
„War mir nicht bewusst, was Real Madrid bedeutet“
MADRID. Der Motor stottert noch. Karim Benzema, in den vergangenen beiden Spielzeiten mit 30 respektive 27 Treffern der beste Schütze von Real Madrid, bringt es in der jungen Saison 2020/21 nach sieben Einsätzen auf gerade mal ein Tor. Derart schwach war er im Trikot der Königlichen zuletzt vor exakt zehn Jahren, in der Kampagne 2010/11, gestartet. Selbst seine Premieren-Saison verlief anfangs vergleichsweise besser – auch wenn ihm diese rückblickend mit nur neun Toren als besonders schwere Zeit in Erinnerung geblieben ist.
„Ich war sehr glücklich, zu unterschreiben, war mir aber nicht bewusst, was Real Madrid bedeutet. Madrid, die Mannschaft, die Leute, der Druck. Das ist ein Klub, der viele Champions-League-Titel gewonnen hat, der Klub der ‘Galácticos’…“, sagte Benzema, zum Zeitpunkt seiner Ankunft in der spanischen Hauptstadt erst 21, dem TV-Sender MOVISTAR+.
[advert]
„Ich war etwas verloren, einsam“
„Es war sehr schwer. Du hast gesehen, dass in der Kabine die besten Spieler waren. Ich war einsam, sprach überhaupt kein Spanisch. Es war etwas schwer, wenn du dich abseits des Platzes nicht gut fühlst. Das war in meinem ersten Jahr der Fall. Weil es ein sehr großer Klub ist, gibt es nicht die Zeit dafür, um einen Spieler zu beschützen. Ich hatte den Präsidenten immer bei mir. Er rief mich an, sprach mit mir. Ich war sehr jung und hatte keine Ahnung, was Real Madrid war. Ich hatte gedacht, dass ich dort hingehe, spiele und das alles ist. Damals war der Fußball für mich nur ein Spiel auf dem Rasen, man spielt ihn aber auch abseits des Platzes. Deswegen war ich etwas verloren, einsam“, so der 32-Jährige.

„Als ich Florentino sah, vergaß ich alle anderen Vereine“
Florentino Pérez habe ihn schon vor dem perfekt gewordenen 35-Millionen-Euro-Transfer in Lyon einen Besuch abgestattet, verriet Benzema: „Ich saß mit Freunden zusammen und sowohl meine Familie als auch mein Berater riefen mich an, damit ich schnell nach Hause komme, um zu reden. Ich sagte, dass ich keine Zeit habe, aber sie sagten mir, dass Florentino in meiner Ortschaft sei. Ich öffnete die Tür und sah ihn. Er umarmte mich. Ich sagte nur ‚Hola‘. Ich wusste, dass es Klubs gab, die Interesse an mir hatten, hätte aber nie gedacht, dass Florentino zu mir nach Hause kommen würde. Als ich ihn sah, vergaß ich alle anderen Vereine. Ich gab ihm mein Wort.“
„Ein Kerl mit dem Doppelten oder Dreifachen an Toren“
Er hat sein Wort nicht gebrochen – und dann jahrelang unter anderem mit Cristiano Ronaldo das Angriffsspiel des weißen Balletts geprägt. Wegen des portugiesischen Superstars stellte Benzema sein Spiel um. „Er war dafür da, um die Tore zu schießen. Ich veränderte mein Spiel, um mit ihm zusammenzuspielen. In Lyon hatte ich anders gespielt. Jetzt bin ich auf dem Platz frei. Bei Cristiano hatte ich mich verändert, ich spielte für ihn. Ich hatte einen Kerl neben mir, der das Doppelte oder Dreifache an Toren gemacht hat. Du musst dich dann anpassen. Meine Torjäger-Seele legte ich beiseite“, erinnerte sich die Nummer 9, die bislang auf 250 Treffer und 137 Vorlagen in 520 Pflichtspielen kommt.
„Frankreichs WM-Titel tat mir nicht weh“
Während Benzema bei Real auch nach elf Jahren noch gebraucht wird, verzichtet die französische Landesauswahl aufgrund der Verwicklung in den Erpressungsskandal um Mathieu Valbuena schon seit Herbst 2015 auf ihn. Und das wird sich auch nicht mehr ändern. Bitter für den Stürmer-Star: Den Triumph seiner Nation bei der Weltmeisterschaft 2018 musste er als Zuschauer mit ansehen. Aber das ist nicht das, was ihm primär missfällt.
„In der Nationalmannschaft will jeder spielen. Ich bekam nie eine Erklärung und glaube, es sind Dinge, die von oben entschieden wurden. Das Gute für mich ist, dass ich pausieren und mich auf Real Madrid konzentrieren kann. Dass Frankreich Weltmeister geworden ist, hat mir nicht wehgetan. Natürlich wäre ich gerne Weltmeister, aber mir hat es mehr geschmerzt, keine Erklärung bekommen zu haben. Ich habe gefragt, aber keine Antwort bekommen. Das war es. Ich konzentriere mich auf meinen Klub und mein Leben in Madrid“, so Benzema.
Community-Beiträge