Einzelkritik

Die Hinrunden-Zeugnisse 2017/18: Mittelfeld

Dass Real Madrids erstes Halbjahr alles andere als nach Plan verlief, spiegelt sich auch in den Hinrunden-Zeugnissen wider. Die REAL TOTAL-Einzelkritik der Mittelfeldspieler für die Hinrunde 2017/18.

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Halbjahrszeugnisse für die Mittelfeldspieler – Bild: REAL TOTAL

Mittelfeld

Toni Kroos

Einsätze: 24
Einsatzminuten: 2.019
Tore / Assists: 2 / 4
Bälle erobert: 135 (6 pro 90 Minuten)
Angekommene Pässe: 1.687 (75,2 pro 90 Minuten)
Abschlüsse: 28 (1,2 pro 90 Minuten)
Durchschnittsnote: 2,81

Warum Real Madrid in dieser Spielzeit nicht so gut funktioniert wie im vergangenen Jahr? Unter anderem weil Toni Kroos aktuell einen Durchhänger erlebt. Auch der Greifswalder legte zwar einen ordentlichen Start in die Saison hin, kämpft seit dem Dortmund-Hinspiel in der Königsklasse aber mit ungewohnten Leistungsschwankungen. Es wäre zwar falsch, zu sagen, Reals Stratege liefere durch die Bank schlechte Partien ab, dennoch erscheint Kroos nicht ganz auf der Höhe. Der deutsche Nationalspieler strahlt insgesamt einfach nicht die Dominanz und das Selbstbewusstsein aus, was ihn die letzten Jahre so stark gemacht hat und so essentiell für sein Spiel ist. Dies äußert sich mal in fehlender Handlungsschnelligkeit, mal in trägem Defensivverhalten, bisweilen sogar in (ungewohnten) Ungenauigkeiten im Passspiel und seinen gegenwärtig extrem schwachen Standards – und darunter leidet Reals Spiel. Wie wichtig der 28-Jährige letztlich für die Statik im Spiel der Blancos ist, lässt sich auch gut daran ablesen, dass die Königlichen in diesem Jahr zumeist dann ihre beste Leistung zeigten, wenn Kroos eine gute Partie ablieferte. Auch wenn die Durchschnittsnote von 2,81 nicht allzu schlecht daherkommt, darf diese Halbserie durchaus als einer der schwächeren der Nummer 8 betrachtet werden.

Luka Modrić

Einsätze: 23
Einsatzminuten: 1.939
Tore / Assists: 1 / 2
Bälle erobert: 150 (7 pro 90 Minuten)
Angekommene Pässe: 1.419 (65,9 pro 90 Minuten)
Abschlüsse: 23 (1,2 pro 90 Minuten)
Durchschnittsnote: 2,48

Es mag auf den ersten Blick ein wenig verwunderlich wirken, doch Luka Modrić ist mit einer Durchschnittsnote von 2,48 der notenbeste Akteur der Hinrunde. Dies liegt vor allem daran, dass der Kroate stets zuverlässig seinen Job erfüllte. Der „Mozart vom Balkan“ zählte immer wieder zu den fleißigsten Akteuren am Feld, kam gewissenhaft seinen Defensivaufgaben nach und trieb seine Farben unermüdlich an, löste sich dabei immer wieder in unnachahmlicher Manier aus den engsten Situationen und nahm auf diese Weise mehrere Gegenspieler aus dem Spiel. Das Erfreuliche: Modrić erlebte nur ein kleines Zwischentief, präsentierte sich ansonsten extrem konstant ohne große Leistungsdellen. Dass die Halbserie des Kroaten, der vor allem bei der Klub-WM herausragte, im Großen und Ganzen jedoch nicht als ganz so gut wahrgenommen wird, wie sie es bei Betrachtung der Einzelleistungen tatsächlich war, könnte vor allem daran liegen, dass Zidane seinem Routinier noch regelmäßigere Pausen verschaffte. Eine kluge Maßnahme, war die Physis in den vergangenen Jahren doch die größte Schwachstelle Modrićs, der bei mehreren englischen Wochen am Stück immer wieder einen merklichen Substanzverlust zu beklagen hatte. Einen großen Kritikpunkt gibt es allerdings: In puncto Effektivität vor dem gegnerischen Gehäuse weist die Nummer 10 auch in diesem Jahr schwache Werte auf, die mangelhafte Torgefahr aus dem Mittelfeld ist nämlich auch ein nicht unerheblicher Bestandteil der Madrider Torflaute.

Carlos Casemiro

Einsätze: 26
Einsatzminuten: 2.143
Tore / Assists: 4 / 0
Bälle erobert: 198 (8,3 pro 90 Minuten)
Angekommene Pässe: 1.246 (52,3 pro 90 Minuten)
Abschlüsse: 22 (0,9 pro 90 Minuten)
Durchschnittsnote: 2,88

Auch wenn es ein wenig skurril anmutet, aber Casemiro war tatsächlich einer der Spieler, der unter den systembedingten Problemen mit am meisten zu leiden hatte. Weil mit Kroos, Modrić und Isco zumeist drei Aufbauspieler auf dem Feld zu finden waren und sich dadurch im Zentrum auch oft auf den Füßen standen, orientierte sich der Brasilianer im Spielaufbau weiter nach vorne, um Anspielstationen in der Tiefe zu bieten und gegebenenfalls auch in den Strafraum mit vorzustoßen und so für zusätzliche Torgefahr zu sorgen. Dies führte im Umkehrschluss jedoch dazu, dass Reals Abräumer bei Gegenangriffen nicht immer richtig positioniert schien und oftmals überhaupt keinen Zugriff in den Zweikämpfen entwickeln konnte, so seiner großen Stärke beraubt wurde. Kaum verwunderlich, dass die Nummer 14 ihre besten Auftritte genau dann hatte, wenn die Blancos im 4-3-3 antraten und sich – wie zuletzt gegen Villarreal – explizit auf ihre überwiegend defensiven und ausbalancierenden Aufgaben konzentrieren konnte. In diesem Zusammenhang erscheint es fast ein wenig schade, dass die merklichen spielerischen Fortschritte Casemiros aufgrund der mannschaftlichen Probleme nicht entsprechende Würdigung erfahren.

Marcos Llorente

Einsätze: 11
Einsatzminuten: 618
Tore / Assists: 0 / 0
Bälle erobert: 62 (9 pro 90 Minuten)
Angekommene Pässe: 577 (84 pro 90 Minuten)
Abschlüsse: 6 (0,9 pro 90 Minuten)
Durchschnittsnote: 2,83

Dass Marcos Llorente trotz der zwischenzeitlichen Verletzung von Kovačić der Spieler mit den drittwenigsten Einsatzminuten ist, verwundert doch ein wenig. Schließlich zeigte der zurückgekehrte Canterano von den „jungen Wilden“ mit die besten Leistungen. Der Großneffe von Ehrenpräsident Paco Gento knüpfte während seiner Einsätze nahtlos daran an, was ihn während seiner Leihstation bei Alavés zu einem der besten Newcomer der vergangenen Spielzeit machte: Ein extrem giftiges und aggressives Zweikampfverhalten (9 Balleroberungen pro 90 Minuten sind absoluter Top-Wert im Team) gepaart mit gutem Positions- und Passspiel . Was bei Llorente vor allem imponiert, ist das Selbstbewusstsein und besonders die Selbstverständlichkeit, mit welchen der 22-Jährige bereits auf dem Feld agiert und permanent die Bälle fordert. Ob sich der „neue Sergio Busquets“ in der Rückrunde auch mal gegen die großen Kaliber beweisen darf?

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Isco

Einsätze: 28
Einsatzminuten: 1.863
Tore / Assists: 6 / 6
Bälle erobert: 91 (4,4 pro 90 Minuten)
Angekommene Pässe: 1.457 (70,4 pro 90 Minuten)
Abschlüsse: 41 (2 pro 90 Minuten)
Durchschnittsnote: 2,83

Was war das für ein fulminanter Saisonstart des Isco Francisco Alarcón? Während die Kollegen in der Offensive seit Saisonbeginn ihrer Bestform hinterherlaufen, rettete der Andalusier scheinbar mühelos seine Gala-Verfassung aus der letzten Rückrunde in die neue Spielzeit. Egal ob als Initiator aus der Tiefe, Verbindungsspieler in den Halbräumen, Vorbereiter oder sogar Torschütze – Reals Spielmacher glänzte am Anfang der Hinrunde in jeglicher Rolle und verzauberte die Madridistas mit seiner unvergleichlichen Magie. Vor allem brachte der Edeltechniker das nötige Maß an Kreativität mit ins Spiel und trug die Offensive zu Saisonbeginn nahezu alleine auf seinen schmalen Schultern. Dass solch ein Pensum irgendwann seinen Tribut zollen würde, war jedoch absehbar. Und so kam es schließlich auch. Gegen Ende der Hinserie wirkte Isco bisweilen ein wenig überspielt und verfiel zeitweise wieder in alte Muster, indem er unnötig das Spiel verschleppte und sich oftmals zu spät vom Ball trennte, defensiv zudem ein wenig phlegmatisch wirkte. Da Bale nun endgültig auf dem Weg zurück scheint, dürfte es die kommenden Wochen spannend zu sehen sein, welche Rolle Isco nun von Zidane bekommt.

Mateo Kovačić

Einsätze: 13
Einsatzminuten: 637
Tore / Assists: 0 / 1
Bälle erobert: 35 (4,9 pro 90 Minuten)
Angekommene Pässe: 516 (72,9 pro 90 Minuten)
Abschlüsse: 2 (0,3 pro 90 Minuten)
Durchschnittsnote: 3,17

Die Hinrunde des Kroaten ist schwer zu bewerten. Kovačić legte einen bombastischen Start hin, lief vor allem in der Supercopa zur Höchstform auf und schien seine im letzten Jahr eingeschlagene Entwicklung fortzusetzen. Aufgrund seines außergewöhnlichen Spielerprofils ist der gebürtige Linzer eine echte Geheimwaffe. Seine Fähigkeit, die gegnerischen Linien aus der Tiefe mit seinem unheimlichen Tempo zu durchbrechen, ist im Kader der Madrilenen schlichtweg einzigartig. Leider warf ein im ersten Champions-League-Spiel gegen Nikosia erlittener Sehnenriss im Oberschenkel den 22-Jährigen gleich zu Saisonbeginn erheblich zurück und stoppte den so rasanten Aufschwung des designierten Modrić-Erben vorerst. Dass Kovačić nach der langen Verletzungspause von drei Monaten Zeit benötigen würde, war klar. Die Rhythmusprobleme nach seinem Comeback machten sich vor allem in fehlender Handlungsschnelligkeit und einer mangelhaften Entscheidungsfindung bemerkbar. Dass der Kroate im Clásico nach einer starken ersten Hälfte als Messi-Gegenpart durch sein Verhalten beim (entscheidenden) 0:1-Gegentreffer zur tragischen Figur mutierte, war der unrühmliche und unglückliche „Höhepunkt“ einer aus persönlicher Sicht eher gebrauchten Hinrunde. In den letzten Partien zeigte der kroatische Nationalspieler allerdings wieder deutlich ansteigende Form. Mit ihm dürfte in den nächsten Monaten wieder zu rechnen sein.

Daniel Ceballos

Einsätze: 15
Einsatzminuten: 622
Tore / Assists: 2 / 0
Bälle erobert: 49 (7,1 pro 90 Minuten)
Angekommene Pässe: 618 (89,4 pro 90 Minuten)
Abschlüsse: 10 (1,4 pro 90 Minuten)
Durchschnittsnote: 3,06

Sein erster Startelf-Einsatz mit einem Doppelpack gegen Getafe (2:1) schien wie ein großes Versprechen für die Zukunft, doch bislang konnte der beste Spieler der U21-EM 2017 dieses noch nicht erfüllen – auch weil Zidane noch nicht vollumfänglich auf die Fähigkeiten des Ex-Betis-Akteurs zu vertrauen scheint. Ceballos durfte ansonsten lediglich im Pokal von Beginn an ran und kam sonst maximal 30 Minuten zum Einsatz. Dass ein Spieler – ein solch junger noch dazu – unter diesen Voraussetzungen nicht gerade vor Selbstvertrauen strotzt und in Anbetracht der mangelnden Spielpraxis auch kaum konstante Leistungen auf hohem Niveau zu erwarten sind, ist eigentlich logisch. Dementsprechend sind die bislang eher durchschnittlichen Auftritte, wobei der Ex-Betico gehäuft durch zu lange Ballbesitzzeiten und falsche Abspiel-Entscheidungen auffiel, auch mit etwas Nachsicht zu bewerten. Denn wirklich Gelegenheit, sein zweifelsohne vorhandenes Potential zu zeigen, hatte Ceballos bislang noch nicht wirklich.

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von
Yannick Frei

Hauptberuflich im Nachwuchsfußball zuhause. Von den Großmeistern Figo und Zidane verzaubert, bin ich bis heute ein glühender Anhänger des größten Klubs der Welt.

Kommentare
Nanu, Modric der beste Mittelfeldspieler und Kovacic der schlechteste - das überrascht niemanden hier?
 

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