Analyse

Big-Game-Truppe und taktische Fragen: Erkenntnisse zum 3:2

Real Madrid gewinnt das erste kleine Finale der Saison und beweist wieder einmal: Wenn es wirklich darauf ankommt, sind die Königlichen da - trotz aller Widrigkeiten. Während Jude Bellingham immer stärker wird, ist auf Vinícius Júnior in großen Spielen weiterhin Verlass. Wird Carlo Ancelotti durch Verletzungen zu seinem Glück gezwungen? REAL TOTAL analysiert die wichtigsten Erkenntnisse nach dem Sieg bei Atalanta.

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Jude Bellingham ist weiter in Überform, während Carlo Ancelotti in Bergamo taktische Variabilität bewies – Fotos: getty images

1. Erster Big-Win der Saison

Im Liga-Derby gegen Atlético gab es zumindest einen Punkt (1:1), im Clásico (0:4), gegen Milan (1:3) und in Liverpool (0:2) fuhr Real Madrid jeweils eine Nullrunde ein, verlor teilweise blamabel. Fast hätte man meinen können, dass dieses Team der Königlichen in den großen Spielen nicht mehr gewinnen kann, doch der Sieg in der wohl wichtigsten Partie der bisherigen Saison beweist wieder einmal – Big-Game-Real ist (wieder) da! Das Gastspiel in Bergamo (3:2) war – im Gegensatz zu den obengenannten Duellen – das erste Spiel 2024/25, das wirklich vorentscheidenden Charakter hatte, denn bei einer Niederlage wäre selbst die Qualifikation für die Champions-League-Playoffs in ernsthafter Gefahr gewesen. Dabei standen die Vorzeichen denkbar ungünstig: Fünf Ausfälle, Vínicius Júnior und Rodrygo Goes alles andere als fit, Fragen um Kylian Mbappé und seine Form, und ein heißer Gegner, der seit 14 Spielen ungeschlagen war und gerade die Tabellenführung in der Serie A übernommen hatte. Wie das Team von Carlo Ancelotti die Aufgabe unter größtem Druck von der ersten Minute an anging, wie es sich auch von Rückschlägen wie dem plötzlichen Wegfall des sehr guten Mbappé oder dem unglücklichen Ausgleich nicht aus der Ruhe bringen ließ, erinnerte sehr an die letzten Jahre, in denen die Blancos gerade in Drucksituationen regelmäßig zur Höchstform aufliefen. Ein wenig erinnerten die letzten 20 Minuten in Bergamo an das CL-Viertelfinal-Rückspiel in Manchester vergangene Saison, als Real sich fast vollständig auf die Defensive beschränkte und dem Druck des Gegners ebenfalls standhielt. Diese Mannschaft kann weiterhin leiden und viel aushalten, vor allem zeigt sie Charakter, wenn es wirklich darauf ankommt.

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2. Vinícius macht wieder den Unterschied

Kein anderer verkörpert diese königliche Big-Game-Mentalität wie Vinícius Júnior. Kaum wieder genesen, hätte der Brasilianer wohl gar nicht gespielt, wäre es nicht um das nackte Überleben in der Königsklasse gegangen. In der ersten Halbzeit sah man dem 24-Jährigen an, dass er noch nicht soweit ist – eigentlich. Denn kurz nach der Pause war er wieder „Big-Game-Víni“ – erst reagierte er instinktiv nach unfreiwilliger Ederson-Vorlage und traf routiniert zum 2:1, dann schickte der 24-Jährige Bellingham erfolgreich mit einem langen Kroos-Ball auf die Reise zum vorentscheidenden 3:1. Wie so oft in der Vergangenheit, sei es in CL-Endspielen oder Halbfinals, war der Dribbelkünstler der Unterschiedsspieler, der sich außerdem voll in den Dienst der Mannschaft stellte – in weiten Teilen der zweiten Hälfte fungierte Víni als Achter, war eine wichtige Anspielstation im Mittelfeld und sorgte zumindest für vorübergehende Entlastung in Atalantas Druckphasen. Ein weiterer Beweis, dass Vinícius längst nicht mehr nur der Flügelflitzer ist, der auf der linken Seite klebt, sondern inzwischen taktisch sehr variabel einsetzbar ist.

3. Bellingham nicht zu stoppen

Wer oder was soll diesen Jude Bellingham noch stoppen, nachdem jetzt auch in der Champions League der Tor-Knoten geplatzt ist? Nachdem er in LaLiga zuletzt fünf Tore in fünf Spielen in Folge schoss, traf der beste LaLiga-Spieler der letzten Saison endlich auch in der Königsklasse. Der in den letzten Wochen mit Abstand formstärkste Madrilene war auch in Bergamo einer der besten, wenn nicht der beste Blanco. Faszinierend, wie er immer wieder den Ball nach vorne trieb, welche weiten Wege er wieder ging, mit welcher Ruhe und Selbstverständlichkeit er De Roon vor dem 3:1 austanzte und dann trocken abschloss. Auch in Norditalien zeigte sich, dass der Brite in einer etwas freien Rolle im zentralen Mittelfeld am wirkungsvollsten ist, vor allem in Strafraumnähe, wo seine Abschlussqualitäten zum Tragen kommen. Erneut ging der 21-Jährige auch an seine körperlichen Grenzen, bestritt zahlreiche Zweikämpfe und verkörperte wie kein Zweiter den „Niemals-Aufgeben-Geist“. Es wird im weiteren Saisonverlauf enorm wichtig sein, dass er Hilfe bekommt, wie es in Bergamo durch Vinícius, Brahim Díaz oder auch Mbappé bis zu dessen Auswechslung der Fall war.

4. Ancelotti wird zu taktischem Glück gezwungen

Eines der Erfolgsgeheimnisse des so wichtiges Auswärtserfolgs war auch die taktische Aufstellung von Carlo Ancelotti, der in Bergamo in einer 4-2-3-1-Formation agieren ließ, die sowohl für Durchschlagskraft vorne als auch für genug defensive Stabilität sorgte. Die Doppel-Sechs aus Daniel Ceballos und Federico Valverde entpuppte sich als goldrichtig, zumal der Uruguayer aus der Position immer wieder auch auf der rechten Abwehrseite aushelfen konnte, wo Lucas Vázquez manchmal etwas überfordert wirkte, wenn er es alleine mit Ademola Lookman zu tun bekam. Nicht zuletzt gibt diese Formation vielen Spielern die Möglichkeit, dort zu agieren, wo sie am stärksten sind, siehe Bellingham im zentralen Mittelfeld oder Brahim Díaz auf der rechten offensiven Seite, wo er nicht nur mit seiner Handlungsschnelligkeit und Ballsicherheit eine ständige Gefahr darstellt, sondern mit seiner Pressingsresistenz im Hinblick auf die Defensive eine enorme Stütze und Entlastungsfaktor ist. Reals Coach bewies darüber hinaus auch taktische Variabilität, indem er im zweiten Durchgang, als Atalanta komplett die Kontrolle übernahm, Vinícius ins Mittelfeld zurückzog und so weiter für Kompaktheit und Entlastungsvorstöße sorgte. Ein wenig scheint es – durchaus eine Parallele zur letzten Spielzeit -, als würde der Italiener durch die Verletzungsmisere zu seinem Glück gezwungen werden. Während er in den ersten Monaten der Saison kaum rotieren ließ und Spieler wie Brahim, Ceballos oder Arda Güler kaum eine Rolle spielten, bleibt dem 65-Jährigen inzwischen mit den vielen Ausfällen nichts anderes übrig und siehe da – die genannten Spieler funktionieren, wenn es darauf ankommt, ähnlich wie es 2023/24 beispielsweise bei Brahim der Fall war, der erst durch zahlreiche Ausfälle ins Team rotierte und anschließend in entscheidenden Phasen der Saison ein enormer Faktor war. Warum nicht immer so und warum nicht noch viel häufiger das 4-2-3-1-System?

5. Wird Tchouaméni zum neuen Hierro?

Ja, Aurélien Tchouaméni hatte eine unglückliche Situation, als er sich in der Nachspielzeit der ersten Hälfte einen folgeschweren Stellungsfehler leistete, der anschließend im Elfmeter und Ausgleich für Atalanta resultierte. Davon jedoch abgesehen, agierte der gelernte Mittelfeldspieler wie schon zuvor in Girona durchaus stabil und umsichtig im Abwehrzentrum, wo er eine starke Luftpräsenz hatte, diverse Schüsse abblockte und sehr stark und sicher am Ball war. Während er im Laufe der Saison auf seiner angestammten Position im defensiven Mittelfeld ein ums andere Mal etwas verloren und defokussiert wirkte, scheint es dem 24-Jährigen leichter zu fallen, im Strafraum zu verteidigen, statt der gegnerischen Offensive hinterher zu laufen und gleichzeitig die Zone vor dem Sechzehner zu schützen. Außerdem lastet so weniger Verantwortung auf ihm im Aufbauspiel, da er mit dem Sechser, der sich in bestimmten Phasen zwischen die Abwehrkette zurückfallen lässt (in Bergamo war es Ceballos), nicht kollidiert. Gleichzeitig ist er aus dem Abwehrzentrum heraus mit seiner Ruhe und Ballsicherheit trotzdem ein wichtiger Faktor im Aufbauspiel respektive als Anspielsituation bei gegnerischem Pressing. Ist es für Carlo Ancelotti vielleicht an der Zeit, den französischen Nationalspieler dauerhaft zum Innenverteidiger umzufunktionieren? In der Vergangenheit gab es jedenfalls ein prominentes Beispiel für eine solche Vorgehensweise – Fernande Hierro war ebenfalls gelernter defensiver Mittelfeldspieler, bevor er zu dem legendären Abwehrchef der Königlichen der späten 90er und frühen 2000er Jahre wurde.

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Kommentare
Carlo sollten den Jungen aber wenigstens in der Copa spielen lassen.

Seine Karriere jetzt zu zerstören wäre echt beschissen und unfair.

er hat seine Sache sehr gut gemacht!
 
Carlo sollten den Jungen aber wenigstens in der Copa spielen lassen.

Seine Karriere jetzt zu zerstören wäre echt beschissen und unfair.

er hat seine Sache sehr gut gemacht!
er ist unser 3.IV, wer weiß wie fit alaba ist wenn er wieder kommt. vielleicht ist er dann unser 4. IV; seinen platz hat er verdient und das weiß auch carlo. tatsache ist aber auch, dass es anfang der saison joan martinez war der mit der 1. mannschaft trainiert hat und nicht asencio. ramon wurde soweit ich mich erinnere auch höher gerated als asencio, wenn diese sich nicht verletzt hätten, wäre er niemals in der 1. mannschaft gelandet. verstehe nicht warum es seine karriere zerstört, es zerstört vielmehr tchouamenis karriere, der für 80mio gekommen ist, wenn er der backup von camavinga wird.
 
er ist unser 3.IV, wer weiß wie fit alaba ist wenn er wieder kommt. vielleicht ist er dann unser 4. IV; seinen platz hat er verdient und das weiß auch carlo. tatsache ist aber auch, dass es anfang der saison joan martinez war der mit der 1. mannschaft trainiert hat und nicht asencio. ramon wurde soweit ich mich erinnere auch höher gerated als asencio, wenn diese sich nicht verletzt hätten, wäre er niemals in der 1. mannschaft gelandet. verstehe nicht warum es seine karriere zerstört, es zerstört vielmehr tchouamenis karriere, der für 80mio gekommen ist, wenn er der backup von camavinga wird.

Für mich ist Karriere zerstören, wenn er anstatt zum Profikader gehört, dann zu Getafe oder schlechter transferiert wird.
der Junge hatte einen Lauf (rede hier nicht von Weltklasse, habe aber zu den Stamm IVs "wenig" Leistungsabfall gesehen).
Vlt hat er sogar überperformed, aber wenn du den Lauf hast und viele Spiele (Erfahrung) sammelst, könnte das goldwert sein.
 
Also ich sehe Tchouameni langfristig als 6er a la Casemiro, das er IV gespielt hat und spielt ist nur ne Übergangslösung. Wenn alle fit sind kommt es drauf an was für ein System wir Spielen ob Tchou spielt oder nicht. 4-2-3-1 muss er sich mit Fede und Camavinga messen lassen 80 Millionen Ablöse hin oder her, wenn 4-3-3 gespielt wird können sie allle 3 spielen solange kein echter 9er im Kader ist . Mit einem echten 9er würde der Konkurenzkampf im Mittelfeld noch mit Jude erhöht werden. Die letzten 2 Spiele waren wieder ein Carlo Ding, der halt auf sein Stammkader baut und nicht auf kurzfristige Leistungsdaten, deswegen ist ein Asencio Luca und Arda auf der Strecke geblieben gegen Atalanta, auch Dani wird wieder ins zweite Glid zurückkehren wenn Camavinga fit ist. So tickt halt Carlo, was uns das einbringen wird diese Saison werden wir sehen.

Was Atalanta angeht sehe ich sie als oberes Mittelfeld an, die Aussage Big Game ist evt. der Situation geschuldet in der wir uns mit 6 Punkten befunden haben aber nicht wegen der Stärke des Gegners.
 
Also ich sehe Tchouameni langfristig als 6er a la Casemiro, das er IV gespielt hat und spielt ist nur ne Übergangslösung. Wenn alle fit sind kommt es drauf an was für ein System wir Spielen ob Tchou spielt oder nicht. 4-2-3-1 muss er sich mit Fede und Camavinga messen lassen 80 Millionen Ablöse hin oder her, wenn 4-3-3 gespielt wird können sie allle 3 spielen solange kein echter 9er im Kader ist . Mit einem echten 9er würde der Konkurenzkampf im Mittelfeld noch mit Jude erhöht werden. Die letzten 2 Spiele waren wieder ein Carlo Ding, der halt auf sein Stammkader baut und nicht auf kurzfristige Leistungsdaten, deswegen ist ein Asencio Luca und Arda auf der Strecke geblieben gegen Atalanta, auch Dani wird wieder ins zweite Glid zurückkehren wenn Camavinga fit ist. So tickt halt Carlo, was uns das einbringen wird diese Saison werden wir sehen.

Was Atalanta angeht sehe ich sie als oberes Mittelfeld an, die Aussage Big Game ist evt. der Situation geschuldet in der wir uns mit 6 Punkten befunden haben aber nicht wegen der Stärke des Gegners.
fair enough wenn du das so siehst. habe meine meinung zu seiner position ja bereits deutlich gemacht. ich denke nicht dass wir bei dem trainer ohne einen spielmacher spielen können, einer von modric und ceballos wird denke ich gesetzt sein, aber wir werden sehen. und was kurzfristige leistungsdaten angeht, hat tchouameni seine sache gegen girona auch schon gut gemacht, auch wenn girona nicht viel auf die kette gekriegt hat. es war nur im mittelfeld wo er andauernd enttäuscht hat, die versetzung tchouas in die IV ist eine der wenigen entscheidungen carlos, wo ich zu 100% dahinter stehe. ceballos und brahim (die für modric und arda spielten) wiederum haben ihren einsatz gestern meiner meinung nach ebenfalls gerechtfertigt, von daher sehe ich hier auch keinen grund zur kritik an carlo. er muss halt die jungs von der bank viel früher bringen, dann ist das alles auch nur noch halb so schlimm, wenn ein spieler mal nicht startet.
Für mich ist Karriere zerstören, wenn er anstatt zum Profikader gehört, dann zu Getafe oder schlechter transferiert wird.
der Junge hatte einen Lauf (rede hier nicht von Weltklasse, habe aber zu den Stamm IVs "wenig" Leistungsabfall gesehen).
Vlt hat er sogar überperformed, aber wenn du den Lauf hast und viele Spiele (Erfahrung) sammelst, könnte das goldwert sein.
denke hier liegt halt der unterschied, ich denke nicht dass asencio "einen lauf" hatte oder sowas. er hat solide gespielt mehr nicht, gegen bilbao hat er ein gegentor mitverschuldet. asencio wird auf jeden fall spielzeit kriegen, wieviel wird man sehen. wenn carlo anständig rotieren würde, wäre das alles sowieso kein thema und er würde im schnitt jede woche mindestens ein spiel starten.
 
Einzig was ich Tchou ankreide war das er zu früh aus dem Zentrum rausgerückt ist vor dem elfer, dadurch hat sich der Raum für Kolasinac geöffnet und er kommt zu spät (Brahim ist da auch in der Verantwortung weil er abbricht und nicht konsequent durchläuft), ansonsten gute Leistung. Dani / Luca ist halt Carlos defensiv verständnis geschuldet und ist gut gegangen, eine Rodrygo Einwechselung ist unverständlich und hat sich auch in der Leistung von ihm wiedergespiegelt also das kreide ich Carlo schon an. Stammkader vs Leistung spiegelt sich halt hier wieder.
 

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