
Über den Transfer von Achraf Hakimi wurde schon viel geschrieben. Auch meine Kollegen Filip Knopp und Edin Soso haben eine lesenswerte „Pro und Contra“-Diskussion veröffentlicht.
Viele Fans sehen den Wechsel kritisch: 85 Prozent bewerteten ihn bei unserer Umfrage als schlecht. Auch ich habe so meine Zweifel, doch überwiegt bei mir dieser Gedanke: Der Wechsel ist sehr schade, aber Reisende soll man nicht aufhalten. Und eine Rückkehr würde ich nicht ausschließen.
Wie REAL TOTAL bereits im Mai berichtete, würden sich die Blancos bei einem „guten“ Angebot gesprächsbereit zeigen. Was ein „gutes“ Angebot ist, scheint jedoch Definitionssache, vor allem wenn angeblich sowohl Manchester City als auch (noch unwahrscheinlicher) der FC Bayern mehr als die 40 bis 45 Millionen Euro geboten haben sollen. Warum es trotzdem Inter Mailand geworden ist? Weil es bei Real Madrid noch um drei bisher kaum berücksichtigte Dinge geht: Bei Verkäufen wird durchaus auch berücksichtigt, was der Spieler will, so wurden beispielsweise auch Cristiano Ronaldo oder Álvaro Morata in der Vergangenheit keine Steine in den Weg gelegt – Hakimi wollte nach Italien (auch aus Steuergründen). Zweitens: Wenn Real Madrid es vermeiden kann, direkte Konkurrenz zu stärken, dann verzichtet man aufgrund der finanziell guten Situation auch mal auf ein paar Millionen. Auch daher lässt man den Marokkaner lieber zu Inter als zu Bayern oder City ziehen. Und: Florentino Pérez und Co. denken weiter, lassen sich Hintertüren offen. Nein, eine Rückkaufoption gibt es nicht, weil dies anscheinend in Italien verboten ist. Aber: Durch das Matching Right können die Königlichen zukünftige Angebote ausstechen und Hakimi zurück locken. Vielleicht käme der dann auch mit seinem neuen Trainer. Antonio Conte lehnte im Herbst 2018 noch ab, aber ob er auch ein zweites Mal den „Zug“ Real Madrid abfahren ließe? Zinédine Zidane ließ zuletzt wieder durchblicken, wie anstrengend der Job sei – er ist keiner für einen langen Zeitraum. Und Conte machte klar, wenn er etwas mache, dann richtig: „Ich bevorzuge es, von Anfang an zu arbeiten.“
Conte ist weit weg, Hakimi jetzt ebenso. Dass er mit 21 Jahren schon Stammspieler bei einem Top-Klub sein will, kann man ihm als besonderen Ehrgeiz auslegen oder auch als mangelnde Geduld ankreiden. Dani Carvajal benötigt einen Konkurrenten, der ihm Druck macht, und auch wenn ich Carvajal noch zwei, drei Jahre vor Hakimi sehe, wäre der Marokkaner dennoch auf reichlich Einsätze gekommen. Weil einerseits der mittlerweile 28-jährige Carvajal dringend Pausen benötigt und andererseits weil Real auf der rechten Seite nicht so gut bestückt ist wie links. Eine Saison mit 50 bis 60 Pflichtspielen kann lang sein, auch ohne Verletzungen wäre Hakimi locker auf 30 Einsätze gekommen – daher überwiegt bei mir eher der Gedulds- als Ehrgeiz-Gedanke.
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Trotzdem bin ich sicher: „Arra“ wird sich gut machen! In der Vergangenheit wurde ich ausgelacht, als ich ihn mit dem früheren Gareth Bale verglich (hier oder hier oder hier), der bei Tottenham als Linksverteidiger für Furore sorgte – unter anderem und ausgerechnet im San Siro mit einem Hattrick. Viel Offensivdrang, noch mehr Geschwindigkeit, aber defensiv nicht immer sattelfest – also genau das, was Hakimi in zwei Jahren Dortmund zeigte. Conte kann ihn zu einem Weltklasse-Rechtswasauchimmer entwickeln. Und ihn vielleicht eines Tages nach Madrid mitnehmen – vielleicht werde ich für dieses Gedankenspiel genauso belächelt wie für den mittlerweile passenden Bale-Vergleich?
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