
„Alter, ist der nervig“
MADRID. Es brodelt in Zinédine Zidane! Anders lassen sich die jüngsten öffentlichen Auftritte des Real-Coaches nicht interpretieren. Den eindeutigsten Beweis dafür erbrachte der Franzose im Anschluss an die Pressekonferenz nach dem Heimsieg gegen Real Valladolid (1:0): Nach sechs Fragen, von denen sich zwei um den in Madrid bislang glücklosen Luka Jović drehten, stand Zidane auf und säuselte auf dem Weg zur Tür vor sich hin: „Alter, ist der nervig.“ (Im Twitter-Video bei 1:20.) Wegen der vielen, sich ständig wiederholenden Fragen zum Serben eine nette Anekdote, die aber nicht als solche ad acta gelegt werden kann.
????”¡QUÉ PESADO, MACHO!”????. ZIDANE ‘ESTALLA’ al finalizar la rueda de prensa posterior al Real Madrid 1-0 Valladolid. #LigaSantander #ChiringuitoZidane pic.twitter.com/3vUI8oKuOB
— El Chiringuito TV (@elchiringuitotv) October 1, 2020
Gentleman „Zizou“ verwunderte zuvor schon mit Bockig-PK
Schuld daran ist unter anderem die Presserunde vor besagtem Duell zwischen dem spanischen Rekordmeister und Valladolid. „Zizou“, eigentlich als höflicher Gentleman bekannt, fiel dabei ein ums andere Mal den fragenden Medienvertretern ins Wort. Einmal, als es wieder um Jović und seine Ablöse gehen sollte. Ein andermal, als ein Journalist einen Vergleich zwischen Barcelonas Ansu Fati und Reals Youngster Rodrygo Goes und Vinícius Júnior anstellen wollte.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis bei Jović, die in ihrer Entwicklung stagnierenden jungen Brasilianer oder der Video-Assistent. Auch nach den Abgängen der Problem-Profis Gareth Bale und James Rodríguez gibt es noch viele Themen, auf die der 48-jährige Weltfußballer von 1998 allergisch reagiert. An sich nichts Neues – dass er dies öffentlich so offensiv zur Schau stellt, verwundert dagegen schon. Auch, dass Zidane kürzlich aus unbekannten Gründen zeitweise sein Instagram-Profil löschte beziehungsweise deaktivierte, verdutzte den Madridismo und sein Umfeld.
Schon wieder amtsmüde?
Wie diese verwirrenden Aktionen nun zu deuten sind? Option eins ist, dass Reals Erfolgs-Trainer (u.a. zwei Liga- und drei Champions-League-Titel) von den immergleichen Debatten der Presse so genervt ist, dass er – bewusst oder unbewusst – nicht anders konnte als zu zeigen, was er davon hält. Eher unwahrscheinlich, schließlich weiß Zidane aus fünf Jahren als Spieler und bald vier Jahren als Coach der Blancos, wie es an der Concha Espina zugeht und moderierte das die meiste Zeit souverän. Viel souveräner als in den letzten Tagen zumindest. Immerhin: Wenn am Montag das Transferfenster “endlich” schließt, dürften sich einige Fragen um Jović und Co. für die nächsten Monate erledigt haben.
Option zwei erscheint schon wahrscheinlicher, dürfte vielen Fans allerdings ungleich weniger gefallen: Ist Zidane nur eineinhalb Jahre nach seinem Comeback schon wieder amtsmüde? Die letzten Pressekonferenzen erinnern teils an jene im März beziehungsweise April 2018. Diese Reizbarkeit, die im Mai in einem Überraschungs-Rücktritt mündete. Ganz so weit ist es aktuell wohl noch nicht. Monsieur Zidane wirkt noch nicht ansatzweise so ausgelaugt wie damals, beteuert stets, heiß auf Titel zu sein. Und doch ließ der Cheftrainer der Blancos nach dem Valladolid-Spiel einen Satz fallen, der weitestgehend unbemerkt blieb, im eben beschriebenen Kontext jedoch an Bedeutung gewinnt: „Einmal spielst du, ein andermal nicht. Das ist die Realität im Fußball und das wird sich nicht ändern. Egal, ob ich hier bin oder ein anderer Trainer. (…) Ich werde elf Spieler aussuchen, solange das meine Aufgabe ist. Sobald ich nicht mehr dran bin, soll ein anderer machen, was er will.“
Interessant dazu auch: Als der Franzose im Juli auf seine Zukunft angesprochen wurde, sagte er: “Ich habe hier einen Vertrag und fühle mich hier wohl. Aber man weiß nie, was im Fußball passieren wird, es kann sich dort generell vom einen auf den anderen Tag etwas ändern. Ich sehe meine Situation entspannt und genieße es. Mal sehen, wie lange es dauern wird.”
Ohne einen erneuten Zidane-Abgang prophezeien zu wollen, sei Florentino Pérez geraten, schonmal mögliche Nachfolger im Hinterkopf zu behalten. Beim ersten Blitz-Aus des Franzosen stand der Real-Präsident nämlich erstmal unter Schock und ohne Alternative da. Wie es Real Madrid danach erging, ist bekannt…
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