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Talent-Mekka am See und Verwandlung nach schwäbischer Art: So trumpfen zukünftige Blancos auf

Eigene Talente in der Fremde wachsen zu lassen, um sie dann als Profis zurückzuholen, gehört schon lange zu Real Madrids Jugendstrategie und erneut scheint das bewährte Vorgehen zu funktionieren: Ein Überflieger aus der Serie A steht praktisch schon vor dem Comeback, zwei weitere Canteranos könnten bald folgen und ein anderer könnte den Königlichen zumindest finanziellen Nutzen einbringen. Vier spannende Canteranos mit Zukunftspotenzial im REAL TOTAL-Überblick.

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Auch im zweiten Jahr mischt Nico Paz die Seria A auf – Foto: Marco Luzzani/Getty Images

Nico Paz

Im Sommer 2024 verließ Nico Paz nach acht Jahren in der Jugend von Real Madrid die Castilla und wechselte überraschend für sechs Millionen Euro zum italienischen Aufsteiger Como, nachdem er zuvor bei wenigen Kurzeinsätzen in der ersten Mannschaft der Blancos durchaus sein Potenzial andeuten konnte. Eine Entscheidung, die sich als goldrichtig herausstellen sollte, denn unter Trainer Cesc Fàbregas entwickelte sich der offensive Mittelfeldspieler schnell zum Taktgeber im kreativen Zentrum, wo er regelmäßig mit dem Auge für seine Mitspieler und einer tollen Schusstechnik gleich in der ersten Spielzeit in der Serie A herausragte.

Dass der Aufsteiger, der die Saison 2024/25 als Tabellenzehnter beendete, spielerisch aber zu den stärksten Teams Italiens gehörte, kein One-Season-Wonder war, beweisen die Norditaliener eindrucksvoll in der laufenden Spielzeit – nach 16 Spieltagen liegt das Fàbregas-Team auf dem sechsten Rang, nur drei Zähler von Champions-League-Plätzen entfernt. Dieses noch reifere und stabilere Como wird eindeutig von einem noch besseren Nico Paz angeführt, der nach der ohnehin schon sehr starken Debütsaison einen weiteren großen Schritt in seiner Entwicklung gemacht hat und inzwischen zu den stärksten Offensivakteuren der Serie A zählt – sechs Tore und fünf Vorlagen stehen bis dato zu Buche.. Mittlerweile läuft er, wie schon zu Castilla-Zeiten, mit der prestigeträchtigen Nummer 10 auf und auch auf internationaler Bühne hat Paz den nächsten Schritt gemacht: Bereits Ende 2024 debütierte er für die A-Nationalmannschaft Argentiniens, für die er bislang sechs Länderspiele absolvierte.

Wie begehrt der Linksfuß inzwischen ist, zeigte sich vor der Saison – im vergangenen Sommer flatterte bei Como ein Angebot von Tottenham Hotspur über angeblich 70 Millionen Euro für den Shooting Star, doch der sowohl der Spieler selbst als auch Como und Real Madrid lehnten ab, obwohl der spanische Rekordmeister bei einem Wechsel an 50 Prozent der Ablöse beteiligt worden wäre. Der Grund: Die Blancos besitzen eine Rückkaufklausel in Höhe von etwa neun bis zehn Millionen Euro. Und eine Rückkehr an die Concha Espina scheint schon beschlossene Sache zu sein, denn sportlich dürfte Paz im Team von Xabi Alonso zweifellos eine gewichtige Rolle spielen, aber selbst aus rein wirtschaftlichen Gründen wäre es fahrlässig, den Argentinier nicht zurück zu holen, denn Real Madrid könnte ihn hypothetisch auch selbst gegen eine hohe Ablöse zu einem anderen Klub transferieren. Kurzum – Nico Paz ist ein „No-Brainer“.

Auch Jacobo Ramón setzte sich in Como sofort durch – Foto: Marco Luzzani/Getty Images

Jacobo Ramón

Dass die Luft am Comer See Real Madrids Talenten gut tut, beweist nicht nur Nico Paz, sondern ein weiterer Canterano, der im Sommer ziemlich überraschend beim aufstrebenden Klub aus der Lombardei unterschrieb. In der Castilla gab der 20-Jährige zwar unter Trainer Raúl Gonzalez einen durchaus soliden Innenverteidiger, vor allem in der Vorsaison, in der Raúl Asencio ins Profiteam aufstieg und Jacobo damit zum Chef der Defensive wurde. Allerdings fiel er gleichzeitig auch nicht wirklich auf, und bei seinen wenigen Einsätzen bei den Profis zeigte er zudem einige Unsicherheiten, sodass wenig auf einen steilen Karriereweg nach oben hindeutete – trotz des Siegtors für die Profis gegen Mallorca in der quasi letzten Sekunde zum Ende der Vorsaison. Doch das System Fàbregas liegt den Madrilenen anscheinend sehr, denn Ramón etablierte sich in Como sofort als Stammspieler und ist aus dem Team nicht mehr wegzudenken. Nur einmal kam er von der Bank und eine Partie verpasste er wegen einer Rotsperre – ansonsten stand der gebürtige Madrilene in allen Spielen in der Anfangsformation.

Zwar spielt der Ex-Blanco immer noch auffällig unspektakulär, überzeugt jedoch mit seiner ruhigen, abgeklärten und unaufgeregten Art, mit Übersicht und einer ausgeprägten Kopfballstärke. Und vorne reichte es in Como auch schon zu zwei Treffern. Beim Wechsel zu Como haben sich die Blancos einige Optionen gesichert: So kämen nicht nur erfolgsabhängige Zahlungen dazu, der spanische Rekordmeister behält zudem 50 Prozent der Rechte am Spieler  im Falle eines Weiterverkaufs, und könnte diesen in den kommenden drei Sommerpausen (bis 2028) mit Rückkaufoptionen (angeblich acht Mio.) zurück holen. Also gleiches Spiel wie bei Nico Paz. Dass Ramón ebenfalls bereits im kommenden Sommer wieder ein Blanco wird, ist derzeit zwar eher unwahrscheinlich, bei möglichen, ja sogar wahrscheinlichen Abgängen von Antonio Rüdiger und David Alaba jedoch nicht gänzlich ausgeschlossen. Spätestens 2027 dürfte der 196 cm große Defensivmann bei anhaltender Weiterentwicklung allerdings ein sehr heißes und konkretes Thema in Madrid werden.

Sehr überraschend wurde Chema Andrés auf Anhieb zum Regisseur des VfB Stuttgart – Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images

Chema Andrés

Fast noch überraschender als Jacobos Transfer nach Como kam in der vergangenen Sommerpause die Nachricht, dass der VfB Stuttgart Chema Andrés verpflichtet hat. Ähnlich wie Ramón hatte auch der defensive Mittelfeldspieler zuvor eine durchaus ordentliche Saison in Real Madrids zweiter Mannschaft gespielt, wurde auch mehrfach in den Profikader berufen, agierte dabei jedoch fast immer auffällig unauffällig. Seine Körpergröße fiel zwar direkt ins Auge, ebenso seine Ruhe am Ball, gleichzeitig wirkte der 20-Jährige ein wenig zu ruhig, beinahe schüchtern. Dann folgte aber die nächste Überraschung: Chema setzte sich beim ambitionierten und in den Vorjahren sehr erfolgreichen Bundesligisten auf Anhieb durch, wurde direkt zum Stammspieler und verdrängte dabei Kapitän Atakan Karazor auf die Bank. Zwar verlor der Spanier in den letzten beiden Partien des Jahres nach einigen etwas schwächeren Leistungen seinen Platz in der Startelf, gehört bisher jedoch eindeutig zu den großen Gewinnern beim VfB, der in der Bundesliga nur drei Zähler hinter den CL-Rängen überwintert und in der Europa League gute Aussichten auf eine Platzierung unter den besten Acht hat. Neben seiner schon bekannten Ball- und Passsicherheit zeigt der junge Spanier in Stuttgart auch ein neues Selbstbewusstsein, deutlich mehr Präsenz und Leader-Qualitäten, agiert immer noch ruhig, aber längst nicht mehr schüchtern. Gar nicht mehr schüchtern – die Körpersprache vermittelt inzwischen ein gesundes Selbstvertrauen und eine natürliche Stärke aus der inneren Ruhe heraus.

Nach bereits bekanntem Muster sicherte sich Real Madrid auch bei Chemas Transfer mehrere Optionen. So mussten die Schwaben „nur“ drei Millionen an die Blancos überweisen, die wiederum, wie üblich bei Abgängen aus der Jugend,  weiter 50 Prozent der möglichen Transferrechte am Spieler behalten, dazu kommt noch eine Rückkaufoption in Höhe von angeblich sechs Millionen Euro. Diese soll diversen Angeben zufolge zwar jährlich moderat ansteigen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Königlichen von der Option bereits im kommenden Sommer Gebrauch machen, ist äußerst gering, man wird das Eigengewächs aber gewiss im Auge behalten und die Entwicklung in den kommenden Jahren genau beobachten. Sollte Chema den sehr guten Start bestätigen und sich in der Bundesliga nachhaltig durchsetzen, wäre eine Rückkehr nach Madrid mittelfristig durchaus vorstellbar – sei es als sportliche Verstärkung oder um selbst eine potenziell hohe Ablösesumme zu kassieren.

Erstaunlich schnell etablierte sich Víctor Muñoz als Stammkraft in Pamplona – Foto: David Ramos/Getty Images

Víctor Muñoz

Im Gegensatz zu Jacobo und Chema spielte Víctor Muñoz 2024/25 eine ziemlich auffällige Saison in der Castilla. Zusammen mit Gonzalo García bildete der in Barcelona geborene Stürmer das beste Sturmduo der dritten spanischen Spielklasse und steuerte dabei elf Tore bei. Sein Profidebüt feierte der schnelle Angreifer ausgerechnet im titelentscheidenden Clásico in Barcelona, als er kurz vor Schluss eingewechselt wurde und prompt die Riesenchance hatte, den 4:4-Ausgleich zu erzielen, die er dann aber fast erschrocken und überhastet vergab. Doch nicht allein deshalb schien ein baldiger Aufstieg in den Profikader der Blancos für den inzwischen 22-Jährigen nicht nur zu früh, sondern auch grundsätzlich fraglich.

Angesichts der sehr guten Spielzeit in Reals Reserve war die Nachricht vom Wechsel zu CA Osasuna zwar nicht komplett überraschend, es blieb jedoch recht fraglich, ob Muñoz sich bei einem so stabilen und etablierten Erstligisten auch direkt wird durchsetzen können. Nach absolvierten 17 Spielen lautet die klare Antwort: Er konnte es auf Anhieb. Zum Saisonauftakt – ausgerechnet bei Real Madrid im Bernabéu – kam der ehemalige Canterano noch von der Bank, anschließend stand er bis auf eine Ausnahme immer in der Startelf und verpasste keine einzige Partie. In der Regel wird er als Außenstürmer eingesetzt, wechselweise auf beiden Seiten, und macht mit seiner Geschwindigkeit und Dribbelkstärke einen durchaus soliden, guten Eindruck. Zwar liest sich die bisherige Bilanz von drei Treffern recht überschaubar, ist im offensiv bisher sehr zahnlosen Osasuna-Team aber auch keine Schande, zumal nur Ante Budimir und Raúl García mehr Tore auf dem Konto haben.

Der Klub aus Pamplona ließ sich den Stürmer fünf Millionen Euro kosten, bekam allerdings nur 50 Prozent der Rechte. Real behält demzufolge die anderen 50 Prozent und würde in Zukunft so die Hälfte der Ablöse einstreichen, sollte Muñoz weitertransferiert werden. Der Rekordmeister hat selbst auch eine Rückkaufoption für den Sommer 2026, den Sommer 2027 und den Sommer 2028. Ob es irgendwann wirklich für eine Rückkehr zu den Königlichen reichen wird, ist Stand heute eher fraglich, aber eine solide, gute LaLiga-Karriere ist dem ehemaligen Castilla-Stürmer absolut zuzutrauen, wovon sein Ausbildungsklub so oder so profitieren würde.

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