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Ein Jahr Real Madrid World: Viel Sand, wenig Glanz

Der Freizeitpark Real Madrid World sollte das Königshaus des Fußballs in der Wüste erlebbar machen. Doch nur ein Jahr nach der feierlichen Eröffnung herrscht Ernüchterung bei vielen Besuchern: Der Park in Dubai muss vermehrt negative Kritiken einstecken und versprüht häufig gähnende Leere unter der brütenden Sonne. Was als Prestigeprojekt begann, droht zum Symbol einer gescheiterten Vision zu werden.

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Vor einem Jahr eröffnet, gehen Traum und Realität in der Real Madrid World scheinbar auseinander – Fotos: realmadrid.com, youtube.com/@kirmesfanmopohl

Als Real Madrid im November 2024 mit großer Show und im Rahmen der Partnerschaft mit Visit Dubai die Real Madrid World in dem Emirat eröffnete, klang alles nach einem neuen Kapitel in der globalen Markenstrategie des erfolgreichsten Fußballvereins der Welt. Eine Mischung aus Themenpark, Museum und Merchandising-Paradies sollte mitten in der Wüste, rund 5.600 Kilometer und sieben Flugstunden von der spanischen Hauptstadt entfernt, entstehen. Auch hier waren die Königlichen einmal mehr Vorreiter, schließlich handelt es sich um den weltweit ersten Themenpark eines Fußballklubs. Inzwischen, exakt ein Jahr später, ist es um das Prestigeprojekt recht still geworden. Wer auf Social Media nach Eindrücken sucht, findet eher wenig. Zwar existieren ein offizieller Instagram- sowie ein YouTube-Kanal mit mehreren tausend Followern, allerdings fällt bei genauerer Betrachtung auf, dass die Zahlen der Aufrufe und Interaktionen überschaubar sind – teilweise nicht mal hundert Likes pro Post. Auch die zahlreichen Rezensionen kommen durchwachsen daher. So bemängeln Besucher vordergründig das missverständliche Konzept, welches eher an einen Jahrmarkt, als an einen modernen Freizeitpark erinnere und keinesfalls dem üppigen Eintrittspreis von 295 VAE-Dirham, umgerechnet etwa 70 Euro pro Person, gerecht werde.

Vom Taj Mahal zur Cibeles

So handelt es sich bei der Real Madrid World „nur“ um einen recycelten Park, genauer den ehemaligen Bollywood-Park, der schlichtweg umgestaltet wurde, wobei manche Stellen darauf hindeuten, dass der Umbau eher oberflächlich erfolgte, denn nach wie vor sind Überbleibsel der alten Kulisse sichtbar. So ist im Hintergrund beispielsweise ein Bauwerk zu erkennen, das dem Taj Mahal in Indien ähnelt – ein irritierendes Detail für Madridistas, die königliche Exklusivität erwarten. Darüber hinaus ist der Park deutlich kleiner dimensioniert, als viele Fans vor ihrem Besuch erwarten. Passend dazu beherbergt das Gelände magere drei Fahrgeschäfte und zwei Achterbahnen, von denen eine ausschließlich für Kinder ausgelegt ist. Immerhin: Die große Holzachterbahn, als einziges echtes Highlight, schneidet in den Bewertungen überwiegend gut ab, obwohl sie scheinbar regelmäßig ausfällt aufgrund technischer Probleme – so auch im Video. Einige Besucher vermuten dahinter eine Art Stromsparmaßnahme, da der Park tagsüber menschenleer erscheint. Das könnte unter anderem daran liegen, dass das Thermometer in Dubai, gerade in den Sommermonaten, gut und gerne mal bis zu 50 Grad Celsius anzeigt. Der Fokus scheint vielmehr auf Simulationen, Spielhallen und vor allem teurem Merchandise zu liegen. Doch auch hier hagelt es Kritiken: Die Geräte seien häufig defekt und machen einen minderwertigen Eindruck. Angrenzend an die Real Madrid World befinden sich übrigens vier weitere und teilweise größere Freizeitparks, die in unmittelbarer Konkurrenz stehen, so auch ein Legoland.

Immerhin: Hier und da sorgen Klub und Park für Happenings, so gab es im Oktober die groß inszenierte, jedoch spärlich besuchte Veröffentlichung einer Wachsfigur von Kylian Mbappé, für Mitte November kann man ein Treffen mit dem „echten“ Roberto Carlos gewinnen. Die Behauptung, es passiere nichts im Park, ist also falsch, es interessiert nur scheinbar weniger als erhofft.

Lizenzgeschäft mit begrenztem Einfluss

Wer nach Besucherzahlen oder genauen Einnahmen sucht, wird im Geschäftsbericht der Blancos nicht fündig. Der Grund dafür ist einfach: Der Themenpark gehört rechtlich zu den Dubai Parks and Resorts. Es handelt sich also um ein Linzenzmodell, bei dem Real Madrid seinen Namen für einen unbekannten Betrag verleiht, aber nicht direkt für den Betrieb der Attraktionen verantwortlich ist. Und auch keine wirtschaftliche Verantwortung geschweigedenn Risiken trägt, bis auf eine möglicherweise vereinbarte Erfolgsbeteiligung. Der Klub ist in der Hinsicht also fein raus, wohingegen auch Seitens der Betreiber bis heute noch keine offiziellen Besucherzahlen veröffentlicht wurden, was in Anbetracht der Eröffnung vor erst einem Jahr nicht ungewöhnlich ist. Hinter dieser Kooperation steht jedenfalls der klare Gedanke, den asiatischen Markt, mit Fokus auf dem nahen Osten, weiter zu erschließen. So wie einst auch die 2013 angekündigte Real Madrid Resort Island, die schlussendlich doch nicht realisiert wurde. Und trotzdem: Real Madrid ist und bleibt eine gigantische Marke und selbst auch interessiert an Lizenzvergaben außerhalb Europas. Und mit über 600 Millionen Followern auf allen Social-Media-Plattformen ist man ohnehin der globalste Fußballverein des Planeten, daher soll der Freizeitpark in Dubai, dem Knotenpunkt zwischen Europa und Asien, ein großes internationales Publikum ansprechen. Die Umsetzung lässt an diesem Beispiel jedoch vermuten, dass mehr auf Symbolik als auf Substanz gesetzt wurde.

Spannend wird die Zukunft auch im Kontext der Partnerschaft mit Emirates: Der Deal mit der Airline, die ihren Hauptsitz in Dubai hat und seit der Saison 2013/24 das weiße Trikot ziert, läuft Mitte 2026 aus. Nach über einer Dekade der erfolgreichen Zusammenarbeit und rund 50 bis 70 Millionen Euro jährlich, erscheint es beinahe undenkbar, dass keine erneute Einigung zwischen den Parteien erzielt wird. Die Tatsache, dass Hewlett-Packard, besser bekannt als HP, seit 2024 ebenfalls viele Millionen jährlich für ein kleineres Ärmelsponsoring an die Concha Espina überweist, dürfte den Preis für den Hauptsponsor in die Höhe treiben. Was die Real Madrid Wolrd betrifft, wird sich zeigen, ob sie noch zum neuen Aushängeschild der Marke Real Madrid mutiert oder ein Symbol enttäuschter Erwartungen bleibt. Zwischen leeren Fahrgeschäften und Sand wirkt der Park jedenfalls wie ein Fremdkörper in der sonst so glänzenden Welt der Königlichen.

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Kommentare
Man sollte auch auf Fussball Sachen bauen, nicht Achterbahnen..
Damit man sich in verschiedenen Disziplinen mit den Spielern vergleichen kann oder mittels VR ins Bernabeu einlaufen etc.
 

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