
Real Madrid gewinnt mit Tor, das unmöglich schien
BERGAMO. Als es immer mehr so schien, als würde es einfach nichts mehr werden, wurde es doch noch etwas. Und das ausgerechnet mit einem Versuch, dessen Ergebnis in dieser Saison schon so manches Mal für Kopfschütteln bei Fans und Beobachtern gesorgt hatte.
In der 85. Minute von Real Madrids Champions-League-Achtelfinal-Hinspiel gegen Atalanta Bergamo stand es am Mittwochabend immer noch 0:0 – obwohl die seit der 17. Minute in Überzahl agierenden Königlichen das Geschehen absolut beherrschten und längst hätten einnetzen können. Dann vollendete Ferland Mendy eine kurz ausgeführte Ecke von Toni Kroos zentral aus etwa 20 Metern zum viel umjubelten und verdienten Siegtreffer. Mit dem rechten Fuß! „Ein goldenes Tor“, titelt die spanische Sportzeitung AS.
Esta es nuestra #PortadAS de hoy, jueves 25 de febrero
Gol de oro pic.twitter.com/pGr50dYnqL— Diario AS (@diarioas) February 24, 2021
Nachdem der französische Linksverteidiger all jene, die der Ansicht gewesen waren, er sei beidfüßig, mit teilweise katastrophalen Rechtsschüssen aus der zweiten Reihe Lügen gestraft hatte, machte er es diesmal plötzlich viel besser. So gut, dass er den Madrilenen mit Blick auf das Rückspiel am 16. März im heimischen Estadio Alfredo Di Stéfano eine ordentliche Ausgangsposition beschert hat. Die UEFA überreichte Marcelos Nachfolger, der in seinen letzten vier Einsätzen öfter für Real traf (zweimal) als in zuvor 56 Spielen (ein Tor), nach Abpfiff die Auszeichnung zum Spieler des Spiels.
Real Madrid: Fünf Siege in Folge – viermal ohne Gegentor
Auswärts getroffen, auswärts gewonnen: Die Blancos reisen gut gelaunt zurück in die spanische Hauptstadt. Pessimisten hatten sich im Vorfeld der Partie wegen Reals großer Ausfall-Probleme – Daniel Carvajal, Sergio Ramos, Federico Valverde, Eden Hazard und Karim Benzema fehlen unter anderem – und der Offensiv-Stärke des Serie-A-Klubs gegenseitig von ihren Horrorszenarien erzählt.
Das weiße Ballett ließ dann aber auf die zuletzt vier Erfolgserlebnisse am Stück einfach auch noch einen fünften Sieg folgen. Das gab es in der laufenden Saison erst einmal: im starken Dezember mit sogar sechs Triumphen. Zinédine Zidanes Ensemble spielte nun zudem zum vierten Mal nacheinander zu Null. Ohne Ramos, dafür mit Ramos light: Nacho Fernández, der in Top-Form ist. „Einen so ruhigen Abend hatte ich nicht erwartet“, gestand Keeper Thibaut Courtois, nachdem er kein einziges Mal ernsthaft geprüft worden war.
Der Makel: Reals Erfolg fällt nicht hoch genug aus
So bestimmend und sicher Real gerade vor dem Hintergrund der Personalsorgen jedoch auch aufgetreten sein mag – das Team um Ersatzkapitän Raphaël Varane muss sich auch Kritik gefallen lassen. Allen voran für die nicht genutzten Torchancen in der ersten und zu Beginn der zweiten Halbzeit. Mit mehr Kaltschnäuzigkeit und Zielwasser hätten Vinícius Júnior und Co. Atalanta in dieser Runde schon mit dem Hinspiel den Zahn ziehen können. Sicher ist stattdessen noch nichts. Beim Schlamassel gegen Ajax Amsterdam im Jahr 2019 hatte man auswärts zunächst auch knapp gewonnen (2:1), ehe es das 1:4-Debakel gab.
Minimalistische Siege. Immerhin. Aber es ist eine dieser Eigenschaften, an der sich erkennen lässt, was Real im Vergleich zu den momentanen Spitzenteams in Europa fehlt: Qualität im Angriff, Qualität im Abschluss. Sie ist so wichtig. Paris Saint-Germain hat den FC Barcelona auswärts vergangene Woche 4:1 abgefertigt, der FC Bayern München gewann am Dienstag genauso hoch bei Lazio Rom. Manchester City bezwang Borussia Mönchengladbach am Mittwoch auswärts 2:0. Dem Trio ist das Viertelfinale nicht mehr zu nehmen, wohingegen Real noch ernsthaft kämpfen muss, um den dritten Achtelfinal-K.o. in Folge zu verhindern.
Mijatović: Real Madrid „auf keinen Fall“ Titelkandidat
Predrag Mijatović, einst sowohl Spieler als auch Sportdirektor bei den Blancos, hält Zidanes Truppe trotz der Siegesserie nicht für fähig, ManCity, PSG und Bayern den Titel streitig zu machen. „Auf keinen Fall, auf keinen Fall. Wir befinden uns momentan sehr weit unter diesem Level. Und das ist besorgniserregend“, gab der Montenegriner bei dem Radiosender CADENA SER zu verstehen, dass Real ihn fußballerisch in keiner Weise überzeugt.
In einer Blitz-Umfrage von CADENA SER auf Twitter gab mit 63,7 Prozent die deutliche Mehrheit der Teilnehmer an, dem Rekordsieger der Königsklasse auch gar nicht mehr als das Viertelfinale zuzutrauen (Halbfinale 8,7 Prozent, Finale 5,8 Prozent, Titel 21,8 Prozent).
El Real Madrid en la Champions está para…
— El Larguero (@ellarguero) February 24, 2021
Madrid habe trotz der offensiv schwachen Atalanta-Performance „kein gutes Spiel gemacht“, die Runde sei offen, mahnte Mijatović – zumal Casemiro sich seine dritte Gelbe Karte abgeholt hat und daher im Rückspiel fehlen wird. „Der Ausfall ist gravierend. Derzeit ist er bei Real Madrid der Spieler, der am schwersten zu ersetzen ist“, so der 52-Jährige.
Schuster: „Madrid wird sich im Rückspiel schwer tun“
So wie Mijatović prophezeit auch Bernd Schuster den Merengues ein herausforderndes zweites Aufeinandertreffen mit dem Team von Gian Piero Gasperini. „Atalanta ist sehr tapfer, sehr offensiv. Madrid wird sich im Rückspiel schwer tun“, so der Meister-Trainer von 2008 bei dem Radiosender ONDA CERO. Spätestens dann wird sich zeigen, was dieses 1:0 wert war.
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