
Fußball im Mai unwahrscheinlich
Das klingt für Fans nicht gut. “Wir hoffen das Beste, sind aber auf das Schlimmste vorbereitet”, wird Gianni Infantino in der GAZZETTA DELLO SPORT zitiert hinsichtlich der Frage, wann der Spielbetrieb wieder aufgenommen werden könne. Der FIFA-Präsident machte deutlich, dass er eine Rückkehr des Fußballs im Mai nicht für realistisch halte. “Wir werden erst dann wieder spielen, wenn wir das tun können, ohne jemandes Gesundheit zu gefährden”, betonte Infantino. Um dies zu gewährleisten sei es wichtig, stets im Austausch mit den beteiligten Institutionen zu stehen. Außerdem seien Verbände und Ligen bereit, den Empfehlungen der Regierungen sowie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu folgen.
Auslaufende Verträge: Sonderregelungen möglich
Um den Ligen und Vereinen mehr Handlungsoptionen einzuräumen, würden derzeit der Kalender der Nationalmannschaften sowie die Vertragsbestimmungen geprüft. “Wir denken darüber nach, die Vertragsbestimmungen zu ändern und vorübergehende Ausnahmeregelungen vorzunehmen, die es erlauben, die ursprünglich bis zum 30. Juni laufenden Verträge zu verlängern”, sagte Infantino mit Blick auf die Spieler, deren Arbeitspapier am Ende der Saison ausläuft. Denn während ein Spielbetrieb über den 30. Juni hinaus auf der aktuellen rechtlichen Grundlage nicht denkbar scheint, würden Ausnahmeregelungen den Vereinen mehr Spielraum geben. “Es sind schwierige Maßnahmen erforderlich – es gibt allerdings keine anderen Optionen”, so Infantino weiter.
Analog zu Infantinos Äußerungen meldete sich am Montagmittag auch der spanische Verband RFEF in einem gemeinsamen Statement mit der spanischen Fußball-Liga zu Wort. Demnach sei der 30. Juni zwar derzeit der anzuvisierende Stichtag, an dem die Saison beendet sein müsse, dabei handele es sich jedoch keinesfalls um eine “unpassierbare Mauer”, wie RFEF-Präsident Luis Rubiales betonte. Liga-Chef Javier Tebas äußerte sich zudem sogar etwas optimistischer als Infantino, in dem er Mitte Mai als “realste Option der Wiederaufnahme der Wettbewerbe in Europa” nannte.
Ökonomische Ausnahmesituation
Zudem stellte der 50-jährige Schweizer im Interview mit der italienischen Tageszeitung klar, dass ökonomische Konsequenzen diskutiert werden müssten. “Wir müssen alle Opfer bringen”, so der FIFA-Boss hinsichtlich der gesamtgesellschaftlichen Ausnahmesituation. Dennoch verfüge die FIFA über einen Fonds für Krisenzeiten. “Dank der vergangenen vier Jahre verfügt die FIFA über exzellente Ressourcen”, erläuterte Infantino. Die Reserven seien ursprünglich für eine Krisensituation des Verbandes vorgesehen – da es sich bei der Corona-Krise allerdings um eine den gesamten Weltfußball umfassende Krise handele, stehe es außer Frage, dass der Weltverband alles tun müsse, was in ihrer Macht liegt, um die Herausforderungen zu bewältigen.
Reformation des Fußball: Schritt zurück denkbar
Am Ende des Interviews thematisierte der FIFA-Chef außerdem eine mögliche Reformation des Fußballs: „Vielleicht können wir den Fußball reformieren, indem wir einen Schritt zurück machen und weniger, aber interessantere Wettbewerbe und Spiele austragen, um die Gesundheit der Spieler zu schützen. Vielleicht mit weniger Teams, aber dafür mit einer bessere Balance.” Damit dürfte Infantino bei den Profi-Klubs und deren Spieler und Verantwortliche auf offene Ohren stoßen. Immer wieder hatten sich Trainer, Spieler, aber auch Zuschauer in den vergangenen Jahren für eine Ausdünnung des Kalenders ausgesprochen.
Mit Blick auf die Chancengleichheit im Weltfußball wünscht sich der Weltfußballverbands-Präsident, dass in Zukunft “mindesten 50 Nationalmannschaften die Weltmeisterschaft gewinnen können – und nicht nur acht europäische und zwei südamerikanische Teams.” Auf Klub-Ebene, etwa mit Blick auf die FIFA-Klub-Weltmeisterschaft, gelte ähnliches. “Es sollten 50 Klubs in der Lage sein, die Klub-Weltmeisterschaft zu gewinnen – darunter etwa 20 europäische Vereine und nicht nur deren fünf oder sechs”, sagte Infantino.
Demzufolge könnte die aktuell als möglicherweise schwerste Krise des Weltfußballs daherkommende Corona-Krise den Fußball vielleicht nachhaltig reformieren und dazu führen, dass ein gesünderer Weg eingeschlagen wird. Wie das im Detail aussieht, bleibt jedoch noch abzuwarten. Demnach sei “jetzt nicht die Zeit, darüber zu sprechen”, wie Infantino sagte – die Priorität bestehe derzeit darin, zur Normalität zurückzukehren. Das dürfte auch im Sinne der Fans sein.
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