Historie

Historische Duelle mit Deutschen: Das UEFA-Cup-Finale gegen Köln

34 Meisterschaften, 19 Copa-del-Rey-Siege, 13 Champions-League-Titel, deren sieben FIFA-Klub-WM- respektive Weltpokal-Titel sowie etliche weitere Trophäen – der Vitrinenschrank der Blancos ist prall gefüllt. Bei der Vielzahl an Edelmetall vergessen Fans und Beobachter der Königlichen häufig, dass der spanische Hauptstadtklub 1985 und 1986 zudem zwei Mal den UEFA-Cup gewonnen hat. Im Finale der Spielzeit 1985/86 bezwangen die Blancos den 1. FC Köln im Hinspiel mit 5:1, während das Rückspiel mit 0:2 verloren ging.

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Die Kapitäne Klaus Allofs (links) und José Antonio Camacho führen die Mannschaften auf das Feld – Foto: imago images / Kicker/Liedel

In Köln sprechen sie noch heute vom geschichtsträchtigen UEFA-Cup-Finale 1986. Der Gegner? Kein Geringerer als Real Madrid – der offiziell beste Fußballklub des 20. Jahrhunderts. So gewann “La Quinta del Buitre”, der Klasse des Geiers, wie das Real Madrid Mitte bis Ende der 1980er Jahre genannt wurde, in jener Zeit national gleich fünf Meisterschaften in Folge. Und doch haftet den “fünf Geiern” ein kleiner Makel an – denn der Erfolg auf der ganz großen Bühne blieb aus. Gelang es den vom Fachmagazin FRANCE FOOTBALL zur besten Mannschaft des Jahrzehnts gekürten Blancos im Europapokal der Landesmeister – der heutigen Champions League – nicht, die langersehnte “Septima” einzufahren, blieb auf internationaler Ebene allerdings auch auf Seiten der Königlichen vor allem das UEFA-Cup-Endspiel der Saison 1985/86 im Gedächtnis. Dort reichte den von Luis Molowny gecoachten Madrilenen gegen den deutschen Traditionsverein 1. FC Köln schon ein gutes Finalhinspiel, um ein weiteres Kapitel der Rivalität mit deutschen Teams zu schreiben.

5:1-Gala im Hinspiel als Grundstein

Bereits bevor die erste von zwei Partien des damals in Hin- und Rückspiel ausgetragenen UEFA-Cup-Finals angepfiffen wurde, erhielten die Kölner Profis ein ganz besonderes, jedoch ebenso ungewöhnliches Geschenk. So überreichten die Spanier ihren deutschen Gästen jeweils einen mit dem Real-Logo verzierten Aschenbecher  – ein Ausdruck anderer Zeiten. Während rauchende Fußballprofis in den 1980er Jahren keine Seltenheit darstellten, scheint der Profisport dieser Tage bis ins letzte Detail optimiert zu sein.

Sportlich erwischte der FC einen Start nach Maß, obwohl sie von der geballten Strahlkraft des Estadio Santiago Bernabéu zunächst einmal erschlagen waren: “Ich habe auch später in England in den großen Stadien wie Old Trafford oder Highbury gespielt, aber das größte Spiel war mit dem FC im Bernabéu”, erinnerte sich Kölns Defensivspieler David Pizanti in einem Interview mit dem EXPRESS. Der Außenseiter legte dann aber die anfängliche Nervosität ab und ging in der 29. Spielminute durch Klaus Allofs, welcher die gesamte Hintermannschaft der Madrilenen düpierte, per sattem Linksschuss aus 16 Metern überraschend in Führung.

In der Folge drehten die Blancos dann jedoch auf: Zunächst egalisierte Reals “Dauer-Pichichi” Hugo Sánchez nach einer Freistoßflanke im Nachsetzen (38.), ehe Rafael Gordillo nach einer weiteren Freistoßflanke per Kopf zur Stelle war (42.). Nach dem Seitenwechsel schraubten Jorge Valdano per Doppelpack (51., 84.) sowie Santillana (89.) das Ergebnis auf 5:1 in die Höhe. Die MARCA titelte am Tag darauf “A pesar de marcar el primero de Colonia – ¡Qué Madrid!”: “Trotz des ersten Kölner Treffers – was für ein Madrid!”

Nach Ausschreitungen: Spärlich besuchtes Rückspiel in Berlin

Somit konnte die Ausgangssituation für die Königlichen kaum besser sein. Mit einem 5:1-Erfolg im Gepäck führte die Reise der Molowny-Schützlinge jedoch nicht nach Köln, sondern ins Berliner Olympiastadion. Aufgrund schwerer Ausschreitungen beim Halbfinal-Rückspiel in Waregem (3:3), an denen auch Kölner Fans beteiligt waren, verdonnerte die UEFA den FC dazu, das Finalrückspiel mindestens 350 Kilometer entfernt von der Domstadt auszutragen. Der FC legte Berufung ein, das nützte jedoch nichts – die Kölner mussten das erste und einzige Europapokalfinale ihrer Vereinsgeschichte fernab der rheinischen Heimat austragen. Die Entscheidung für den alternativen Austragungsort fiel schließlich auf Berlin – der Heimvorteil was somit deutlich verringert. Doch nicht nur die große Entfernung zu Köln, auch das schlechte Hinspiel-Ergebnis führte dazu, dass – obwohl die vielleicht beste Vereinsmannschaft Europas vorstellig wurde – verhältnismäßig wenige Zuschauer den Weg ins Berliner Olympiastadion fanden. Als PR-Maß­nahme mussten wir Spieler am Spieltag noch über den Ku’damm laufen und auf der Straße Rosen ver­teilen, um Wer­bung für die Partie zu machen. Geholfen hat das nichts, es kamen nur 16.000 Zuschauer“, erinnerte sich etwa der damalige Kölner Offensivakteur Uwe Bein im Gespräch mit dem Fachmagazin 11FREUNDE.

Die Geschichte des Spiels ist indes schnell erzählt: Der FC spielte die gesamten 90 Minuten mit offenem Visier, um das schier Unmögliche vielleicht doch noch möglich zu machen. Die optisch überlegenen Kölner gingen Mitte der ersten Halbzeit durch ein sehenswertes Kopfballtor von Bein nach Flanke von Olaf Janßen in Führung. In der Folge erspielte der FC sich zwar einige Chancen auf weitere Tore, bis auf einen Distanztreffer von Ralf Geilenkirchen (72.) sollte den Kölnern allerdings kein weiterer Treffer glücken.

Merkwürdige Kombination: Real in lila Trikots und blauen Hosen

Eine skurrile Randgeschichte des Rückspiels war indes die optische Erscheinung der Königlichen. Da die Kölner in Heimspielen selbst in der Regel mit weißen Dress spielten – sie wurden in Deutschland aufgrund des Spielstils und der erfolgreichen Ära in den 1960er Jahren selbst als “weißes Ballett” bezeichnet – mussten die Blancos ausweichen: In Berlin agierte die Molowny-Elf somit in lila Trikots und blauen Shorts. Schaut man sich die Bilder von damals an (auf Videoaufnahmen ist die Kombination nicht so deutlich zu erkennen), führt diese etwas seltsame Kombination bei dem einen oder anderen Madridista zu verdutzten Blicken.

Während Real-Legende Molowny seine glorreiche Karriere, in der er drei Meisterschaften sowie je zweimal den Pokal und den UEFA-Cup gewann, mit dem Final-Triumph veredelte, war die Stimmung im Kölner Lager zwiegespalten. „Das linke Auge lacht, das rechte Auge weint“, sagte etwa FC-Coach Georg Keßler und ergänzte: „Unser 2:0 fiel zu spät. Unsere Niederlage begann aber schon mit dem Skandalurteil der UEFA in Zürich, das uns zum zweiten Endspiel nach Berlin verbannte.“ Aufseiten der Blancos hingegen sollte die Saison 1985/86 den Startschuss für eine Phase außergewöhnlicher Dominanz auf nationaler Ebene darstellen, in welcher die “Quinta del Buitre” fünf Meisterschaften in Serie sowie einen Pokalsieg feierte.

Von 1971 bis 2009 gab es den UEFA-Pokal, danach die Europa League – Foto: imago images / ZUMA Press

Und auch wenn die europäische Krönung im Landesmeister-Pokal ausblieb, ist das Finale gegen den 1. FC Köln ein wichtiger Bestandteil der stolzen Vereinsgeschichte des Hauptstadtklubs. Trotz der unzähligen Titel sind die denkwürdigen Vergleiche mit dem FC auch in Madrid unvergessen. So erinnert ein FC-Trikot im Real-Museum noch heute an das spanisch-deutsche Duell.

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Kommentare
Ich hoffe das es irgendwann wieder zu einem Finale zwischen Real und dem FC kommt.

Das war eines meiner ersten Erlebnisse als Fan. Das Finale war schon toll, aber der Höhepunkt dieser Saison, war für mich die dritte Runde, als wir in Gladbach 5:1 verloren, die deutschen Medien sich überschlugen und dann dieses grandiose Rückspiel - 4:0 für uns und durch die Auswärtstorregel kamen wir weiter.
Die Spiele konnte ich noch mit meinen Großvater verfolgen, der mich an den Verein ran führte, was für Zeiten...

Der UEFA-Pokal, nur mit KO-System, brachte damals grandiose Spiele hervor. Bayer Uerdingen - Dynamo Dresden, dass Hinspiel gewann Dresden 2:0, im Rückspiel in Krefeld führten sie 3:1 zur Halbzeit und dann schoss Uerdingen noch sechs Tore in Halbzeit zwei zum 7:3 - eines der besten Spiele meiner Fußballfankarriere, werde ich nie vergessen. Ähnlich das UEFA-Pokal-Finale 1988 Leverkusen - Espanyol Barcelona, waren auch so unglaublich Spiele 2:0 für die Spanier - 3:0 für Leverkusen im Rückspiel mit Verlängerung und Elfmeterschießen...
 
Zuletzt bearbeitet:
Was waren das damals noch für Zeiten^^ hab die zwar nicht miterlebt, aber mein Vater hat mir immer wieder von diesen heute undenkbaren Spielen erzählt. Weiteres Beispiel wäre auch der damals international erfolgreiche HSV :D Schade, dass es heutzutage wirklich nur noch die ganz großen Vereine schaffen oder eben solche, die einen Scheich oder Investoren an die Seite gestellt bekommen.
 

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