Analyse

Blamage von Paris: Zweifel an Zidane werden stärker

Zurück auf dem harten Boden der Tatsachen: Auf den 3:2-Sieg über Levante folgt mit der 0:3-Blamage bei Paris Saint-Germain die Ernüchterung. Mit einer starbesetzten Offensivreihe verliert Real Madrid ohne einen einzigen Torschuss abzugeben. Einige Ex-Blancos schlagen deshalb Alarm. Gleichzeitig ist es Zinédine Zidanes fünfte Niederlage in seiner zweiten Amtsperiode. Die Zweifel, ob der Franzose der Richtige sei, werden stärker.

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Real Madrid's French coach Zinedine Zidane (L) reacts during the UEFA Champions league Group A football match between Paris Saint-Germain and Real Madrid, at the Parc des Princes stadium, in Paris, on September 18, 2019. (Photo by Lucas BARIOULET / AFP) (Photo credit should read LUCAS BARIOULET/AFP/Getty Images)
Seit seiner Rückkehr konnte Zidane von 16 Pflichtspielen nur sieben gewinnen – Foto: Lucas Barioulet/AFP/Getty Images

Ohne Gegenwehr von PSG dominieren lassen

PARIS/MADRID. “Ein totaler Kollaps”, titelt die spanische Sportzeitung AS, “ein Madrid aus Glas”, fasste die MARCA zusammen. Im Vorfeld noch die Favortienrolle zugesprochen gegen ein Paris Saint-Germain ohne Neymar, Kylian Mappé und Edinson Cavani, ließ sich Real Madrid vom französischen Meister nach Belienen dominieren und folglich mit 0:3 vorführen – ohne einen einzigen Torschuss abzugeben (erstmals in der CL seit 2003/04).

All das, obwohl nach dem 3:2-Sieg am vergangenen Wochenende gegen UD Levante wieder Hoffnungen wach wurden, es ginge Berg auf. “Ich hatte die letzten zwei, drei Wochen eigentlich ein ziemlich gutes Gefühl, weil wir uns fußballerisch deutlich gesteigert hatten”, fasste es Toni Kroos nach diesem “kleinen Rückschlag” zusammen. Die Demütigung gegen PSG bewirkt jedoch eher Gegenteiliges: Neue Ängste werden wach. Und alte.

Weder Julen Lopetegui, noch Santiago Solari, noch Zinédine Zidane schafften es seit Beginn der Spielzeit 2018/19 für Kontinuität in ihren Ergebnissen zu sorgen. War die Euphorie doch noch groß, als die Madridistas Anfang März erfuhren, dass Letzterer auf die Trainerbank der Königlichen zurückkehren würde – in den Vorjahren noch drei Champions-League-Titel in Folge gefeiert, lässt “Zizou” seit seiner zweiten Amtsübernahme jedoch die Siegermentalität in vielen Belangen vermissen.

Niederlage in Paris Zidanes fünfte seit März

Es mag ihm einfach nicht gelingen. Die Gründe, weshalb Real Madrid seit dem Gewinn des Henkelpotts in Kiev nicht mehr in die Erfolgsspur findet (wobei man schon 2017/18 ganze 17 Punkte hinter Meister Barcelona lag), sind vielseitig. Ein Blick auf Zidanes Bilanz seit März ist jedenfalls desolat: 16 Pflichtspiele, nur sieben Siege, vier Unentschieden, fünf Niederlagen – Punktedurchschnitt: 1,56 pro Spiel. Dessen Vorgänger Santiago Solari hatte zum Vergleich einen Punktedurchschnitt von 2,0 pro Partie, wurde entlassen!

Weniger als die Hälfte seiner Spiele gewann Zidane damit mit den Königlichen. Die letzte Blamage gegen Paris Saint-Germain – schon seine achte Niederlage (inklusive Testspiele).

Schon im Juli berichtete REAL TOTAL: “Die Skepsis wächst.” Würde man Gegner und Ergebnis austauschen, jener Text wäre noch immer aktuell. Die Zweifel an Zidane werden stärker. Zu seelenlos wirkte der Auftritt im Prinzenpark. Nach diesem schlagen auch einige Ex-Blancos Alarm. “Wenn du nach Paris reist, um gegen PSG zu spielen, das ohne seine drei Stars auftritt, und du dann nicht in der Lage bist, mitzuhalten – das ist schlecht”, twitterte Guti.

Reals ehemaliger Sportdirektor Predrag Mijatović findet die Situation währenddessen ebenso beängstigend: “Das ist besorgniserregend. Die Saison wirkt so wie die letzte. Man muss nach Lösungen suchen. Ich sehe Zidane aber nicht allzu fähig, um sie zu finden und die Mannschaft besser zu machen.”

Real Madrid Trikot

Zidane und die Königlichen brauchen ein Konzept

Wie so oft in den letzten Monaten fehlte Real Madrid auch gegen den französischen Meister ein klares Konzept. Keine spielerischen Lösungen waren erkennbar, die Taktik auf individuelle Lösungen und Glück ausgelegt.

Auf der Gegenseite brauchte es nicht einmal einen Neymar, Mbappé oder Cavani, um den Blancos drei Treffer einzuschenken und aufzuzeigen, wie es geht. Die Startelf der Königlichen in der Angriffsreihe mit Eden Hazard, Karim Benzema und Gareth Bale zwar namhaft besetzt, auf dem Platz jedoch derart harmlos, dass über 90 Minuten nicht eine einzige “echte” Torchance kreiert werden konnte – von den beiden zurecht anerkannten Toren mal abgesehen.

Ironischerweise legte dazu mit Ángel Di María ein Ex-Real-Profi einen Sahnetag hin, schnürte gegen Thibaut Courtois, der im Februar zuletzt zu Null spielte, einen Doppelpack. Stichwort “zu Null”: Als Real Madrid das letzte mal in den ersten fünf Saisonspielen immer mindestens ein Gegentor kassierte, spielte Zidane seine letzte Saison: 2005/06. 

Auch für Keylor Navas, für den es 16 Tage nach seinem Wechsel zu PSG zu einem Wiedersehen kam, war es ein erfolgreicher Tag. Da der Costa Ricaner keinen Torschuss parieren musste, ist es bereits das zweite Spiel “zu Null” im zweiten Einsatz für seinen neuen Klub.

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Thibaut Courtois: No clean sheets since February Keylor Navas: 2/2 clean sheets since joining PSG

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Als nächstes: Sevilla, Atlético, Barcelona

Zum “Rematch” kommt es am 26. November. Dann stehen PSG im Estadio Santiago Bernabéu auch Neymar, Mbappé und Cavani zur Verfügung. Möchte man eine ähnliche Blamage wie am Mittwoch vermeiden, brauchen die Königlichen und Zidane ein klares Konzept. Denn nicht nur hat Real Madrid mit den starbesetzten Franzosen einen Brocken in der Gruppenphase der Königsklasse, in den nächsten Wochen warten mit dem FC Sevilla, Atlético Madrid und Ende Oktober der FC Barcelona ähnlich harte Aufgaben.

Ob es Zidane gelingt, das Ruder rumzureißen? Die erfolglose Vorsaison sollte jedenfalls eine Ausnahme bleiben. Der Ausgang eines ähnlichen Resultats zum Ende der Saison? Undenkbar! Und doch werden die Zweifel am am Umbruch scheiternden Franzosen größer. 

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Kommentare
"Weder Julen Lopetegui, noch Santiago Solari, noch Zinédine Zidane schafften es seit Beginn der Spielzeit 2018/19 für Kontinuität in ihren Ergebnissen zu sorgen."

Allein diese Liste der Trainerwahl zeigt schon das Debakel.
Perez denkt nach dem Erfolg von Zidanes erster Amtszeit, dass Fussball doch nicht so kompliziert ist wie ihm jeder sagt.
Damals hat ein Traineramateur, der durch seine Spielervergangenheit ein Motivationsmonster ist, einen der besten Kader der Geschichte, der von Ancelotti taktisch eingestellt worden war, übernommen. Und davon gezehrt.

Solari war der Versuch das gleiche Wunder ohne die taktische Vorleistung zu wiederholen. Und Lope kam aus dem komplett anderen Trainingsumfeld der Nationalmannschaft in den größten Club der Welt, ohne Zeit sich wieder in den viel anspruchsvolleren Clubfussball einzuarbeiten.

Als nächstes steht ein Mourinho auf der Liste, damit man auch das Experiment der taktisch überholten, von ihren alten Namen lebenden Trainern wie Benitez fortsetzen kann.

Es ist wie ein Autounfall. Man weiß was passiert, aber kann nicht weggucken...
 
Die nächsten Spiele werden wegweisend sein. Spätestens bei möglichen Pleiten gegen Sevilla und Atléti würde auch Pérez bestimmt langsam aber sicher ins Grübeln kommen und die Suche nach einem Nachfolger womöglich beginnen ...
 
Es scheint mir unmöglich dass ein derart seelenloses Madrid die Spiele gegen Gegner des Kalibers Sevilla, Atletlico und Barcelona siegreich gestalten kann und zumindest 2 dieser 3 Begegnungen müsste man gewinnen um die Weichen für eine erfolgreiche Saison zu stellen. Man hat sich gefühlt keinen Millimeter von der Stelle bewegt seit der erneuten Amstübernahme von Zidane und das muss man in erster Linie wohl auch dem Trainer zuschreiben dass er es nicht geschafft hat neue Ideen und Konzepte einzuarbeiten um Änderungen zu bewirken. Und Änderungen sind ja proklamiert worden, sowohl vom Vorstand, von den Spielern und auch von Zizou selbst. Bisher wurde zwar kadertechnisch einiges geändert, allerdings sieht man, dass das zu wenig tiefgreifend gemacht wurde und SO (vorwiegend Investitionen in Ersatzspieler) keinerlei Auswirkungen hat.

Fazit: Wir werden Ende Oktober wohl die nächste Trainerentlassung erleben und man wird wohl in Kürze mit ersten Spekulationen beginnen wer denn die Nachfolge antritt und eine Aufgabe bekommt die kaum zu lösen ist! Mourinho würde ich es am ehesten zutrauen aber in erster Linie hoffe ich, dass man nicht den armen Raúl in die Löwengrube schmeißt!
 
Sevilla, Atletico und Barca zeigen dann alles.
6-9 Punkte? Alles wieder eitel Wonne
4-5 Punkte? Entscheidungen werden sich verschieben
0-3 Punkte? Zidane wird wohl gehen müssen

Meiner Meinung nach sind alle 3 Varianten möglich. Wird spannend.
 
Der letzte Funke in dieser Mannschaft ist erloschen - die Hälfte der Spieler sind leer gespielt!

Egal wer diese Mannschaft im Moment Trainieren würde - der Umbruch wird noch Jahre dauern!

Muss es nicht. Ajax, Salzburg sind wohl die prominentesten Beispiele dei Jährlich zig Stammspieler abgeben und es dennoch schaffen voll Konkurrenzfähig zu bleiben. Real kann auch 5 ehemalige Stammspieler der CL Hochzeit auf die Bank setzen oder Verkaufen und sollte das auch schaffen können.

Man wird dann kein Drippel holen - logisch...aber das tun wir ja heuer auch nicht ;) Aber mit neuem Leben in der Mannschaft sollte ein Titel immer erreichbar sein bzw. ansehnlicher Fußball
 
Zidane bräuchte einen Co-Trainer, der die Taktik diktiert. Motivation und Standing ist Zidane überragend und genau der Richtige. Taktisch war das aber auch schon in seiner ersten Amtszeit arg limitiert.

Gestern war natürlich richtig schlimm. Geht man die nächsten Spiele wieder baden, muss auch zwingend was passieren.
 
Ich hoffe nur das wenn man ZZ entläst, dass nicht mitten in der Saison passiert ohne eine WIRKLICH guten Trainer in den Hinterhand zu haben.
Dem sollte man dann aber auch Zeit geben dass er im Sommer 2020 wenn gewünscht auf dem Transfermarkt tätig werden kann.
Vlt könnte man ja mal den Versuch starten und eine co Trainer einstellen der die Taktik vorgiebt und schult, ZZ aber derjenige ist der vor die Presse tritt und mit Spielern spricht, denn die scheinen ZZ ja zu mögen.


Aber ohne einen Trainer der mit der Mannschaft von vorne anfängt was taktische Basics und Ausrichtung im Spiel betrifft wird es nix.
 
Ich finde es immer wieder witzig, wie alles immer im Affekt bewertet wird. Unter Zidane spielt diese Mannschaft im Kern seit der Hinrunde 2017/18 so schlecht. Dann gibt es mal einzelne Ausreißer, wo es dann angeblich wieder bergauf geht. Gegen einen spanischen Durchschnittsklub wie Levante, gegen den man irgendwie knapp gewonnen hat und eine Halbzeit gute Leistung gezeigt hat, soll man dann aufeinmal wieder Aufbruchsstimmung haben. Ich wette, wenn wir gegen einen dieser drei Gegner plus die nächsten CL-Gegner in der Zwischenzeit glücklich oder in anständiger Manier zufällig gewinnen, dann kommen wieder die selben Stimmen, die behaupten Zidane sei ja doch der Richtige, denn es ginge wieder bergauf. Das kann vielleicht schon im nächsten Spiel passieren. Dann darf man sich wieder anhören, dass man glücklich sein sollen, dass Zidane die Mannschaft wieder übernommen hat, weil Benzema durch eine Einzelaktion den Sieg klärte und wir zufälligerweise zwanzig Minuten guten Fußball gespielt haben. Dass aber die Kurve seit zwei Jahren mit ein paar Ausreißern nach unten geht, interessiert auch die Redaktion recht wenig. Das ist keine zufällige Krise, das ist ein grundlegendes Qualitätsproblem, welches viel zu lange ignoriert wurde.
 

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