und gewann in den Spielzeiten 1931/32 und 1932/33 direkt zwei Mal in Folge den Ligatitel.
Ein in den Jahren darauf sehr stabiles Madrid, wenn auch nicht immer mit Titelglück, wurde in Folge des spanischen Bürgerkriegs von 1936 bis 1939 fast in den Ruin getrieben, doch kam dank Santiago Bernabéu Yeste wieder auf die Beine. Wacklige Beine. Von den einstigen Titelambitionen war nicht mehr viel übrig und die heute nur allzu bekannten Erzrivalen Atlético Madrid (damals: Atlético Aviación, offizieller Klub der Luftwaffe) und der FC Barcelona dominierten. Doch das war nur die Ruhe vor dem Sturm, der dann kommen sollte. Die Namen, die in den darauffolgenden Jahren auftauchten und den Verein zu dem machten, was er heute ist, hatte nämlich niemand auf dem Zettel…
Alfredo di Stéfano: Veni Vidi Vici – er kam, sah und siegte
Eine Titelstatistik ist beeindruckend, doch noch viel beeindruckender und wichtiger für die Würdigung eines Vereins, der seit 121 Jahren einen großen Wert im Weltfußball hat, sind die Spieler, die diese Titel erarbeitet haben. Wer hat Real Madrid zu dem gemacht, was es heute ist? Wer sind die Gesichter, die den Madrider Fußball so geprägt haben? Der Vorreiter all diesen Erfolgs ist ohne Zweifel Alfredo di Stéfano, denn mit seinem Start bei Real Madrid im Jahr 1953 verlieh er Reals Fußball zusammen mit Spielern wie Francisco Gento oder Ferenc Puskás eine Note, die an einen Tanz erinnerte. Einen Balett-Tanz. Das von da an sogenannte „weiße Ballett“ tanzte sich in Folge ganze dreizehn Mal aufs Fußballpodest, davon fünf Mal in Folge aufs anfangs noch unbekanntem Terrain, nämlich im Europapokal der Landesmeister. In elf Jahren Karriere machte der Stürmer ganze 308 Tore in 396 Partien. Doch nicht nur das machte ihn aus. Seine Leader-Mentalität war es, die Real Madrid so stark machte und die zumindest international fehlte, als er den Verein 1964 gen Español Barcelona verließ.
Real „geiert“ wieder nach Titeln: Emilio Butragueño
Während das weiße Ballett nach Di Stéfanos Abgang also weiter fleißig Liga-Titel holte, verlernte es auf der internationalen Bühne das Tanzen. Das änderte sich mit der „Quinta del Buitre“-Ära, fünf Spielern aus der Nachwuchsabteilung, die endlich wieder Schwung in Real Madrids internationale Turnierauftritte brachten. Unter ihnen ragte ein Name heraus: Emilio Butragueño, „el Buitre“ (spanisch für Geier). Neben fünf Ligatiteln in Folge (1986 bis 1990) wurde 1985 und 1986 auch der UEFA-Pokal nach Madrid geholt – zwar nicht der große Europapokal, aber immerhin. Der Spanier war in puncto Spielübersicht und Technik unschlagbar, schoss in 463 Pflichtspielen ganze 171 Tore und hob zusammen mit Míchel, Manolo Sanchis, Martin Vázquez und Miguel Pardeza sowie Mittelstürmer Hugo Sanchéz den Fußball der 80er Jahre auf ein ganz neues Niveau.

Zinédine Zidane und die „Galácticos“
Langsam aber sicher klopfte es aus Richtung Katalonien lauter und lauter an die Tür: Der FC Barcelona wurde in den 90er Jahren immer dominanter und regierte den spanischen Fußball mit vier Meistertiteln in Folge. Real Madrid hingegen verstummte. Zwar holte man 1994/95 und 1996/97 zwei Meisterschaften, doch fehlte es an Beständigkeit. Real Madrid wäre aber nicht Real Madrid, wenn sich das nicht wieder schnell geändert hätte. Denn nach 32 Jahren des Wartns war es soweit: 1998 wurde endlich “la Séptima”, der siebte Champions-League-Titel gewonnen, 2000 folgte der achte Streich und dann wurde es galaktisch: Das 100. Jubiläum krönten die Blancos 2002 mit ihrem neunten Sieg in der Champions League. In diesem Finale ging nur einer von mehreren Sternen auf, die nachher den Namen „Galácticos“ tragen sollten: Zinédine Zidane. Berühmt durch sein grandioses Volleytor, das Real Madrid zum 2:1-Sieg gegen Bayer Leverkusen führte, prägte er entscheidend eine ganze Epoche Real Madrids. Technisch herausragend, begeisterte der Mittelfeldstratege immer wieder die Fußballwelt. Und das tat er auch nach seiner aktiven Karriere: 2016, zehn Jahre nachdem der Franzose das letzte Mal für Real Madrid den Rasen betrat, stand er als Trainer an der Seitenlinie. Als der zweiterfolgreichste Trainer der Klubgeschichte: In seinen zwei Amtszeiten holte er 172 Siege in 263 Spielen und mit diesen 172 Siegen ganze elf Titel: drei Mal die Champions League, und jeweils zwei Mal die Liga, Klub-Weltmeisterschaft sowie den spanischen und den europäischen Supercup. Damit ist er der zweiterfolgreichste Trainer in Reals Historie nach dem legendären Miguel Muñoz. Chapeau!
Cristiano Ronaldo: Breaking the limits
Die zweite Generation der Galaktischen begann 2009 und damit eine Phase, in der die Konkurrenz zwischen dem FC Barcelona und Real Madrid auf Hochtouren kommen würde. Die Kaderqualität beider Teams war so enorm hoch, dass in der Saison 2009/10 für Real Madrid nicht einmal Rekord bedeutende 96 Punkte ausreichten, um den Ligatitel zu gewinnen – denn Barcelona hatte 99. Und Barcelona hatte Lionel Messi, der von den 98 Toren in dieser rekordträchtigen Saison mit 34 ein Drittel aller Treffer erzielt hatte. Und Real Madrid? Auch Real Madrid hatte von nun an dieses Wunderkind, das alle Rekorde brechen sollte: Cristiano Ronaldo. 438 Pflichtspiele, 450 (!) Tore und 132 Torvorlagen. Der Portugiese ist damit der beste Torschütze, den Real Madrid jemals zu verzeichnen hatte. Mit dieser nahezu unmenschlichen individuellen Qualität, war er einer der ausschlaggebenden Faktoren für insgesamt vier Champions-League-Titel, zwei Meisterschaften und zwei Pokalsiege.
Sergio Ramos und Iker Casillas: die Lebensversicherungen
Wo außerhalb der eigenen Hälfte CR7 wirbelte und dem Gegner das Leben schwer machte, benötigte es hinten einen sicheren Hafen, falls im Eifer des Übersteiger-Gefechts doch mal der Ball verloren ging. Dafür hatte Real Madrid ein Eigengewächs herangezüchtet, das bereits schon zu Zeiten der Galácticos einen hohen Stand hatte: Iker Casillas. 1999 in die erste Mannschaft aufgestiegen, 2002 im Champions-League-Finale gegen Leverkusen ebenfalls zum Held geworden, blieb er seinem Verein bis 2015 treu. Spätestens seit der WM 2010, die er mit Spanien gewann, galt er als einer der besten (wenn nicht der beste) Torhüter der Welt. 725 Mal hütete er das Tor bei den Blancos. 21 Titel trug er davon und seine spektakulären Paraden bleiben unvergessen. Ebenso wie die spektakuläre Präsenz des besten Verteidigers der Welt: Sergio Ramos. Dieser Spieler trug Real Madrid mit seinen zahlreichen Tattoos nicht nur auf dem Körper, sondern auch im Herzen. Beim FC Sevilla ausgebildet, kam er 2005 zu Real und hat sich in 16 Jahren zu einem der komplettesten Abwehrspieler entwickelt: hinten eine Bank, ein geborener Leader und mit der Qualität, in entscheidenden Momenten sogar Tore zu erzielen, vor allem per Kopf. Auch ohne diese beiden Akteure wären die 121 Jahre heute weniger strahlend als sie sind.

Und wer leitet die neue Ära ein?
All das sind schöne Erinnerungen, und die Liste mit Legenden ist noch viel länger, jedoch gehören sie alle der Vergangenheit an. Alles, was Real Madrid in diesen großen Epochen ausgemacht hat, ist so nicht mehr vorhanden. Dennoch wirken viele im Hintergrund weiter. Raúl González ist seit der Saison 2019/20 Trainer der Castilla. Die verstorbenen Paco Gento und Amancio Amaro waren Reals Ehrenpräsidenten. Casillas hat die Funktion des Generaldirektors in der Real Madrid-Stiftung übernommen und auch Roberto Carlos ist Botschafter aktiv. Aber ein kleines Loch hinterlassen die Stars der letzten Jahre doch und übrig geblieben sind Legenden wie Karim Benzema und Luka Modrić. Marcelo ist erst im Sommer 2022 gegangen. Jetzt ist es an der Zeit, ein neues Zeitalter zu beginnen – im umgebauten Bernabéu. Wer sind dann die prägenden Gesichter? Vinícius Júnior? Vielleicht sogar Erling Haaland? Sicherlich, die Namen klingen vielversprechend, doch die Geschichte hat ein paar große Fußstapfen hinterlassen. Seit heute einhunderteinundzwanzig Jahre alte Fußstapfen.
¡Feliz cumpleaños, Real Madrid!
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