
Eine Transferpolitik, die auf viel Ablehnung stößt
MADRID. Real Madrid ist in der Welt des Fußballs einzigartig. Der erfolgreichste Klub der Geschichte. Der berühmteste, der glamouröseste. Rekordchampion in der spanischen Liga (32) und der UEFA Champions League (zehn). Dass der Verein aus der Millionen-Metropole keiner wie jeder andere ist, wird vor allem jeden Sommer aufs Neue deutlich. Seit der Präsidentschaft des legendären Santiago Bernabéu Yeste fährt das weiße Ballett die Philosophie, die besten Fußballspieler der Erde in den eigenen Reihen zu haben und den Nimbus sowohl mit sportlichen als auch wirtschaftlichen Erfolgen zu wahren.
Selbstredend, dass jene Weltklasse-Akteure auch ihren Preis haben. Real Madrid war jedoch schon immer bereit, dieses viele Geld auf den Tisch zu legen – gerade unter Klubchef Florentino Pérez, der nach der Jahrtausendwende Legenden wie Zinédine Zidane, Ronaldo oder Luís Figo und in der jungen Vergangenheit Superstars wie Cristiano Ronaldo, Kaká oder Gareth Bale ins Bernabéu-Stadion lotste. Alleine diese sechs Stars ließen sich die Königlichen unglaubliche 428,5 Millionen Euro kosten. Pro Kopf im Schnitt 71,4 Millionen. Nachdem Bale erst vor zwölf Monaten für geschätzte 91 Millionen verpflichtet wurde, legte der Klub kürzlich mit James Rodríguez nach. Die kolportierte Ablösesumme: 80 Millionen Euro. So sehr sich der Großteil der Madridistas an den „Galáctico“-Käufen erfreut, desto größer wird das Unverständnis in der restlichen Fußballwelt. Kopfschütteln, Beschwerden, Proteste. Ob man in Madrid denn wisse, dass weiterhin nur mit elf Mann gespielt werden könne, fragen Sympathisanten des Sports inzwischen lästernd. So einige lehnen den amtierenden Europacup-Triumphator nicht zuletzt aufgrund dessen Transferpolitik entschieden ab.
[advert]
Financial Fairplay: Real lässt sich nichts zu Schulden kommen
Und sie fordern langsam aber sicher eines strikt: harte Konsequenzen. Den Weltfußballverband FIFA sowie den europäischen Fußballverband UEFA sehen sie in der Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen und Real den Geldhahn zuzudrehen. Das Wirtschaften überschreite nicht nur jedwede moralische Grenze, sondern verstoße zugleich gegen das Financial Fairplay, wird reklamiert. Und, dass die Blancos doch ohnehin schon hoch verschuldet seien.
Vor dem Reglement der UEFA müssen sich die Königlichen derzeit jedoch absolut nicht fürchten. Denn es sieht schlicht vor, dass Vereine ihre Ausgaben durch Einnahmen wieder decken können. Die Marke Real Madrid kann das. UEFA-Präsident Michel Platini meinte schon nach dem umstrittenen Wechsel von Bale gelassen: „Wir überprüfen immer, ob alles mit rechten Dingen zugeht. Ich sehe bei dem Transfer von Bale absolut kein Problem, da Real Madrid sich den Spieler leisten kann. Sie haben 100 Millionen Euro für ihn ausgegeben, aber trotzdem kein Minus gemacht.“
Deutsche Spitzenklubs verteidigen Madrilenen
In dieser Hinsicht ist den Merengues kein Vorwurf zu machen. Das sehen auch die Spitzen der Bundesliga-Klubs Bayern München und Borussia Dortmund so. Wo die Rivalität zwischen den beiden deutschen Meisterschaftsaspiranten in der jungen Vergangenheit und Gegenwart peu à peu an Größe gewonnen hat, sprechen sie über den spanischen Vertreter mit ein und derselben Stimme. „Was sich da abspielt, ist gar nicht viel Neues. Real Madrid hat beispielsweise schon vor 13 Jahren Zinédine Zidane für eine große Summe verpflichtet (73,5 Mio. Euro; Anm. d. Red.). Es wird immer geglaubt, da sind Hasardeure am Werk. Aber dieser Klub ist gesund“, betont BVB-Sportdirektor Michael Zorc, während Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke argumentiert: „Bei der Betrachtung von Real Madrid kommt mir immer zu kurz, dass sie nicht nur viel Geld einsetzen, um zu kaufen, sondern auch selbst viel einnehmen, indem Spieler verkauft werden.“ Für den 55-Jährigen sei von Bedeutung, „dass ein Klub die Investitionen aus dem operativen Geschäft selbst erwirtschaftet“.
Angeprangert wurde im Vorjahr, dass genau das in der Causa Bale nicht der Fall gewesen sei. Vielmehr habe man einen Kredit bei der spanischen Bank „Bankia“, die selbst jedoch bereits im Spätsommer 2012 mit Milliarden-Verlusten zu kämpfen hatte, aufgenommen, um den Waliser zu bezahlen. Doch sowohl das Finanzinstitut als auch Real Madrid wiesen die Meldung zurück.
Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge indes weiß ganz genau, wie die Uhren bei der Fußball-Institution aus Madrid ticken. Zu Real-Präsident Pérez pflegt er seit Jahren einen guten Draht und bezeichnete den Bauunternehmer in wirtschaftlicher Hinsicht unlängst als einen ausgeschlafenen und seriösen Kaufmann. „Real Madrid hat diese Philosophie, jedes Jahr einen Superstar zu holen. Das haben sie jetzt mit James gemacht, der 80 Millionen gekostet hat. Es ist allerdings auch ein Stück der Beweis, wenn man viel in den Transfermarkt investieren muss oder will, dass gewisse Dinge dann zu korrigieren sind. Auch ein guter Trainer braucht erstklassige Fußballer. Grundsätzlich habe ich kein Problem damit, wie etwa im Fall von Real Madrid, wenn die Spieler selbst finanziert sind. Auch Barcelona finanziert seine Transfers alle selbst“, so der Funktionär gegenüber SPOX.
Klubs wie Madrid betrachtet Rummenigge nicht als Problem. Sehr wohl jedoch welche, die von Scheichs oder russischen Oligarchen unterstützt würden, um Defizite zu begleichen: „Wenn Dritte involviert sind, bekomme ich Probleme. Das ist nämlich nicht fair und das verbietet Financial Fairplay.“ Real gehört bekanntlich seinen Mitgliedern.
Ausgaben durch Trikotverkäufe unmöglich zu decken
Und der eine oder andere davon stellt sich in den Transfer-Diskussionen mit den erwähnten Kritikern nicht selten mit dem Argument verteidigend vor die Madrilenen, eine Summe wie die von James sei dank der in aller Welt verkaufenden Trikots von Reals neuer Nummer 10 zügig wieder erwirtschaftet. Eine Behauptung, die ins Reich der Fabeln gehört. 80 Millionen Euro an Ausgaben sind schier unmöglich mit dem Handel der Jerseys zu decken. Für das jüngste WM-Trikot der deutschen Nationalmannschaft kassiert der DFB pro Exemplar, das an den Mann beziehungsweise die Frau ging, sechs Prozent des Verkaufspreises, der bei 80 Euro liegt. Das sind nur 4,80 Euro.
Zwar unterscheiden sich die Verträge von Ausrüster Adidas zwischen Klub und Nationalmannschaft, doch im Falle dessen müssten über 16 Millionen James-Trikots über die Ladentheke gehen, um die ausgegebene Summe zu begleichen. Bei Ronaldo, der 2009 94 Millionen kostete, wären es beispielsweise sogar über 19,5 Millionen Hemden. „Mit dem Märchen sollte man schnell aufhören, dass so ein Transfer über die reinen Trikot-Verkäufe refinanzierbar ist. 80 Millionen plus 15 bis 20 Millionen Gehalt, die solche Spieler kassieren, sind so nicht refinanzierbar. So viele Trikots kannst du nicht verkaufen, um am Ende des Tages mit einem blauen Auge da raus zu kommen“, stellt auch Rummenigge klar.
Gleich bestellen: Real Madrids neues Heim- und Auswärtstrikot zur Saison 2014/15!
Community-Beiträge