Verletzung

Real Madrid in der Bredouille: Kann hier noch einer Rechtsverteidiger?

Totalschaden im rechten Knie! Daniel Carvajal ist schwer verletzt – und Real Madrid damit in einer großen Bredouille. Den Königlichen bleibt wohl für die restliche Saison nur noch Lucas Vázquez als Option auf der rechten Abwehrseite. Kommen sie nicht umher, auf dem Winter-Transfermarkt tätig zu werden? Ein typischer Carlo Ancelotti würde bis dahin womöglich mal wieder an einen Mittelfeldspieler denken.

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Daniel Carvajal Real Madrid
Der Carvajal-Schock bereitet Kopfzerbrechen – Foto: REAL TOTAL-Grafik: Getty Images

Carvajal laboriert an Knie-Totalschaden

MADRID. Im Januar die Supercopa de España, im Mai die spanische Meisterschaft, im Juni die Champions League, im Juli die Europameisterschaft, im August der UEFA Super Cup: Daniel Carvajal wird das Kalenderjahr 2024 sicherlich als das wundervollste seiner bisherigen Karriere bezeichnet haben – bis zu dieser schicksalhaften Nachspielzeit gegen den FC Villarreal, mit der sich unerwartet doch noch ein dunkles Kapitel eröffnete.

Nach der abgelaufenen regulären Spielzeit waren zwei Minuten und 35 Sekunden gelaufen, als sich der Vizekapitän der Königlichen in einem Zweikampf mit Yéremy Pino einen Totalschaden im rechten Knie zuzog: Riss des vorderen Kreuzbandes, Riss des äußeren Seitenbandes, Riss der Sehne in der Kniekehle.

Angesichts des Zustandekommens und der schmerzvollen Reaktion von Carvajal hatte man früh Schlimmes erwartet – berechtigterweise, wie sich herausstellen sollte.

Und jetzt, Florentino Pérez? Und jetzt, Carlo Ancelotti? Der bedrückte Cheftrainer wurde in der Pressekonferenz nach dem 2:0, das an diesem am 9. Spieltag von LaLiga von jetzt auf gleich zur Nebensache geworden war, mit einer möglichen Reaktion auf dem Winter-Transfermarkt konfrontiert. Dieser öffnet seine Pforten im Januar.

Real Madrid überlegt sich jetzt einen Plan

Es sei erst einmal „nicht der Tag“, daran zu denken, so Ancelotti. Klar ist für ihn: „Lucas Vázquez gibt uns viel Zuversicht. In der Länderspielpause haben wir die Zeit, um über dieses Thema zu reden – mit dem Wissen, dass der Transfermarkt geschlossen hat. Es gibt nicht viele Optionen. Wir müssen schauen, wen wir im Falle eines Ausfalls des nun einzigen Rechtsverteidigers, der Lucas Vázquez ist, auf dieser Position aufstellen.“

Ancelotti wurde an diesem traurigen Abend letztlich doch noch etwas humorvoll, indem er wiederum betonte: „Ich nicht.“ Eine ernsthafte Antwort gibt es auf die Schnelle nicht, dafür ist die Nummer 2 als Spieler und Leader auch viel zu bedeutend. Carvajal erlebte nach zuvor eher durchwachsenen und von Muskelverletzungen geplagten Jahren seit der vergangenen Saison so etwas wie seinen zweiten Karriere-Frühling. Aufgrund seiner starken Leistungen galt er nicht zu unrecht als der weltbeste Rechtsverteidiger, ja sogar als potentieller Kandidat auf den Ballon d‘Or, der in drei Wochen offenbar Vinícius Júnior überreicht wird.

Real Madrid hat hinten rechts nur noch Vázquez

Für Kopfzerbrechen sorgt der Carvajal-Schock auch rein aus numerischer Sicht. Die Position auf der rechten Abwehrseite ist nur noch mit Vázquez besetzt. Hinter dem eigentlichen Ersatz herrscht ab sofort auf den ersten Blick Leere, weil sich niemand Offensichtliches hervortut, der sich den Job mit dem früheren Rechtsaußen teilen könnte. Die Nummer 17 wird dort die nächsten Wochen und Monate gewiss die erste Wahl sein, braucht vor dem Hintergrund der Belastung jedoch auch mal Pausen, bestreitet daher nicht jede Partie.

Als Problem kommt hinzu, dass die Abwehr an sich ohnehin nicht bestens aufgestellt ist. Aktuell fit: Vázquez, Antonio Rüdiger, Éder Militão, Ferland Mendy, Fran García und Jesús Vallejo, dazu mit Jacobo Ramón ein Akteur aus der zweiten Mannschaft. Nicht einsatzfähig: Carvajal und David Alaba. Gerade in der Saison, in der er für sich offenbar keine rosige Einsatzperspektive mehr sah, hätten die Blancos den flexiblen Nacho Fernández noch bestens gebrauchen können. Wie bitter, dass er weg ist! Ob rechts, innen oder links: Der Ex-Kapitän war stets zur Stelle, wenn ein personeller Engpass herrschte.

Ein typischer Ancelotti würde an Valverde denken

Was ein typischer Ancelotti nun machen würde: Den grundsätzlich vielseitigen Federico Valverde hin und wieder nach hinten rechts beordern. Mit aus seiner Sicht geeigneten Mittelfeldspielern stopft „Carletto“ in einer Notfallsituation in der Viererkette ja gerne mal Löcher, davon können Aurélien Tchouaméni und Eduardo Camavinga ein Lied singen.

Valverde hatte unter Zinédine Zidane das Rückspiel im Viertelfinale der Champions League im Jahr 2021 gegen den FC Liverpool (0:0) tatsächlich auch mal als Rechtsverteidiger gespielt, damals den Vorzug vor dem gelernten Álvaro Odriozola erhalten. Seitdem blieb diese Rolle dem Uruguayer aber völlig fremd – bis jetzt? Der 26-Jährige könnte auch deshalb zu einer gelegentlichen Option werden, da er unter Ancelotti ohnehin viel nach hinten mitarbeitet, um auf der rechten Verteidigerseite Räume zu schließen. Das tut er immer dann, wenn er als rechter Flügel zum Zug kommt, was inzwischen allerdings seltener der Fall ist.

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Seine neue Position ist das zentrale Mittelfeld, der Sechser-Bereich. Der Gedanke einer sporadischen Rechtsverteidiger-Aushilfe liegt aber auch daher nahe, da sich mit Camavinga und Daniel Ceballos kürzlich zwei andere Profis für die Schaltzentrale vor der Abwehr zurückgemeldet haben. Mit ihnen sowie Luka Modrić wäre es etwas denkbarer, aus Valverde eine Art Joshua Kimmich zu machen. Eine Ideal-Lösung auf lange Sicht wäre er im Gegensatz zum deutschen Nationalmannschaftskapitän dort jedoch nicht – ebenso wenig wie ein Militão, Rüdiger oder Vallejo. Erst recht nicht, solange Alaba noch abwesend ist. Eine Alternative wäre noch: Militão geht nach rechts, Tchouaméni verteidigt dafür innen.

Dass sich Spieler aus der zweiten Mannschaft Hoffnungen auf mehr als nur Nominierungen für einen Spieltagskader machen dürfen, gilt dennoch als unrealistisch. Das Vertrauen in sie ist generell gering. Kandidaten wären Lorenzo Aguado (22) und David Jiménez (20). Die Castilla hat übrigens erst im Sommer mit Vinícius Tobias ein Rechtsverteidiger wieder in Richtung Shakhtar Donetsk verlassen, der nicht selten Profi-Luft schnupperte.

Keine Optionen auf Vereinlosen-Markt

Drei Monate muss Ancelotti überstehen, weil sich zudem unter den vereinslosen Profis auch keine Real-würdigen Optionen befinden. Dass die Verantwortlichen dann auf dem Transfermarkt zuschlagen – gut vorstellbar. Anders als nach den monatelangen Verlusten von Militão und Alaba, als man sich mit Nacho, Tchouaméni und Carvajal neben Rüdiger noch ordentlich aufgestellt sah. Diesmal sieht es anders aus, vielmehr so wie nach dem Courtois-Rückschlag, als das Tor kurzzeitig ähnlich dünn besetzt war.

Fürs Erste bleibt „Carletto“ aber nichts anderes übrig, als auf dem Trainingsgelände durch den Profitrakt zu gehen und zu fragen: Kann hier noch einer Rechtsverteidiger?

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von
Filip Knopp

Begleitet den Mythos Real Madrid als Fan seit der Ära der „Galácticos“ und journalistisch bei REAL TOTAL seit Mitte 2011. Erfahrungen auch bei SPORT1 und SPOX, zudem Autor von »111 GRÜNDE, REAL MADRID ZU LIEBEN«.

Kommentare
Ramos jetzt sofort holen egal wie der Abgang war. Und im Winter einen IV und einen RV kaufen. Egal wie teuer. Wir sind Real Madrid wo alle spielen wollen, das sollte also nicht so schwer sein einen zu bekommen. Sonst eine Leihe. Unerträglich wie Real in den letzten Jahren auf gewissen Positionen ein Flickwerk ist. Alle Positionen müssen doppelt besetzt sein.
 
Militao als RV , Tchou als IV !

Unabhängig davon das wir Tchouameni im Mittelfeld/IV als Rotationsspieler benötigen, hat mir Militao als RV nie gefallen, kann mich da nur an einige schlechte Spiele erinnern. Auch Valverde würde ich aus der Mittelstatik nicht rausreißen und wenn, benötigt er eher Pausen, als noch zusätzliche Aufgaben. Schrieb es gerade schon mal im Spieltagsthread, ich würde auf RV mal Jacobo Ramon bringen, dort spielte er im Sommer bei der U19 EM, und zumindest defensiv konnte er überzeugen.
 
Würde das Experiment mit Ramos sogar evtl. wagen. Seine Leistungen bei Paris und Sevilla waren unterm Strich gut, abseits seiner Verletzungshistorie. Vielleicht kann er die defensive Ordnung bringen, die zurzeit völlig abhandengekommen ist. Dazu ist er bei Standards sehr wertvoll
 
Würde auch Ramos holen - sind ja noch Leute da, mit denen er gespielt hat, folglich würde diese Ex-Leader-Rolle nicht nur in seinem Kopf passieren.
 
Eine katastrophe, Dani ist auf seiner Position nicht zu ersetzen und Lucas V. wird dieses Loch niemals stopfen können.

Fran Garcia hatte in seinen Einsatzzeiten bis jetzt gute Leistungen, ich würde ihm eine Chance als RV geben und schauen wie es läuft aber auf keinen Fall Valverde aus dem Mittelfeld holen.
 
Militao als RV , Tchou als IV !

Unabhängig davon das wir Tchouameni im Mittelfeld/IV als Rotationsspieler benötigen, hat mir Militao als RV nie gefallen, kann mich da nur an einige schlechte Spiele erinnern. Auch Valverde würde ich aus der Mittelstatik nicht rausreißen und wenn, benötigt er eher Pausen, als noch zusätzliche Aufgaben. Schrieb es gerade schon mal im Spieltagsthread, ich würde auf RV mal Jacobo Ramon bringen, dort spielte er im Sommer bei der U19 EM, und zumindest defensiv konnte er überzeugen.
Absolut bei dir. Valverde braucht keine neue Position, er braucht Pausen, sonst ist er wohl oder übel das nächste Opfer von Reals Rotationstaktik.. Ich würde es ganz ehrlich auch bei Ramos nochmal versuchen. Egal wie der Abgang war, da müssen jetzt halt alle Seiten ihre Egos in den Hintergrund stellen, aber er könnte für eine Saison uns sehr nützlich sein. Einerseits wäre Real für ihn wohl noch die einzige Möglichkeit, bei einem Topverein - dem Grössten - zu spielen und andererseits ist er variabel einsetzbar und könnte sowohl auf RV und in der IV entlasten. Klar ist er nicht mehr derselbe Spieler von damals, aber was anderes gibt es nicht und ich denke für alle Parteien könnte es durchaus Sinn ergeben. Aber ja, schlussendlich werden die Egos wohl siegen.. Bei einem anderen Trainer könnte man alternativ noch eine 3-er Kette vorschlagen, auch wenn dafür kaum Zeit ist, um sie einzustudieren. Es wird wohl der klassische Ancelotti-Zwecksentfremdungs-Move werden.
 

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