Irgendwann musste die Serie reißen und auch wenn ich diesen Moment nicht herbeigesehnt habe, so finde ich es doch ok wie es letztendlich dazu gekommen ist. In einem schweren Stadion, gegen einen starken Gegner, in einem Spiel, das an die Champions League Abende erinnert hat, an denen es zum Anpfiff immer noch hell ist.
Zidane hat aus Respekt vor seinem Gegner seine Formation geändert, er ließ sein Team in einem 5-3-2 auflaufen, das einen Stürmer gegen einen Innenverteidiger tauschte. Wenn man bedenkt, dass das Sturmduo nicht die größte Fähigkeit aufwies, alleine was zu kreieren, dann war das kein triviales Opfer. Man gab eine Menge Einschüchterung auf, aber der Spielverlauf sollte dieser Entscheidung recht geben.
Das Aufeinandertreffen beider Mannschaften gipfelte in einem Spiel mit langsamen Rhythmus, was der Mannschaft aus der Hauptstadt entgegen kam, die einen Wirbelsturm wie im Copa Rückspiel, oder wie in den letzten Minuten dieser Partie, verhindern wollte. In 15 minuten konnte Sevilla keinen einzigen ihrer Angriffe abschließen und verlor nicht wenige Bälle aus taktischer Unklarheit. Die Madrider Verteidiger samt Mittelfeldspieler(allen vorran Modric und Casemiro) fraßen das Spielfeld auf ohne große Risiken einzugehen, eine defensive Meisterleistung, die die Andalusier fast die Luft nahm, aber nur fast, weil sie starke individuelle Performance einiger Spieler hatten, die das Ganze mit individueller Qualität kompensierten. Außer wenn Modric am Ball war, der Kroate ist wieder in einer wahnsinnigen Verfassung und seine Aggressivität war das Loch, das keiner stopfen konnte.
Dass die Überlegenheit sich nicht im Zwischenergebnis wiederspiegelte hatte zwei Gründe: zum einen wurde die Mobilität von Benzema nicht von der technischen Präzision von Ronaldo ergänzt, der schwerfällig, steif und unbeständigt zeigte und zum anderen die Überzahl, die Sampaoli auf den Flügel geschaffen hatte, erschwerte es Carvajal und Marcelo - wichtige Figuren bei der 5-3-2 Anrichtung - an offensivem Gewicht zu gewinnen. Zu Beginn der Spielzüge waren ihre Rollen hilfreich als höhere Stationen für den überragenden Sergio Ramos, der mal wieder ein Spiel zum nicht vergessen gezaubert hat, aber wenn sie vorne entscheidend werden sollten.. keine Chance.
So viel zur ersten Hälfte, in den zweiten 45 Minuten war Sampaoli klar, dass der Spielverlauf seinen Gegnern bevorteilte, also impfte er seiner Mannschaft Adrenalin ein und verlangte, dass sie mehr pressen. Das machte Sinn, aber Ramos zerpflückte das Pressing und Carvajals, Modrics und Benzemas Nägel wurden zu Krallen, als sie mehr Räume fanden. Der argentinische Coach griff bei einem ersten Lösungsversuch daneben, aber N'Zonzi hielt seine Mannschaft am Leben, sodass er nochmal was versuchen konnte.
Der Wendepunkt sollte mit dem Wechselkarussel kommen: Sarabia und Jovetic kamen auf der einen Seite rein und Zidane nahm Kroos für Kovacic raus. Der rechte offensive Sektor der Andalusier und der linke defensive der Blancos waren runderneuert und es sollte Sevilla sein, die davon profitieren. Mit der 5er Kette hatte Madrid Meter und Agressivität geopfert für eine bessere defensive Positionierung. Aber Kovacic, mit seiner extremen Mobilität sorgte dafür, dass die Struktur brockelte. Der Wechsel an sich, abgesehen davon, dass er wie gesagt dem grundsätzlichem Gameplan widersprach, war zu verstehen. Sevilla musste kommen und das hieß Madrid hatte die Möglichkeit das Spiel zuzumachen. Aber er zögerte damit, diese Entscheidung mit einem zweiten Wechsel(Asensio oder Morata) nochmal zu bestärken , wobei ich auch verstehen kann, dass er einen guten Benzema in der zweiten Hälfte nicht so gerne vom Platz nehmen wollte.
Auf der anderen Seite kam ein Sarabia rein, der vielleicht der effektivste Joker der spanischen Meisterschaft in dieser Saison ist. Dazu zog Sampaoli Ben Yedder ins Zentrum, um Nacho von Marcelo wegzuziehen, was der Windstoß war, der zum Sturm werden sollte. Ein Sturm, der im Pizjuan keine große Überraschung ist. Und vor dem Keylor erstarrte, zwei Mal patzte und den Fehler auf der anderen Seite von Sergio Rico mindestens ein Mal zu oft kompensierte und Sevilla konnte die Tore Nummer 7 und 8 ab 85. Minute erzielen bei Rückstand oder ausgeglichenem Resultat(in 18 Spielen!), Tore die ihnen bisher ganze 13 Punkte gebracht haben. Das Talent auf der Bank, von Spielern und Trainer, hat sich wieder einmal entscheidend für den Sevilla FC gezeigt.
Schade, dass Keylor gerade in dem Spiel ein blöder Fehler passiert, in dem die DAZN Kommentatoren ihn als Schwachpunkt bezeichnen.
Ich guck immer live bei DAZN, aber auf stumm, gestern aber nicht und das war unerträglich... Schade