Interview

Redondo über Zidanes Aura: „Selbst sein Schweigen vermittelt etwas“

Er zählt zweifelsohne zu den besten defensiven Mittelfeldspielern, die je für Real Madrid aufliefen, umso überraschender traf die Fans sein Abgang im Sommer 2000 zum AC Mailand. Im Gespräch mit LA NACIÓN erinnerte sich Fernando Redondo an seinen Abschied aus Madrid, sprach über sein berühmtes „Taconazo“ gegen Manchester United und äußerte sich auch über Florentino Pérez und Zinédine Zidane.

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Fernando Redondo of Real Madrid is watched by Fredrik Winsnes of Rosenborg during the UEFA Champions League group C match at the Bernabeu Stadium in Madrid, Spain. Real Madrid won 3-1. \ Mandatory Credit: Clive Mason /Allsport
Ein Bild aus alten Tagen: Redondo bei Real Madrid – Foto: Clive Mason /Allsport

„Ich fühlte es in diesem Moment“

MADRID. Fällt in Spanien das Wort „Taconazo“, erinnert sich der Großteil der Madridistas wohl an Guti, als dieser in der Saison 2009/10 mit seiner Hackenvorlage auf Karim Benzema Deportivo La Coruñas Defensive bloßstellte. Doch insbesondere die ältere Generation der königlichen Anhänger wird mit Nachdruck darauf verweisen, dass es da noch ein weiteres „Taconazo“ gab, das aufgrund der Wichtigkeit des damaligen Spiels jenes von Guti ein wenig in den Schatten stellt.

Die Rede ist natürlich von Fernando Redondo, der am 19. April 2000 im Viertelfinal-Rückspiel der Königsklasse gegen Manchester United Gegenspieler Henning Berg an der Außenlinie mit einem Hackentrick narrte und anschließend das vorentscheidende 3:0 (Endstand 3:2) durch Raúl vorbereitete und somit letztendlich den Weg ins Halbfinale ebnete. Ohne Frage eines der schönsten (und wichtigsten) Tore der Klubgeschichte. Redondos Erinnerungen an jene legendäre Szene muten da fast schon ein wenig unprätentiös an: „Ich hatte das bereits in der Jugend ein paar mal getan, aber niemals in der ersten Liga, vielleicht im Training. Das war pure Inspiration, ich fühlte es in diesem Moment. Man konnte ja sehen, dass ich innerhalb von Millisekunden entschieden habe, oder?“ 

Ob dieser Moment genauso viel Aufmerksamkeit erzeugt hätte, wenn Raúl den Ball anschließend nicht im Tor versenkt hätte? Vermutlich nicht: „Natürlich ist eine Aktion weitaus bedeutender, wenn sie mit einem Tor endet. Es kommt aber noch dazu, dass es in der Champions League war und gegen den amtierenden Champion, der zuvor lange nicht verloren hatte. Noch wichtiger als mein Hackentrick war allerdings, dass ich mir diese kurze Pause genommen, meinen Kopf gehoben habe, um Raúl zu sehen, der nur noch einschieben musste. Es war Viertelfinale, wir hatten 0:0 in Madrid gespielt und gewannen in Manchester schließlich 3:2 und warfen sie raus. Als wir in die Kabinen gingen, applaudierten uns die Leute. Wenn Fußball so verstanden wird, ist das wunderschön.“

„Kratzte an meiner Selbstachtung, dass sie mich verkaufen wollten“

Und obwohl Redondo am Ende der Spielzeit 1999/00 gemeinsam mit seinen Kollegen “la Octava”, Reals achten Europapokal in die Höhe stemmen konnte und die wohl prägendste Figur im Spieler der Blancos darstellte, musste er am Ende gehen. Sowohl für Spieler als auch Fans ein überraschender Schritt. Im neuen “Galáctico”-Konzept von Neu-Präsident Florentino Pérez fand sich für den damals 31-jährigen defensiven Mittelfeldakteur jedoch keine Verwendung mehr.

111 Gründe, Real Madrid zu lieben

Ob seine Unterstützung für Pérez-Konkurrent Lorenzo Sanz ihm letztlich seinen Platz im Madrider Star-Ensemble kostete? „Das glaube ich nicht. Florentino hatte sich dem Vorhaben verschrieben, zur kommenden Saison Luis Figo zu verpflichten, der viel Geld kostete, und Milan bot drei Millionen Peseten (umgerechnet ca. 18 Millionen Euro; d. Red.). Das war eine Menge Geld für einen 31-jährigen Fußballer. Mit Florentino kam auch ‘Pirri’ als technischer Direktor und er teilte mir mit, dass es ein Angebot von Milan gäbe und der Klub bereit wäre, es zu akzeptieren. Kurz zuvor wollte mich bereits Inter kaufen, doch da antwortete Real noch, dass dies unmöglich sei.“

Dass man ihn trotz starker Saison ziehen lassen wollte, setzte dem Argentinier mental dennoch enorm zu, wie er unumwunden zugibt. Am Ende konnte er sich mit dem neuen Abenteuer in Mailand jedoch ganz gut arrangieren: „Um ehrlich zu sein, kratzte es an meiner Selbstachtung, dass sie mich verkaufen wollten. Auf der anderen Seite war es Milan und dann war da Berlusconi, der mich auf meinem Handy anrief, dass ich gehen solle. In Madrid hatte ich alles gegeben, neben weiteren Titeln zwei Champions-League-Titel und zwei Meisterschaften gewonnen. Die Trainer wählten mich in jener Saison zum besten Spieler der Champions League und ich wusste, dass mir hier niemand meinen Platz streitig machen würde. In diesem Sinne war Milan auch für mich eine Herausforderung.“

„Bin nicht in der Position, um Pérez’ Entscheidungen zu kritisieren“

Groll gegen Pérez hegt Redondo wegen seines Abgangs keinen. Oder er lässt ihn sich zumindest nicht anmerken. Was die Verdienste des Präsidenten rund um den Verein angeht, hebt der 49-Jährige vor allem die wirtschaftlichen Errungenschaften sowie die infrastrukturelle Restrukturierung des Klubs hervor: „Die Modernisierung des Stadions muss man ihm hoch anrechnen. Die Ciudad Deportiva (das Trainingsgelände in Valdebebas) ist ein Vorbild für die ganze Welt, und da lasse ich die Verhandlungen rund um den Verkauf des alten Trainingsgeländes noch außen vor. Ich würde auch die Intention hervorheben, die besten Spieler der Welt nach Madrid zu holen. Er hat alles gewonnen, vier der letzten fünf Champions-League-Titel, was nicht einfach ist.“

Mit übermäßiger Kritik an der aktuellen Situation respektive im Vorfeld der Saison getätigter Entscheidungen – wie den Verkauf Cristiano Ronaldos oder das große Chaos rund um die Verpflichtung von Julen Lopetegui – hält sich Redondo ebenfalls zurück. Hierfür kenne er die internen Gegebenheiten nicht gut genug, um eine fundierte Meinung abzugeben: „Es gibt bestimmte Dinge, die ich nicht getan hätte, aber ich bin nicht in der Position, um diese Entscheidungen zu kritisieren und darüber zu urteilen, weil ich nicht aus der Sicht eines Klub-Präsidenten argumentieren kann. Ich bin nämlich keiner. Und ich will auch nicht meine Meinung abgeben als Spieler, der unter seiner Regentschaft gehen musste. Es interessiert mich auch nicht. Was Cristianos Abgang betrifft, kenne ich die Interna nicht. Auf der einen Seite überraschte mich sein Abgang, auf der anderen Seite erinnere ich mich aber an seine Aussagen auf dem Platz während der Feierlichkeiten zum letzten Champions-League-Titel, als er sagte, er würde gehen. Das war seltsam.“

„Zidane erinnert mich an Del Bosque“

Von einem neuerlichen Aufwärtstrend unter Zinédine Zidane ist Redondo hingegen felsenfest überzeugt. „Zizou“ könne alleine durch seine unglaubliche Aura jede Menge bewirken: „Zidane erinnert mich an Del Bosque. Bei Real haben wir zwar nicht zusammengespielt, dafür aber bei einigen Legenden-Spielen und er hat eine sehr starke Persönlichkeit. Zidanes Schweigen vermittelt etwas. Sein Blick vermittelt etwas. Ich bin einer derjenigen, der glaubt, dass es Trainer für bestimmte Mannschaften gibt und keine magische Formel dahinter steckt. Ich weiß zwar nicht, wie viel Zidane spricht, aber sein Wirken ist offensichtlich sehr wichtig. Und das weiß ich sehr wohl, weil Del Bosque es mal verraten hat: Als er noch Real trainierte, konnte ein Blick von Zidane eine Situation komplett umkehren. Und ich denke, dass diese Qualität als Trainer besonders gefragt ist.“

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von
Yannick Frei

Hauptberuflich im Nachwuchsfußball zuhause. Von den Großmeistern Figo und Zidane verzaubert, bin ich bis heute ein glühender Anhänger des größten Klubs der Welt.

Kommentare
Zu seiner Zeit Weltweit einer der besten auf seiner Position!
 
2000 war doch der 8. CL Titel oder täusche ich mich?
2002 Nummer 9 und mit Ancelotti la decima, ja klar. Aber kein Vorwurf an realtotal, bei so vielen Titeln kann man schon mal durcheinander kommen :)
Ein Problem das die Pfeifen in Katalonien wohl nur vom Hörensagen kennen :D:D
 
Argh, natürlich! War mein Fehler, hatte das fälschlicherweise noch eingefügt. Danke für den Hinweis!

2000 war doch der 8. CL Titel oder täusche ich mich?
2002 Nummer 9 und mit Ancelotti la decima, ja klar. Aber kein Vorwurf an realtotal, bei so vielen Titeln kann man schon mal durcheinander kommen :)
Ein Problem das die Pfeifen in Katalonien wohl nur vom Hörensagen kennen :D:D
 
Ein GANZ Großer!
Mein erstes Real-Trikot war Redondo und damit bin ich auch zum Real Madrid Fan geworden.

Und wenn man so viele Jahre miterlebt hat, ist es umso unerträglicher zu sehen, wie Spieler, die nicht bloß Angestellte sind weil sie hier gut verdienen oder es gerade am Angenehmsten für sie ist (Courtois), sondern sich als Teil dieser Familie verstehen, von den "Fans" behandelt und verunglimpft werden (Navas!).

Redondo und Guti - meine absoluten Lieblinge! p>
 
Ein GANZ Großer!
Mein erstes Real-Trikot war Redondo und damit bin ich auch zum Real Madrid Fan geworden.

Und wenn man so viele Jahre miterlebt hat, ist es umso unerträglicher zu sehen, wie Spieler, die nicht bloß Angestellte sind weil sie hier gut verdienen oder es gerade am Angenehmsten für sie ist (Courtois), sondern sich als Teil dieser Familie verstehen, von den "Fans" behandelt und verunglimpft werden (Navas!).

Redondo und Guti - meine absoluten Lieblinge! p>

Was heißt denn verunglimpft? Keiner ist Navas in irgendeiner Form böse, genauso wenig wie zb Vazquez. Beide sind sicher super Typen, aber wir reden von Leistungssport und Real Madrid wäre heute nicht da wo wir sind wenn wir immer nur die sympathischsten Spieler gekauft hätten bzw spielen lassen hätten...

PS: Guti, absolute Legende, da stimme ich zu. Genauso wie Casillas für mich eine der Legenden ist.
 

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