
Tchouaméni kämpft sich bei Real Madrid zurück
DALLAS/MÜNCHEN. Am Ende war es in der Summe gerade mal eine Halbzeit samt geringer Nachspielzeit. Aurélien Tchouaméni blickt auf eine Premieren-Saison bei Real Madrid zurück, in der er in der K.o.-Phase der UEFA Champions League lediglich 47 Minuten lang aktiv mitwirkte – obwohl er nicht verletzt war. Enttäuschend für den 23 Jahre alten Franzosen, der nach seinem 80 Millionen Euro teuren Transfer im Juni 2022 dank des Abgangs von Casemiro in der Hinrunde noch eine Rolle als Stammspieler ausgefüllt hatte.
Eine Rolle, die er sich in diesen Tagen und Wochen allerdings Stück um Stück zurückerkämpft. Tchouaméni schöpfte in der Sommerpause neue Energie und Motivation, nachdem er im Anschluss an die Niederlage im Finale der Weltmeisterschaft gegen Argentinien körperlich wie mental ein Tief erlitten hatte. Carlo Ancelotti war nie darum verlegen, das öffentlich auch so auszusprechen, als er dessen Reservistendasein erklärte.
In der laufenden Vorbereitung auf die Saison 2023/24 weiß der Youngster seinen Trainer dafür wieder zu überzeugen. Während des Aufenthalts in Los Angeles arbeitete er sogar abseits des Team-Trainings privat noch ein wenig mit einem vertrauten Physiotherapeuten – osteopathisch. Spezielle Übungen also, die in Reals Einheiten nicht im Mittelpunkt stehen. „Wir arbeiten daran, das Gehirn neu zu programmieren und mit Gleichgewichtsübungen in einer instabilen Umgebung stabil zu bleiben. Die Idee besteht dabei darin, mehr Stabilität und Mobilität zu schaffen“, verriet Fabrice Gautier der Sportzeitung AS.
„Tchouaméni hat in den beiden Spielhälften auf einem sehr hohen Level gespielt“, lobte „Carletto“ ihn derweil nach zwei 45-Minuten-Einsätzen in den Testspielen gegen Milan und Manchester United. Noch stärker als gegen die „Red Devils“ trat die Nummer 18 des weißen Balletts folglich gegen den FC Barcelona auf.
Gegen Barça der wohl beste Real-Profi
Bei der letztlich deutlichen 0:3-Niederlage erwies sich Tchouaméni als vermutlich bester Real-Profi. Auf der Sechser-Position im 4-1-2-1-2 überzeugte er mit seiner körperlichen Robustheit, er gewann 70 Prozent seiner Zweikämpfe und brachte den Ball bei 57 Pässen zu 90 Prozent zu seinen Mitspielern. Beinahe hätte er sogar erstmals für Real getroffen. Ein wuchtiger Distanzschuss landete an der Latte, das Spielgerät erwischte Keeper Marc-André ter Stegen daraufhin am Hinterkopf und sprang folglich ins Toraus.
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Dennoch: Diese Entschlossenheit und Kraft im Abschluss, die zitternde Latte begleitet von einem Donnerschlag – es war wie so ein Sinnbild, dass Tchouaméni es diese Saison wissen will. Und das länger als eine Halbserie. Im zentral-defensiven Mittelfeld scheint der 25-malige Nationalspieler auch als erste Wahl in die neue Spielzeit zu gehen. Ancelottis Alternativen sind dort Toni Kroos und Eduardo Camavinga, die beide aber öfter auf den Halbpositionen im 4-1-2-1-2 oder 4-3-3 agieren dürften, wenn sie denn spielen – Kroos links, Camavinga auf beiden Seiten. „Die Position ist mit Tchouaméni, Toni Kroos und Camavinga gut besetzt“, so der Coach über die Absicherung vor der Vierer-Abwehrkette.
FC Bayern München bei Tchouaméni quasi chancenlos
In der Haut, in der Ancelotti mit seinem hochwertigen Mittelfeld steckt, würde ein gewisser Thomas Tuchel auch gerne stecken. Es heißt, der Trainer des FC Bayern München hätte als neuen Sechser ebenjenen Tchouaméni am liebsten in den eigenen Reihen. Declan Rice hat dem Bundesligisten abgesagt, dafür beim FC Arsenal unterschrieben. Bayerns Bemühungen auf der Position sind auch aufgrund der lange schon klaren Verpflichtung von Konrad Laimer inzwischen heruntergefahren, der Fokus liegt auf der Verstärkung der Angriffszentrale.
Mit dem Kopf bei Real Madrid
Tchouaméni, der Madrid sowieso nicht verlassen will, ist für die Münchner praktisch eine Utopie. Ohnehin, wenn es um keine Leihe, sondern einen festen Transfer geht. Ohnehin, wenn er sich bei den Königlichen wieder im Aufwind befindet. Real hat unterdessen genauso kein sportliches und ebenso kein finanzielles Interesse daran, Tchouaméni nach nur einem Jahr schon wieder abzugeben. Er ist nicht bloß eine Verpflichtung für die Gegenwart gewesen, sondern vor allem für die Zukunft. Angesichts des erhofften Werts auf sportlicher Ebene in der nächsten Dekade wäre eine Blitz-Trennung selbst bei einem Reinvestment der ausgegebenen 80 Millionen Euro am Ende womöglich eher ein Verlustgeschäft. In München träumen sie von Reals Abräumer. Prognose: Und nur das werden sie weiterhin tun können.
Mit dem Kopf ist der Staubsauger voll bei den Merengues. Tchouaméni bei Realmadrid TV: „Wir haben das beste Mittelfeld der Welt, eine unglaubliche Mannschaft. Ich bin mir sicher, dass wir eine unglaubliche Saison spielen werden. Ich selbst fühle mich im Team wohl.“
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