
Sánchez macht sich indirekt für „Lex Beckham“ stark
MADRID. Vier Champions-League- und drei Europa-League-Titel in den vergangenen vier Jahren – der spanische Fußball dominiert in Europa. Geht es nach José Ángel Sánchez, seines Zeichens Generaldirektor bei Real Madrid, könnte jenes spanische Märchen in naher Zukunft jedoch ein abruptes Ende finden. Der Grund: Die ökonomische Überlegenheit der englischen Premier League, die in den kommenden Jahren alleine durch die TV-Vermarktungsrechte umgerechnet rund vier Milliarden Euro jährlich einnimmt (die Primera División erhält lediglich 1,5 Milliarden Euro pro Jahr) und zudem potentiell interessante Spieler nicht nur mit höheren Gehältern, sondern auch günstigeren Steuerbedingungen zu locken vermag.
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Bei einem Vortrag auf dem Kongress über „Neue rechtliche Rahmen im Sport“ am Instituto Nacional de Educación Física (INEF) merkte Sánchez an, dass Spanien besonders im Vergleich zu England bei der Beschäftigung von Profifußballern steuerrechtliche Nachteile vorzuweisen habe und machte sich indirekt sogar für eine Wiedereinführung der „Lex Beckham“, also jener gesetzlichen Regelung, die bei den Steuerhinterziehungsvorwürfen gegen Cristiano Ronaldo eine große Rolle spielte, stark. „Wir haben nicht viele Industrien in Spanien, die sich in einer derartigen Vormachtstellung befinden wie der Fußball. Darüber muss man nachdenken. Wir müssen alle etwas tun und die Behörden können es. Wie erklärt man sich beispielsweise, dass die einzigen Fachkräfte in Spanien, bei denen die ‚Lex Beckham‘ nicht angewendet wird, Fußballer sind?“, so der Marketing-Experte.
Dass die umstrittene Steuer-Regelung kein Allheilmittel darstellt, ist dem gelernten Philosophie-Lehrer bewusst. Dennoch machte er deutlich, dass das Thema Steuern bei der zukünftigen Verpflichtung von Spielern eine bedeutende Rolle einnehmen könnte und man sich über Alternativen Gedanken machen müsse, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten: „Ich sage nicht, dass sie weniger zahlen sollen. Jeder soll das bezahlen, was angemessen erscheint, aber man sollte analysieren, ob das gut gehandhabt wird. Vielleicht wird es das nicht und man kann es verbessern. In England bezahlen sie weniger.“
„Wie ein Goldfischglas, in dem der Sauerstoff fehlt“
Auf lange Sicht seien die ökonomischen Nachteile gegenüber der Premier League nicht zu kompensieren, was vor allem die kleineren Verein zu spüren bekommen würden. Klubs wie Real Madrid könnten sich dem aktuell zwar noch entgegen stellen, aber ohne tiefgreifende Veränderungen sei die Premier League nicht aufzuhalten, so Sánchez. Die Vormachtstellung von LaLiga wackle gewaltig: „Der Unterschied ist enorm. Wir können sagen, dass wir aufgrund unserer Ergebnisse der Klubs die beste Liga der Welt haben, aber aus industrieller Sicht können wir uns da nicht vergleichen. Und die Umstände erlauben es uns nicht, da optimistisch zu sein. Die Engländer verpflichten die Besten. In England verdienen sie viel mehr und zahlen weniger Steuern. Dem stellt sich eine kleine Gruppe von europäischen Mannschaften, die das wie Real Madrid noch hinnehmen, entgegen, aber das ist wie ein Goldfischglas, in dem der Sauerstoff fehlt.“
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