Interview

Generaldirektor Sánchez fürchtet um Vormachtstellung von LaLiga

Der spanische Klubfußball thront in Europa aktuell über allem, doch Real Madrids Generaldirektor José Ángel Sánchez sieht jene Vormachtstellung in erheblicher Gefahr. Die ökonomische Kraft der Premier League sei unter den aktuellen Bedingungen kaum aufzuhalten, weshalb sich der Marketing-Experte nun sogar indirekt für eine Wiedereinführung des umstrittenen Steuergesetzes „Lex Beckham“ stark machte.

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The 2016-2017 English Premier League logo is seen on the match ball ahead of the pre-season friendly football match between Wigan Athletic and Manchester United at the DW stadium in Wigan, northwest England, on July 16, 2016. / AFP / JON SUPER / RESTRICTED TO EDITORIAL USE. No use with unauthorized audio, video, data, fixture lists, club/league logos or 'live' services. Online in-match use limited to 75 images, no video emulation. No use in betting, games or single club/league/player publications. / (Photo credit should read JON SUPER/AFP/Getty Images)
José Ángel Sánchez sieht die Premier League auf dem Vormarsch – Foto: Jon Super/AFP/Getty Images

Sánchez macht sich indirekt für „Lex Beckham“ stark

MADRID. Vier Champions-League- und drei Europa-League-Titel in den vergangenen vier Jahren – der spanische Fußball dominiert in Europa. Geht es nach José Ángel Sánchez, seines Zeichens Generaldirektor bei Real Madrid, könnte jenes spanische Märchen in naher Zukunft jedoch ein abruptes Ende finden. Der Grund: Die ökonomische Überlegenheit der englischen Premier League, die in den kommenden Jahren alleine durch die TV-Vermarktungsrechte umgerechnet rund vier Milliarden Euro jährlich einnimmt (die Primera División erhält lediglich 1,5 Milliarden Euro pro Jahr) und zudem potentiell interessante Spieler nicht nur mit höheren Gehältern, sondern auch günstigeren Steuerbedingungen zu locken vermag.

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Bei einem Vortrag auf dem Kongress über „Neue rechtliche Rahmen im Sport“ am Instituto Nacional de Educación Física (INEF) merkte Sánchez an, dass Spanien besonders im Vergleich zu England bei der Beschäftigung von Profifußballern steuerrechtliche Nachteile vorzuweisen habe und machte sich indirekt sogar für eine Wiedereinführung der „Lex Beckham“, also jener gesetzlichen Regelung, die bei den Steuerhinterziehungsvorwürfen gegen Cristiano Ronaldo eine große Rolle spielte, stark. „Wir haben nicht viele Industrien in Spanien, die sich in einer derartigen Vormachtstellung befinden wie der Fußball. Darüber muss man nachdenken. Wir müssen alle etwas tun und die Behörden können es. Wie erklärt man sich beispielsweise, dass die einzigen Fachkräfte in Spanien, bei denen die ‚Lex Beckham‘ nicht angewendet wird, Fußballer sind?“, so der Marketing-Experte.

Dass die umstrittene Steuer-Regelung kein Allheilmittel darstellt, ist dem gelernten Philosophie-Lehrer bewusst. Dennoch machte er deutlich, dass das Thema Steuern bei der zukünftigen Verpflichtung von Spielern eine bedeutende Rolle einnehmen könnte und man sich über Alternativen Gedanken machen müsse, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten: „Ich sage nicht, dass sie weniger zahlen sollen. Jeder soll das bezahlen, was angemessen erscheint, aber man sollte analysieren, ob das gut gehandhabt wird. Vielleicht wird es das nicht und man kann es verbessern. In England bezahlen sie weniger.“ 

„Wie ein Goldfischglas, in dem der Sauerstoff fehlt“

Auf lange Sicht seien die ökonomischen Nachteile gegenüber der Premier League nicht zu kompensieren, was vor allem die kleineren Verein zu spüren bekommen würden. Klubs wie Real Madrid könnten sich dem aktuell zwar noch entgegen stellen, aber ohne tiefgreifende Veränderungen sei die Premier League nicht aufzuhalten, so Sánchez. Die Vormachtstellung von LaLiga wackle gewaltig: „Der Unterschied ist enorm. Wir können sagen, dass wir aufgrund unserer Ergebnisse der Klubs die beste Liga der Welt haben, aber aus industrieller Sicht können wir uns da nicht vergleichen. Und die Umstände erlauben es uns nicht, da optimistisch zu sein. Die Engländer verpflichten die Besten. In England verdienen sie viel mehr und zahlen weniger Steuern. Dem stellt sich eine kleine Gruppe von europäischen Mannschaften, die das wie Real Madrid noch hinnehmen, entgegen, aber das ist wie ein Goldfischglas, in dem der Sauerstoff fehlt.“

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von
Yannick Frei

Hauptberuflich im Nachwuchsfußball zuhause. Von den Großmeistern Figo und Zidane verzaubert, bin ich bis heute ein glühender Anhänger des größten Klubs der Welt.

Kommentare
Ich bezweifle, dass sich Spanien in einer wirtschaftlichen Situation befindet, in der Steuererleichterungen für reiche Fußballer von der Bevölkerung positiv aufgenommen werden. Die Menschen arbeiten hart und müssen sehen, dass sie durchkommen. Wieso sollten dann Fußballer, die von vollen Rängen profitieren, ausgerechnet weniger Steuern zahlen? Meiner Meinung nach sollten die Fußballer mit ihren Steuern den Standort Spanien weiterhin in der jetzigen Höhe unterstützen. Die Gesellschaft gibt den Spielern eine privilegierte Rolle, dann sagt allein die moralische Pflicht, dass Spieler das über höhere Steuern der Gesellschaft zurückzahlen.

Übrigens hat die fußballerische Qualität in England keineswegs zugenommen. Da gab es früher schon gute Fußballer und weniger gute Fußballer. Die Duelle der unteren Ränge in der Premier League sind trotz größerer Etats und teurerer Spieler immer noch ein unerträglicher Kick. Folglich kaum Veränderungen für die Liga. Aber das ist sicherlich Geschmacks- und Ansichtssache. Englands Attraktivität hat nach der Wahl sicherlich auch nicht zugenommen. :D
 
Wenn der Brexit durchgeführt wird und der Verband nicht eine Sonderregelung treffen kann, wird es bald vorbei sein mit der Qualität der Liga.

Ein Großteil der Spieler sind EU-Bürger und diese werden dann zukünftig wie Nicht-EU-Spieler behandelt. Zudem benötigen Neuzugänge eine Spielserlaubnis als Nicht-Briten.
Diese besagt, dass Spieler aus Nicht-EU-Ländern in der Premier League keine Spielerlaubnis bekommen, wenn sie nicht in den letzten 2 Jahren mindestens 70% der möglichen Länderspiele für sein Heimatland bestritten haben.

Die ganz großen Nationalspieler wird das nicht berühren, allerdings eben alle die zum erweiterten Kreis gehören oder eben die Nationalmannschaft zu stark ist. In der breite der Liga wird es wohl dann entweder zu einem großen Fall zwischen den Topclubs und dem Rest kommen oder die PL kauft alle großen Nationalspieler ein. Dadurch dürften sie Ablösesummen ins unermessliche steigen und irgendwann ist auch kein Geld mehr da. Irgendwie ist die PL für den europäischen Fussball eine nervige und neureiche Diva, die viel Schaden anrichten könnte [emoji19]

Zudem könnte der Pfund noch weiter fallen, was die Finanzkraft senkt.

Also nach Durchführung des Brexit könnte es Veränderungen geben. Ansonsten stimmt es schon, das die PL einfach krass an Qualität gewinnen wird. Alleine das sie inzwischen sicher min. 5 der Top10 der Welttrainer in der Liga beherbergen zeigt wohin es gehen soll. Dazu dieses viele TV-Geld und das Interesse vieler Investoren.

Aber alles was krass steigt, fällt auch krass, eben wie bei einer Seifenblase die platzt.
 
Ohje bitte nicht. Ich hoffe so sehr dass die Premier League nicht alles dominieren wird nur wegen der Kohle. Kann man nicht einen besseren TV Vertrag für La Liga holen? Die ist auch nicht gerade uninteressant ;) Aus China oder so...

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