
1. Mehr Rotationen täten Real gut
Der kurzfristige Ausfall von Luka Modrić spülte mal wieder Eduardo Camavinga in die Starfelf, ebenso fand sich auf dem rechten Offensivflügel ein Platz für Marco Asensio, der zu Saisonbeginn eigentlich von Coach Carlo Ancelotti zum zentralen Mittelfeldspieler transformiert wurde. Es waren kleine personelle Veränderungen, die aber für einen enorm frischen Wind sorgten. Der 18-jährige Camavinga belebte die Zentrale des weißen Balletts mit seiner Verve und Aggressivität (sechs erfolgreiche Tacklings) merklich, auch Asensio lieferte mit klaren Aktionen sowie einem Assist zum Führungstor ein aussagekräftiges Bewerbungsschreiben. Für den Spanier, der die REAL TOTAL-Note 1,5 erhielt, hatte auch sein Trainer nach dem Spiel noch lobende Worte übrig: „Wichtig für ihn ist, dass er sich wichtig für das Team fühlt, was er ist. Denn immer, wenn er gespielt hat, wenn er reinkam, war er wichtig. Nun hat er Kroos eine fantastische Vorlage geliefert, defensiv hat er seinen Job auch erledigt“, so Ancelotti.
Stellt sich nur die Frage, warum „Carletto“ nicht noch bei einigen anderen Spielern dafür sorgt, dass sie sich wichtig fühlen – wenigstens als Einwechselspieler. Lediglich zwei Wechsel in der vorletzten Partie gegen Shakhtar, nun drei ganz späte Wechsel gegen Rayo, bei denen beispielsweise ein Eden Hazard kaum Zeit hatte, sich ernsthaft noch in Szene zu setzen. Allein in den letzten drei Begegnungen wurde der Kapitän der belgischen Nationalmannschaft nur für zusammengerechnet 33 Minuten aufs Feld geschickt. Und dann wären da noch Spieler wie Miguel Gutiérrez, Antonio Blanco, Isco oder Luka Jović, die unter dem 62-jährigen Übungsleiter derzeit so gut wie gar keine Rolle zu spielen scheinen. Blanco, der unter Ex-Trainer Zinédine Zidane des Öfteren zum Zug kam und sich als äußerst hilfreich und reif erwies, stand diese Saison zwar mit Ausnahme gegen Espanyol (1:2) immer im Kader, durfte jedoch nur ein einziges Mal mitwirken: eine halbe Stunde gegen Mallorca (6:1), das war’s. Belastungssteuerung, Kabinenklima, Back-ups mit Spielpraxis – vieles spräche dafür, dass den Königlichen mehr und gezieltere Rotationen guttun würden. Dass Ancelotti einiges aus seinen Spielern herausholen kann, bewies er diese Saison immerhin schon eindrucksvoll, denn…
2. Vini, vidi… Viní?
Mit der Ankunft des Italieners zu Saisonbeginn schien er auch gleich einen neuen Spieler mitgebracht zu haben, der eigentlich schon lange da war. Anders lässt es sich wohl kaum beschreiben, betrachtet man die gegenwärtigen Leistungen von Vinícius Júnior. Schon in einer seiner ersten Pressekonferenzen erklärte der Coach: „Er wird für uns ein wichtiger Spieler sein. Ich habe viel Vertrauen in ihn.“ Viele Madridistas reiben sich gegenwärtig die Augen, wenn sie sehen, wie sehr Ancelotti mit diesen Aussagen recht behalten hat. So wenig er es momentan schafft, andere Spieler wie Hazard in Form zu bringen, so gut ist ihm das beim schon als Chancentod abgestempelten Jungspund aus São Gonçalo gelungen. Mit wettbewerbsübergreifend neun Toren und sieben Vorlagen in 16 Spielen hat der brasilianische Flügelflitzer schon nach gut einem Drittel der Saison seine Scorerwerte seiner vorherigen Spielzeiten bei den Merengues überboten. Und wenn es mal nicht zu einer Torbeteiligung wie nun gegen Rayo reicht (“nur” Pre-Assist), dann reißt „Viní“ die Zuschauer des Estadio Santiago Bernabéus immer noch mit spektakulären Aktionen von den Sitzen und saturiert sie wie bei seinem irrwitzigen Dribbling in der 51. Spielminute – auch für Nils Kern das “Nicht-Tor- des Jahres”. Teamkollege Lucas Vázquez zeigte sich zuletzt auch frappiert: „Vinícius entwickelt sich zu einem unaufhaltsamen Fußballer. Er soll sich weiterentwickeln, denn wir wissen nicht, wo seine Messlatte liegt.“ Amen!

3. Mitspielender Gegner? Kein Problem!
Rayo Vallecano gehört diese Saison in LaLiga wohl zu den frechsten und am mutigsten aufspielenden Teams, ganz egal, wie der Gegner heißt. In sämtlichen Ligen wird häufig kritisiert, die „Kleinen“ würden sich gegen die „Großen“ zu wenig zutrauen, sich vornehmlich aufs Verteidigen konzentrieren, anstatt mit einer Nothing-to-lose-Mentalität ins Spiel zu gehen. Gerade weil die Top-Teams es nicht gewohnt sind, wenn der Gegner mitspielt, ist ein solches Vorgehen durchaus vielversprechend. Und ohnehin kann man nur etwas Zählbares mitnehmen, wenn man auch etwas Zählbares tut. Real sah sich nun einem vermeintlich kleinen Gegner ausgesetzt, der jedoch von Anfang an zeigte, die drei Punkte in einen anderen Stadtteil Madrids entführen zu wollen. Die Blancos wackelten am Ende zwar, doch sie fielen nicht. Wie bei einem Rückschlagspiel wussten David Alaba und Co. den Druck des Gegners mitzunehmen und in eigene Energie umzuwandeln. Eine Fähigkeit, die vor allem in der Champions League noch wichtig werden wird, um dort reüssieren zu können. Mitspielende Gegner wie Rayo oder auch Celta (6:1) und Mallorca (5:2) darf es gern häufiger geben, was auf der anderen Seite bedeutet: Gegen tiefstehende Teams á la Osasuna (0:0) finden die Blancos kaum Mittel.
4. Intensitätsverlust in den Schlussphasen
Das 2:1 spiegelt am Ende ergebnistechnisch nicht so ganz das wider, was die Anhänger Reals an der Concha Espina während der 90 Minuten gefühlt haben dürften. Nach teilweise wunderschönen Spielzügen fehlte es in letzter Instanz an einem präzisen Abschluss, ein deutlicherer Heimsieg wurde dadurch verpasst. Vor allem aber sorgte der späte Anschlusstreffer durch Radamel Falcao und eine Rettungstat kurz vor Schluss von Toni Kroos auf der Linie für das Gefühl eines Zittersiegs, der niemals ein solcher hätte werden dürfen – zu gut waren eigentlich die ersten 75 Minuten der Königlichen! Doch der spanische Rekordmeister schafft es in den letzten Wochen kaum einmal, eine Partie ohne Schönheitsflecken, geschweige denn zu Null über die Bühne zu bringen. Nach Führungen beginnt das verwalten und wackeln. So geht speziell mit Näherkommen des Schlusspfiffs ein Intensitätsverlust beim weißem Ballett einher, wie auch Thibaut Courtois am Samstagabend anmerkte: „Wir müssen bis zum Ende konzentriert bleiben, um den Sieg zu sichern und auch wieder zu Null spielen. Gegen Barça haben wir in der letzten Minute etwas dumm ein Gegentor bekommen, auch gegen Elche“, so der Keeper. Recht hat er damit, gegen Elche klingelte es in seinem Kasten in Minute 86, gegen Barcelona sogar in der siebten Minute der Nachspielzeit. Während und nach der Länderspielpause sollten die Blancos zwingend daran arbeiten, sich gute Leistungen oder zumindest solide Ergebnisse nicht kurz vor Spielende noch „beschmutzen“ zu lassen.
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