
Tor: Thibaut Courtois vs. Ederson
Für ein Champions-League-Halbfinale standesgemäß finden sich zwischen den Pfosten beider Teams auch zwei der Besten ihrer Zunft: Seitens der Engländer ist mit Ederson ein mitspielender Torhüter auf dem Rasen, der im Aufbau der Citizens stets mit einbezogen wird und nicht nur mit seinen Händen das Leder zu behandeln versteht. Das macht er teilweise so gut, dass man gar geneigt sein mag, ihm einen Hauch an Überheblichkeit, gar Fahrlässigkeit zuzusprechen. Auch auf der Linie findet man nicht viele Schlussmänner, die auf diesem Niveau mithalten können. Doch einen gibt es da gewiss: Trotz der vielen Stärken, die den Brasilianer auszeichnen, steht ihm mit Thibaut Courtois der Torhüter gegenüber, der nicht nur einer der königlichen Erfolgsgaranten der letzten Jahre ist – man bedenke das CL-Finale der Vorsaison – sondern dazu auch als amtierender Welttorhüter in das Rennen geht. Dagegen zieht selbst einer vom Kaliber Ederson im Zweifel den Kürzeren.
Sieger: Thibaut Courtois. 1:0
Rechtsverteidiger: Dani Carvajal vs. Manuel Akanji
Dani Carvajal ist schon so lange dabei und hat bereits dermaßen viele Schlachten geschlagen, dass selbst ein Halbfinale der Königsklasse gegen Manchester City nichts außergewöhnliches mehr sein dürfte. Mit Manuel Akanji auf der gegenüberliegenden Seite treffen die Königlichen auf einen Abwehrmann, den man in Deutschland aus seiner Zeit beim BVB bereits kennt und der sich tatsächlich recht zügig in England zu etablieren verstand. Trotz des Stammplatzes unter Pep Guardiola – wenn auch mehr in einer Dreierkette – fehlt es dem Schweizer im Vergleich zum spanischen Top-Spiel-Experten – frisch bewiesen im Pokalfinale – noch am Beweis dafür, dass er auch in den ganz großen Spiele performen kann, weshalb dieser Punkt nach Madrid geht. Dafür spricht zudem, dass Akanji eher seinen Fokus auf die Defensivarbeit beschränkt, während Carvajal durchaus im Stande ist, nach vorne Akzente zu setzen und damit vielseitiger eingesetzt werden kann.
Sieger: Dani Carvajal. 2:0
Innenverteidiger: David Alaba vs. Rúben Dias
Das erste der beiden zentralen Verteidigerduelle bringt David Alaba und Rúben Dias in die Manege. Während der Österreicher zwar eine solide Rolle bei den Königlichen einnimmt, allerdings zuletzt immer wieder Probleme hatte und an Offensivpower eingebüßt hat (beispielsweise 0,3 Torschüsse pro Spiel im Vergleich zu 1,3 Schüssen bei Dias), ist Dias für die „Skyblues” wohl sowas wie der Fels in der Brandung. Der portugiesische Abwehrchef hält die defensiven Fäden in der Hand und kann neben seiner guten Abwehrarbeit auch durchaus mit fußballerischem Talent überzeugen, sodass definitiv von einem der momentan besten Verteidiger der Welt die Rede ist. Mit durchschnittlich über 82 Pässen pro Spiel hat er nicht nur die meisten Kontakte nach Marco Veratti von Paris im gesamten Wettbewerb, sondern überragt auch mit einer persönlichen Passquote von 95,6 Prozent alle anderen Spieler in der Königsklasse. Am Portugiesen führt demnach kein Weg im Abwehrzentrum vorbei.
Sieger: Rúben Dias. 2:1
Innenverteidiger: Antonio Rüdiger vs. John Stones
Seit seiner Ankunft in der spanischen Hauptstadt ist Antonio Rüdiger in seiner Rolle als mal Ergänzungs-, mal Führungsspieler aufgegangen und befindet sich nahe am bisherigen Zenit seiner Schaffenskraft, wenngleich er auch bei Chelsea eine vergleichbare Rolle innehatte. Dort konnte der in Berlin geborene Offensivmann nicht nur Erfahrungen mit englischen Klubs und deren Fußball sammeln, sondern auch seinen Gegenüber im Liga-Alltag bereits kennenlernen: Mit John Stones begleitet ein Engländer diese Position, welcher sein Handwerk ebenso gut versteht und seit Jahren unter Guardiola gesetzt ist. Während Stones spielerisch nach dem Gusto seines Trainers der eher feingeistige Verteidiger ist und zum Beispiel weniger lange Bälle zu spielen pflegt als Rüdiger (1,8 zu 2,9 pro Spiel), überzeugt Rüdiger seitens Real mit ebenso resoluter wie auch robuster Abwehrarbeit. Trotz der forschen Gangart möchte man kaum meinen, dass Rüdiger auf lediglich 0,1 Fouls pro Spiel kommt und damit sogar Stones mit seinen 0,2 Verstößen pro Partie unterbietet. Unter dem Strich wird eine (knappe) Entscheidung zwischen den beiden zu einer Frage des Geschmacks. Da die nackten Zahlen leicht für den Deutschen sprechen, hat dieser hauchdünn die Nase vorne.
Sieger: Antonio Rüdiger. 3:1
Linksverteidiger: Eduardo Camavinga vs. Nathan Aké
Als wahrer Allrounder hat sich Camavinga zuletzt entpuppt und weiß nun scheinbar auch auf der ungewohnten Position als Außenverteidiger zu glänzen – und das teilweise in Weltklasse-Manier. Sein Pendant auf der anderen Seite besitzt nicht nur wegen seines höheren Alters (28 Jahre) mehr Erfahrung als Camavinga, sondern begleitet diese Position auch schon deutlich länger. Damit entfaltet sich an dieser Stelle auch ein Duell der Gegensätze, wobei Routine auf jugendliche Unbekümmertheit trifft. Weil es Camavinga jedoch blendend versteht, sich in Zweikämpfen zu behaupten, schnell ist und vor allem auch als gelernter Sechser weiß, wie man ein Spiel aufbaut, hat der junge Franzose in diesem Duell trotz der geringeren Erfahrung knapp die Nase vorne – auch wenn ein Restrisiko bleibt.
Sieger: Eduardo Camavinga. 4:1

Mittelfeld: Federico Valverde vs. Rodri
Unter dem Motto explosive Dynamik versus elegante Gelassenheit könnte das Duell zwischen Federico Valverde und Rodri umschrieben werden. Während der Uruguayer mit Tempo und Flügelläufen gegnerische Abwehrreihen um den Verstand bringen kann (1,1 Dribblings pro Spiel zu 0,7 bei Rodri), besticht Rodri durch sein klares, fehlerarmes Spiel (92,2 Prozent Passgenauigkeit, zu 89,3 bei Valverde), womit er seine Kollegen in der Offensive in Szene zu setzen versteht. Obwohl Valverde mit sieben Liga-Toren und zwei weiteren Treffern in der Königsklasse grundsätzlich torgefährlicher ist, haben nicht zuletzt auch die Bayern zu spüren bekommen, wie wunderschön Rodri Tore schießen kann. Weil Rodri auch sonst nahezu als kompletter Strippenzieher bezeichnet werden darf und Valverde aktuell etwas um seinen Startplatz bangen muss, hat der Spanier in diesem Vergleich die Gunst auf seiner Seite.
Sieger: Rodri. 4:2
Mittelfeld: Toni Kroos vs. Ilkay Gündoğan
Ein (mögliches) deutsch-deutsches Mittelfeldduell beschert uns das Aufeinandertreffen der Superlative dann auch noch. Mit Ilkay Gündoğan steht auf Seiten der Briten eine konstante Größe, die sich in Manchester zu einer wahren Führungspersönlichkeit gemausert hat. Seit 2016 streift sich der gebürtige Gelsenkirchener bereits das himmelblaue Trikot über, inzwischen gehört zu seinem Outfit auch noch die Kapitänsbinde seines Teams. Gündogan vereint spielerische Raffinesse mit einem guten Blick für seine Mitspieler und kann dabei auch selbst enorm torgefährlich werden. Sieben Treffer sind es diese Saison in allen Wettbewerben für den 32-Jährigen bisher. Nicht ganz so offensiv gestaltet sich die Spielweise von Toni Kroos: Bekanntermaßen befinden sich dessen Qualitäten vielmehr im Spielaufbau, unter anderem mit einer überragenden Passgenauigkeit von 93,9 Prozent – Gündoğan landet im Vergleich bei 89,6 Prozent. Mit 2,1 Tacklings (0,9 bei Gündoğan) pro Spiel hat Kroos seit dem Abgang von Casemiro auch noch die Funktion als „Staubsauger” vor der Abwehr in sein Portfolio integriert. So unscheinbar das Auftreten des Greifswalders doch wirken mag, gleichwohl ist er in dieser Rolle seit vielen Jahren schon das Non-Plus-Ultra auf der Welt. Vor allem deswegen und weil mit dem Ammen-Märchen des „Querpasse-Tonis” bei 1,4 Schlüsselzuspielen pro Partie aufgeräumt werden kann (Gündoğan liegt bei 1,0), behält Kroos die Oberhand gegen seinen Landsmann.
Sieger: Toni Kroos. 5:2
Mittelfeld: Luka Modrić vs. Kevin de Bruyne
Kevin de Bruyne und Luka Modrić sind zwei der Art von Spieler, die sich jeder Angreifer in dessen Dunstkreis wünscht. Während Modrić vielleicht noch mehr für den vorletzten Pass zuständig ist und auch eher durch seine unwiderstehlichen Tempowechsel das Spielgeschehen steuert, ist „KdB” der vielleicht beste Vorlagengeber der letzten Jahre: Diese CL-Saison kommt er auf fünf Assists, streut zudem 2,6 Schlüsselzuspiele pro Spiel ein und ein eigener Treffer steht ganz nebenbei ebenfalls zu Buche. Der 37-Jährige Kroate hat hingegen sogar schon zwei Treffer in dieser Saison markiert und einen weiteren vorbereitet, auch in der Passgenauigkeit liegt der Routinier mit über 90 Prozent deutlich vor de Bruyne mit seinen 78,5 Prozent. Definitiv können beide sehr gefährlich für das gegnerische Gehäuse werden und Spiele entscheiden, doch aufgrund des höheren Alters von Modrić – aktuell ohnehin nicht bei 100 Prozent und daher kein sicherer Starter – und der grundsätzlich größeren Offensivpower von De Bruyne hat der Belgier in diesem hochkarätigen Duell den etwas längeren Atem.
Sieger: Kevin de Bruyne. 5:3

Rechtsaußen: Rodrygo vs. Bernardo Silva
Rodrygo Goes entwickelt sich mehr und mehr zum Komplettpaket – vom Dribbler bis zum Abschlussspieler, wie im Pokalfinale gezeigt. Fünf Tore und zwei Vorlagen im bisherigen Wettbewerb sind durchaus beachtliche Werte, die der 22-Jährige vorzeigen kann. Bernardo Silva hingegen ist nicht der schnellste Spieler, den man auf den Außenbahnen der europäischen Spitzenteams findet, aber sicher einer derjenigen, mit dem wohl feinsten Füßchen. Ähnlich wie bei Kevin de Bruyne ist Bernardo Silva als Vorlagengeber einzuordnen, der allerdings im Zweifel auch selbst Vollstrecker-Qualitäten besitzt (je ein Tor und ein Assist, 1,8 Key-Pässe pro Spiel). Im Eins-gegen-Eins ist er durch seine enge Ballführung kaum von der Kugel zu trennen und weist auch in seinem Spielstil mehr Reife wie auch Effektivität als Rodrygo auf, was 91,2 Prozent Passgenauigkeit belegen. Daher knapper Punkt an City.
Sieger: Bernardo Silva. 5:4
Angriff: Karim Benzema vs. Erling Haaland
Wenn De Bruyne der womöglich beste Vorlagengeber ist, dann ist Erling Haaland der wohl dankbarste Abnehmer. Etwas mehr als vier Schüsse pro Partie feuerte der Ex-Dortmunder diese Champions-League-Saison auf gegnerische Gehäuse durchschnittlich pro Spiel ab, zwölf Mal traf er dabei auch sein Ziel. Auch wenn sein Kontrahent in diesem Fall mit Karim Benzema der aktuelle Weltfußballer ist, der sich gerade in der Königsklasse auch weiterhin in Torlaune befindet (vier Treffer), sehen wir mit dem blonden Norweger in aktueller Form den durchaus besten Stürmer der Welt – hat er doch gerade erst mit seinem 35. Premier-League-Treffer den englischen Rekord in seinem Premierenjahr geknackt. Benzema punktet zwar durch mehr Spielanteile, cleveres Raumverhalten und die Arbeit sowohl mit als auch gegen den Ball, aber mit der Durchschlagskraft und dem Torhunger des norwegischen Hünen kann der Franzose – aktuell ohnehin nicht in Top-Form – nicht mehr ganz mithalten. Haaland zu stoppen wird zugleich die Quintessenz für dieses Gesamtduell und die wohl härteste Nuss für die königliche Defensive sein, denn an Physis ist der Wikinger nicht zu überbieten.
Sieger: Erling Haaland. 5:5
Linksaußen: Vinícius Júnior vs. Jack Grealish
Vergleicht man auf der Flügelposition den Brasilianer mit dem Briten, blickt man automatisch auch auf das Duell eines der wertvollsten Spieler gegen eines der teuersten Transfers der Welt. Während Grealish vorletzte Saison für stolze 117 Millionen Euro von Aston Villa nach Machester kam, war Vinícius als 16-Jähriger mit 45 Millionen Euro noch „günstig” zu haben, betrachtet man den momentanen Marktwert von 120 Millionen Euro. Aber Geld schießt keine Tore? Falsch! Vinícius Júnior lieferte in dieser Königsklassen-Ausgabe nicht nur fünf Assists und damit den Turnier-Bestwert ab, sondern traf persönlich auch schon sechs Mal. Werte, bei denen der 27-Jährige Grealish trotz eines Assists bei Weitem nicht mithalten kann, auch wenn er mit 2,6 Key-Pässen pro Spiel nach Messi und Neymar zu den besten Spielern in dieser Kategorie zählt. Grealish wirkt hingegen im Ballbesitz etwas sicherer und scheint auch alters- sowie kulturbedingt reifer in seinem Spiel, doch kann trotz seiner eleganten Ballführung und ebenfalls gefährlicher Dribblings nicht mit dem High-Speed-Fußball von Vinícius Júnior konkurrieren.
Sieger: Vinícius Júnior. 6:5

Fazit: 6:5 für Real
Der Direktvergleich fördert ein (ganz) knappes 6:5-Ergebnis zutage, passend zu zwei engen Spielen auf Messers schneide, die wir für die beiden Halbfinal-Begegnungen zwischen Real Madrid und Manchester City erwarten dürfen. Auf diesem Level wird die Tagesform ausschlaggebend sein für den Einzug in das Finale, denn auf jeder Position trifft definitiv absolute Weltklasse aufeinander. Die Form der Citizens mag zuletzt besser gewesen sein, für die Merengues spricht – trotz ein paar mehr Startelf-Fragezeichen (Valverde, Modrić) der Status als nervenstarkes Königsklassen-Ungeheuer. Prognose? Eigentlich unmöglich! Einen Gewinner dürfte es dennoch schon jetzt geben bei diesem Aufeinandertreffen: die Fußball-Fans.
„Combined XI“: Courtois – Carvajal, Rüdiger, Rúben Dias, Camavinga – Rodri, Kroos, De Bruyne – Bernardo Silva, Haaland, Vinícius.
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