Reportage

„Hala Modrić“! Zehn (magische) Jahre seit Luka Modrićs Präsentation

Gerade erst am vergangenen Sonntag als Spieler der Partie beim Auswärtserfolg in Vigo ausgezeichnet, feiert Luka Modrić einen Tag vor der nächsten Partie bei Espanyol ein besonderes Jubiläum: Zehn Jahre ist es her, seit Modrić offiziell als Real Madrid-Spieler im Bernabéu vorgestellt wurde.

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Luka Modric
Statt „Hala Madrid“ kann man seit zehn Jahren sagen „Hala Modrić“ – Foto: IMAGO / Alterphotos

Kriegskind und Parkplatz-Kicker

Der 27. August 2012 ist ein besonderer Tag in Real Madrids Historie. Als heute vor zehn Jahren Luka Modrić im Estadio Santiago Bernabéu als Neuzugang vorgestellt wurde, waren vielerorts Skepsis und Zweifel  zu vernehmen. An jenem Tag hätten sich jedoch selbst die größten Optimisten kaum vorstellen können, welch eine einzigartige Erfolgsgeschichte Modrić und sein neuer Verein in der folgenden Dekade gemeinsam schreiben würden. Die Hürden, die Luka Modrić selbst auf dem Weg nach ganz oben meistern musste, machen seine Geschichte einzigartig und teilweise schier unglaublich.

Ein Bauer aus dem kroatischen Dorf Zaton Obrovački, im kargen dalmatinischen Hinterland gelegen, wurde im Herbst 1991 als eines von zahllosen zivilen Opfer des Jugoslawien-Krieges grund- und sinnlos ermordet. Er hieß Luka Modrić. Sein am 9. September 1985 geborener Enkelsohn wurde anschließend mit seinen Eltern vertrieben und lebte fortan unter widrigsten Umständen in völlig überfüllten Flüchtlingsunterkünften in der Küstenstadt Zadar. Sein Name – Luka Modrić, benannt nach dem Großvater. Ablenkung vom tristen Alltag fand der kleine Luka auf der Straße, genauer auf einem alten Parkplatz, auf dem Flüchtlingskinder jeden Tag Fußball gespielt hatten. Modrić hatte es schwer. Er hatte zuvor nie Fußball gespielt, dazu kam noch seine Körpergröße – damals schon war er der Kleinste auf dem Platz. Die Art und Weise, wie er vom ersten Tag an mit dem Ball umging, wie mühelos er schwierige Situationen meisterte, lösten aber schnell Staunen und Anerkennung aus. Modrićs Grundschul-Sportlehrer erkannte auf Anhieb: „Luka konnte auf Beton grätschen und jedes Mal ohne Schürfwunden aufstehen.

Steiniger Weg zum Star

Auf dem Weg vom Betonplatz nach oben waren aber in erster Linie jene Eigenschaften entscheidend, die Luka Modrić noch bis heute als Sportler und Persönlichkeit auszeichnen: Wille, Arbeitsethos, Durchsetzungsvermögen. Sein Teamgeist, sein Gemeinschaftssinn und eine wohltuend ungezwungene Bescheidenheit. All diese Attribute kamen dann auch in der Jugend des NK Zadar zum Vorschein, wo der Ausnahmekönner ab 1995 seine ersten richtigen fußballerischen Schritte machte, ehe ihn Scouts des erfolgreichsten Vereins Kroatien, Dinamo Zagreb, entdeckten und in die Nachwuchsabteilung des Hauptstadtklubs holten. Bereits mit 16 bekam Modrić seinen ersten Profivertrag, um dann mit 18 per Leihe in der bosnisch-herzegowinischen Liga – seinerzeit eine der brutalsten in Europa – bei Zrinjski Mostar zu landen. Es wurde die Reifeprüfung für Größeres – dort kreierte er auch sein neues Bewusstsein: „Wer sich in Bosnien durchsetzt, schafft es überall auf der Welt.“ Modrić wusste sich durchzusetzen: Bereits mit 18 Jahren wurde er zum besten Spieler der bosnischen Liga ausgezeichnet. Später in Zagreb agierte er als Stammspieler und gewann dreimal Meisterschaft und zweimal den Pokal, ehe er auch in seinem Heimatland 2008 zum besten Spieler der Liga gekürt wurde. Nach 68 Einsätzen für Dinamo sollte der nächste Schritt folgen: der Wechsel nach England zu Tottenham Hotspur.

Mit den Königlichen zum Olymp

Die anschließende Entwicklung Modrićs zu einem der besten Spieler der Premier League und einem europäischen Top-Spieler blieb auch in der spanischen Hauptstadt nicht unbemerkt. Die Königlichen begannen um die Dienste des Strategen zu buhlen. Nach 160 Partien auf der Insel und einem wahren Tauziehen im Sommer 2012 einigten sich die Blancos mit den Spurs auf einen 35-Millionen-Transfer an die Concha Espina. „El Pony“, wie der kleine Zauberer seit der Ankunft in Spanien wegen seiner blonden Mähne genannt wird, wurde schließlich am 27. August 2012 den Fans und der Öffentlichkeit vorgestellt, und erhielt einen Fünfjahresvertrag.

„Es ist eine große Ehre, für Real Madrid zu spielen, den besten und großartigsten Klub der Welt. Es hat lange gedauert, aber nun bin ich endlich hier, um mich täglich zu verbessern und mit dem Verein Titel zu sammeln“, sagte er bei der offiziellen Vorstellung im Estadio Santiago Bernabéu. Häufig entpuppen sich solche Sätze im schnelllebigen Profigeschäft als Plattitüden. Luka Modrić ließ seinen Worten allerdings in jeder Hinsicht schnell und nachhaltig Taten folgen.

Sein erstes Pflichtspiel bestritt der Kroate gleich am 31. August 2012 beim Rückspiel der Supercopa de España gegen den FC Barcelona – und gewann direkt seinen ersten von insgesamt 21 Titeln. Am 3. Spieltag der Primera División gab er gegen den FC Granada sein Ligadebüt. Sein erstes Tor für die Blancos erzielte er am 10. Spieltag beim 4:0-Sieg gegen Real Zaragoza. In den Folgejahren prägte Modrić mit Spielern wie Cristiano Ronaldo, Sergio Ramos, Karim Benzema, Toni Kroos, Gareth Bale, Marcelo oder Casemiro eine im modernen Fußball einzigartige Erfolgsära, die neben dem Gewinn der Meisterschaft 2016/17, der Copa del Rey 2013/14 und mehrfachen Titeln im UEFA Super Cup, dem FIFA Klub-WM sowie der Supercopa vor allem in den vier Champions-League-Titeln innerhalb von fünf Jahren gipfelte.

Luka Modric
Modrić wurde 2018 zum Weltfußballer gewählt – als erster Spieler aus Osteuropa überhaupt – Foto: imago images / Xinhua

Aufstieg zum Idol und Identifikationsfigur

Im Sommer 2018 schien Luka Modrić im Alter von 32 Jahren den Zenit seiner Karriere erreicht zu haben. Nach dem dritten Gewinn der Champions League in Folge mit Real Madrid führte er die kroatische Nationalmannschaft als Kapitän sensationell ins Finale der Weltmeisterschaft in Russland. Obwohl die Kroaten dort Frankreich mit 2:4 unterlagen, wurde Modrić von der FIFA als bester Spieler des Turniers ausgezeichnet. Nur wenige Wochen später erhielt er noch den Ballon d’Or als Weltfußballer des Jahres 2018. Was sollte ein 32-Jähriger danach noch erreichen, fragten sich damals viele Beobachter. Umso mehr wuchs die Skepsis um Modrićs Zukunft, als im Sommer 2018 nach Abgängen von Cristiano Ronaldo und Erfolgstrainer Zinédine Zidane das Ende einer ganzen Ära vermutet wurde. Nachdem die Saison 2018/19 tatsächlich für den Spielmacher sowie für den Verein selbst enttäuschend und titellos endete, gab es den allgemeinen Abgesang auf Beide. Was seitdem aber passiert ist, straft nicht nur alle Skeptiker lügen, sondern ist schier unfassbar: Die Blancos gewannen nämlich zwei weitere Meisterschaften, vor allem schafften sie es sehr schnell, sich in der europäischen Spitze zurück zu melden, was in der Vorsaison im spektakulären Gewinn des 14. CL-Titels der Klubgeschichte gipfelte. Eine der wichtigsten Säulen, eine Schlüsselfigur dabei: Luka Modrić. Der fast 37-Jährige spielt in den letzten drei Jahren – nach all den erwähnten Erfolgen zuvor – den wohl besten Fußball seines Lebens. Naturgesetze scheinen bei ihm außer Kraft, und die magischen Momente nehmen mit der Zeit zu.

Neben den erstaunlichen sportlichen Leistungen sind es jedoch auch andere Aspekte, die Modrić mittlerweile zu einer der größten Vereinslegenden bei Real Madrid machen. Während mehrere Stars nach all den Erfolgen entweder zu „satt“ erschienen oder ihr Ego über den Verein stellten, sich teils unrühmlich verabschiedet respektive ins Abseits gestellt haben, ist „Lukita“ sich und seinen Prinzipien treu geblieben. Wie vor genau zehn Jahren ist er glücklich und dankbar, „beim größten und besten Verein der Welt zu spielen“, wie er regelmäßig betont. Vertragsverhandlungen zwischen Real Madrid und Modrić verlaufen seit Jahren nach dem gleichen Muster – geräuschlos und zu aller Zufriedenheit. Nie stellte er das Vereinsprinzip in Frage, nach dem Spieler ab einem bestimmten Alter nur Einjahresverträge bekommen. Gehaltseinbußen sind ebensowenig je ein Störfaktor gewesen. Der Magier aus Kroatien betont vielmehr regelmäßig, wie wichtig es ihm sei, seine Karriere in Madrid zu beenden. „Ich bin sehr glücklich und stolz, mindestens noch ein weiteres Jahr für Real Madrid zu spielen. Ich werde weiter alles für den Klub geben“, sagte Modrić am 8. Juni 2022, nachdem sein Vertrag um ein weiteres Jahr bis 2023 verlängert wurde. Es sind beinahe die gleichen Worte wie bei der Präsentation vor zehn Jahren. Die gleiche Dankbarkeit, ja beinahe Demut, die er all die Jahre dem Verein und dem Mythos entgegenbringt, zeugt von echter Authentizität und wahrer Verbundenheit.

Diese einzigartige Erscheinung ist mittlerweile zu einer der Identifikationsfiguren des Madridismo geworden. Parallel dazu entwickelte sich Modrić auch zu einem dieser Ausnahmesportler und -persönlichkeiten, denen vereinsübergreifend und über alle Grenzen hinweg Bewunderung, Respekt und Dankbarkeit entgegengebracht werden. Szenen wie am vergangenen Wochenende in Vigo, als Reals Maestro bei seiner Auswechslung von Celta-Anhängern mit Ovationen verabschiedet wurde, sind außergewöhnlich und werden nur den ganz Großen zuteil.

Es ist Luka Modrić, Real Madrid und der Fußballwelt zu wünschen, dass im kommenden Sommer still und leise eine erneute Vertragsverlängerung verkündet wird. Diese einmalige Karriere verdient es, mit dem neuen Bernabéu einen würdigen Rahmen für den Schlussakt zu bekommen. Und heute vor zehn Jahren hat diese einmalige Geschichte begonnen!

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Kommentare
Volim te hrvatski mađioničare i svake godine sve više. 10 godina čarolije i radosti, hvala vam na tome.
 
In meinen Augen die 3 besten Mittelfeldspieler aller Zeiten. Zidane. Modric. Iniesta. Bin echt froh Luka unser Picasso miterleben zu dürfen. Mir graut es schon wenn luka irgendwann geht so einen Magier kann man nicht ersetzen. Ich hätte so gerne Zidane und Modric in ihre Primetime zusammen bei uns gesehen.
 
In meinen Augen die 3 besten Mittelfeldspieler aller Zeiten. Zidane. Modric. Iniesta. Bin echt froh Luka unser Picasso miterleben zu dürfen. Mir graut es schon wenn luka irgendwann geht so einen Magier kann man nicht ersetzen. Ich hätte so gerne Zidane und Modric in ihre Primetime zusammen bei uns gesehen.

Modric und Zidane in einem Team? Und dann noch CR7 vorne um die Bälle zu verwerten. Da hätte der Gegner gar nicht erst antreten müssen.
 
Maestro naš!

Nezamenljiv!!!

So ein Zauberer, seine Kunststücke sind nicht von dieser Welt! Und das Ding ist ja dass der Typ einfach schon fast 37 Jahre alt ist, seine Leistung nicht nachlässt, pah ganz im Gegenteil SIE WIRD NOCH KRASSER - so einen gibt es kein zweites mal, so ein krasser Techniker!
Ein Privileg ihn bei sich im Team zu haben!!!

Samo jako Modricuuuu moj!


Hala Madrid!
 

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