Kommentar

„90 Minuten im Bernabéu sind sehr lang“ – für Gegner und Real

„90 minuti en el Bernabéu son molto longo“, sagte Real-Ikone Juanito einmal. Ein Satz, längst so legendär wie sein Urheber und zu Real Madrid passend wie die Champions-League-Hymne. In eben jenem Wettbewerb mussten die Blancos jedoch in den vergangenen Spielzeiten immer mal wieder die Erfahrung machen, dass 90 Minuten im Bernabéu nicht nur für den Gegner, sondern auch für sie selbst sehr lang sein können. Um im Achtelfinal-Rückspiel gegen den FC Liverpool den Drei-Tore-Vorsprung aus dem Hinspiel zu bewahren, bedarf es von An- bis Abpfiff vollen Einsatz, Leidenschaft und Intensität, fordert REAL TOTAL-Redakteur Max-Friedrich Bading. Mahnende Beispiele gibt es genug.

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carvajal chelsea juve
Nicht nur gegen Chelsea und Juventus mussten Carvajal und Co. lange leiden – Fotos: imago, getty

Hoher Auswärtssieg im Hinspiel? Schlechtes Omen

Zugegebenermaßen: Ein wenig Irrsinn verspüre ich schon bei der Behauptung, dass im Achtelfinal-Rückspiel gegen den FC Liverpool (Mittwoch, 21 Uhr, im REAL TOTAL-Liveticker und bei DAZN) noch alles offen ist. Ein Polster von drei Toren herschenken? Vor heimischer Kulisse? Gegen eine kriselnde Mannschaft, die auch ihre Generalprobe beim bis dato Tabellenletzten AFC Bournemouth mit 0:1 verliert? Ja. Man lernt ja mit den Jahren dazu.

Eine Lektion, die nicht nur mir, sondern allen Anhängern der Blancos dabei (zu) häufig erteilt wurde: Wenn Real in der Champions League im Hinspiel eines K.o.-Runden-Duells zunächst auswärts ran muss und das Spiel mit mindestens zwei Toren Vorsprung gewinnt, wird’s im Rückspiel vor den eigenen Fans nicht der erwartet abgeklärte Auftritt, sondern zumeist eng. Richtig eng. Bei den letzten vier Aufeinandertreffen in beschriebener Konstellation musste drei Mal mächtig gezittert werden, ehe das Weiterkommen feststand.

Mahnmale wurden genug errichtet

Da wäre das Viertelfinale der Vorsaison, als man zunächst auswärts 3:1 beim FC Chelsea triumphierte, um dann im Rückspiel zwischenzeitlich mit 0:3 hinten zu liegen. Oder das Viertelfinale der Saison 2017/18, als man in Turin mit 3:0 gegen Juventus gewinnen konnte, im Rückspiel aber auch hier plötzlich ein 0:3 auf der Anzeigentafel las und den Sieg erst in der 90.+7 (!) nach einem streitbaren Elfmeterpfiff erringen konnte. Auch unvergessen und vielen Madridistas mit Sicherheit als eines der nervenaufreibendsten und packendsten Spiele der letzten zehn Jahre im Gedächtnis: das Achtelfinale der Saison 2014/15 gegen den FC Schalke 04. Nach einem 2:0-Sieg in Gelsenkirchen zitterte sich das weiße Ballett im Estadio Santiago Bernabéu mit einer 3:4-Niederlage eine Runde weiter, wurde von den Schalkern phasenweise schwindelig gespielt, denen aufgrund der damaligen Auswärtstorregel nur ein Tor fehlte. Lediglich 2016, beim Achtelfinale gegen die AS Roma, konnte ein deutlicher Auswärtserfolg im Hinspiel (2:0) auch im Rückspiel (2:0) bestätigt werden. Dafür gab es auch mal einen knappen Hinspiel-Sieg, der dann im Rückspiel im Bernabéu aus der Hand gegeben wurde: 2019 gegen Ajax (erst 2:1, dann 1:4)…

Vielleicht ist nun für einige nachvollziehbar, warum vor dem Rückspiel gegen die „Reds“ für mich noch rein gar nichts entschieden ist. Der Irrsinn liegt hier nicht in einer exzentrischen Meinung, sondern in dem, was die Merengues in solchen Situationen oft auf dem Platz zeigen. Ein vermeintlich komfortabler Auswärtserfolg in Hinspielen scheint Gift für die Mentalität der Königlichen zu sein, die in der Folge allzu oft gedanklich schon eine Runde weiter sind und jegliche Einstellung und Intensität vermissen lassen. Wer glaubt, dass gegen die Mannen von Coach Jürgen Klopp ob der hohen Führung ein lockerer Aufgalopp reicht, der täuscht sich. Vom Anpfiff weg muss den Engländern mit voller Einsatzbereitschaft verdeutlicht werden: „Für euch gibt es hier heute nichts zu holen!“ Gerade Klopp ist jemand, der mit seiner leidenschaftlichen Art eine Mannschaft bis in die Haarspitzen motivieren kann.

Quo vadis, Carlo?

Dieses Feuer muss von seinem Gegenüber, Real-Trainer Carlo Ancelotti, im Keim erstickt werden, damit auch der letzte Funken Hoffnung bei den „Reds“ rasch verglüht. Wenn dieser wie nach dem Hinspiel sagt, es sei „gut ausgegangen, nun muss uns klar sein, dass wir im Rückspiel kämpfen und leiden müssen“ oder er nach der gewonnenen Generalprobe gegen Espanyol Barcelona (3:1) fordert, sein Team müsse gegen Liverpool „das ganze Spiel über eine Topleistung bringen, nicht versuchen, das Ergebnis zu halten“, dann handelt es sich dabei für mich schon längst nicht mehr um abgedroschene Standardphrasen, sondern ich nehme ihn beim Wort. Bei jedem einzelnen. Er muss es wissen. Sowohl letzte Saison gegen Chelsea als auch 2015 gegen Schalke stand er an Reals Seitenlinie. Man sollte ihm glauben und ihn ernst nehmen, wenn er wie nach dem Hinspiel sagt: „Entschieden ist nichts, nein.“ Auch für den Gegner sind 90 Minuten im Bernabéu eben manchmal sehr lang.

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von
Max-Friedrich Bading

Abgeschlossenes Studium der Sportwissenschaft, Anglistik/Amerikanistik und Bildungswissenschaft. Ronaldo brachte mich 2002 als Fan zu Real, verlassen hat er den Verein Jahre später ohne mich. Bin stolz, meine Passion für den Klub bei REAL TOTAL mit anderen Madridistas teilen zu dürfen.

Kommentare
im Rückspiel aber auch hier plötzlich ein 0:3 auf der Anzeigentafel las und den Sieg erst in der 90.+7 (!) nach einem streitbaren Elfmeterpfiff erringen konnte.

Den Elfmeterpfiff finde ich aber überhaupt nicht streitbar: Der völlig frei stehende Vazquez erwartet den Ball aus aussichtsreicher Position im Strafraum, ist dabei ihn anzunehmen und Benatia tritt ihm völlig ungestüm von hinten in den Rücken und bringt ihn zu Fall. Der Ball war da nicht mal in der Nähe, sondern die Aktion richtete sich ausschließlich gegen den Mann. Da muss man eher den Schiri loben, dass er in der Nachspielzeit dieses hitzigen Duells einen kühlen Kopf bewahrt hat. Die Entscheidung war richtig, ob in der ersten oder in der letzten Minute der Nachspielzeit.
Dass man gegen Liverpool vorsichtig sein muss, ist aber unbestreitbar. Ganz nüchtern betrachtet haben wir nur eins von zwei Spielen gewonnen, uns fehlen also noch genau 50% zum Weiterkommen.
 
im Rückspiel aber auch hier plötzlich ein 0:3 auf der Anzeigentafel las und den Sieg erst in der 90.+7 (!) nach einem streitbaren Elfmeterpfiff erringen konnte.

Den Elfmeterpfiff finde ich aber überhaupt nicht streitbar: Der völlig frei stehende Vazquez erwartet den Ball aus aussichtsreicher Position im Strafraum, ist dabei ihn anzunehmen und Benatia tritt ihm völlig ungestüm von hinten in den Rücken und bringt ihn zu Fall. Der Ball war da nicht mal in der Nähe, sondern die Aktion richtete sich ausschließlich gegen den Mann. Da muss man eher den Schiri loben, dass er in der Nachspielzeit dieses hitzigen Duells einen kühlen Kopf bewahrt hat. Die Entscheidung war richtig, ob in der ersten oder in der letzten Minute der Nachspielzeit.
Dass man gegen Liverpool vorsichtig sein muss, ist aber unbestreitbar. Ganz nüchtern betrachtet haben wir nur eins von zwei Spielen gewonnen, uns fehlen also noch genau 50% zum Weiterkommen.

Mir schwillt JEDES mal der Kamm an, wenn ich lese das der 11er fragwürdig war.

Benatia der Riese gegen den kleinen Lucas.... war doch klar das Lucas da nicht stehenbleiben kann wenn der von hinten getackelt wird.

100%iger 11er
 
Sollte es so kommen, dann darf man sich nicht beschweren. Mit 3 Toren das Rückspiel zu Hause anzutreten egal gegen wem sollte reichen. Klar ist, das Liverpool All In gehen wird und bestimmt nicht abwartend agiert. Dennoch ist man Real Madrid und sollte hier clever die 90 Minuten runterspielen.

Macht man Experimente, parkt gegen Pool den Bus und gibt das Ding noch ab, dann fällt mir dazu nichts mehr ein, unabhängig von der Vergangenheit. Es ist wie immer ein neues Spiel und die Karten liegen eindeutig für Madrid günstig. Verspielt man das, dann hat man das weiterkommen auch absolut nicht verdient !


Gruß, Gato
 
Der LFC sollte e einfach vermeiden in Führung zu gehen.Nach dem 7:0 gegen Manchester hat wohl jeder gedacht,die bekommen so langsam die kurve ,aber da hat sich ja dann gestern wieder schnell gegen den Tabellenletzten relativiert.Ich hoffe langsam mal wieder auf Alaba und Mendy ,damit wir die ganzen fremdspieler mal wieder auf ihren Positionen spielen lassen können.
Quo vadis Carlo ? Da kommt nix besonderes .Kroos/ modric und Valverde vorne rechts .Denke nicht das er sich mehr traut ,aber lassen wir uns einfach überraschen.auch wenn es keine geben wird zu 99 %
 
Wobei Mendy endlich mal eine Konkurrenz braucht auf seiner Position!
Der LFC sollte e einfach vermeiden in Führung zu gehen.Nach dem 7:0 gegen Manchester hat wohl jeder gedacht,die bekommen so langsam die kurve ,aber da hat sich ja dann gestern wieder schnell gegen den Tabellenletzten relativiert.Ich hoffe langsam mal wieder auf Alaba und Mendy ,damit wir die ganzen fremdspieler mal wieder auf ihren Positionen spielen lassen können.
Quo vadis Carlo ? Da kommt nix besonderes .Kroos/ modric und Valverde vorne rechts .Denke nicht das er sich mehr traut ,aber lassen wir uns einfach überraschen.auch wenn es keine geben wird zu 99 %
 
Wobei Mendy endlich mal eine Konkurrenz braucht auf seiner Position!
Ich will einfach mal einen Verteidiger auf dieser Position der auch da hingehört und keine Verschwendung von camavinga.Auch wenn das bedeutet würde das camavinga weniger spielen würde
 

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