Die Champions League hat wieder die zwei Klubs, die am längsten oben sind, aufeinander treffen lassen, um 210 Minuten zu durchleben, die in der Seele und auf der Haut wehtun, und die, die Fans wie eine echte Kriegsdoku konsumieren, obwohl sie die special effects eines Spielberg Kriegsfilm haben. Der Europapokal ist ein ewiges Madrid-Bayern, denn bei diesen Duellen treffen viele Männer aufeinander, die ihn gewonnen haben, die ihn kennen. Gestern wurde eine weitere Episode dieser Saga beendet. Bei dieser ging es um die besten Außenverteidiger der Welt. Ob wahr oder nicht, Dani Carvajal und Marcelo Vieira haben diesen Titel für sich beansprucht. Die haben den Kontext erschaffen, das Cristiano Ronaldo ermöglicht hat zu schreien "Ich bin der Größte".
Das Spiel begann mit einer Meldung, die zwar nicht völlig unerwartet, aber trotzdem ein großes Fragezeichen war: Isco wurde von Zidane auserkoren, um den verletzten Bale zu ersetzen, was eine Reihe von taktischen Anpassungen erforderte, wodurch die Mannschaft sich zunächst in einem 4-3-1-2 formiert wurde, wo sich der Spanier in der Spitze der Raute einreihte. Es ist keine gewöhnliche Formation für die Madrilenen, etwas was sich negativ bemerkbar machen sollte. Gegen Bayern, die ihre Angriffe über den Flügel fokussierte, war Madrid nicht klar, wie sie einen so breiten Angriff verteidigen sollten und wie der Schritt zwischen dem Pressing von Isco auf Alonso und seine Einreihung in die zweite Viererkette aussehen sollte. Das Ergebnis war, dass Xabi ohne Gegner blieb und das Spiel verlagern konnte und die Veteranen auf Münchens Außen dann Gefahr erzeugen konnten. Franck, zentraler, war die größere Gefahrenquelle. Carvajal, gegen den Franzosen und den konstanten Vorstößen von Alaba, begann an seiner historischen Nacht zu schreiben.
Modric versuchte auszuhelfen, um Carvajal nicht alleine zu lassen, aber er hatte nicht genug Zeit, um rechtzeitig anzukommen, also griff Zidane früher ins Geschehen ein, als es bei ihm gewohnt ist und ließ die Mannschaft in einem 4-4-2 mit dem Kroaten auf der rechten Seite verteidigen, was Carvajal besser unterstützte, generell mehr Balance gab und auch mehr Ballbesitz. Neu ausgerichtet, hat Kroos etwas gefehlt, der zwar statistisch gesehen eine hohe Präsenz hatte, aber im Spiel nicht so großen Einfluss nahm, wie in anderen Gelegenheiten, was den Gewicht der längeren Ballbesitzphasen auf Isco verlagerte, der tief in seine Trickkiste greifen musste, um Bayerns Pressing zu umspielen und den Ball in die Nähe von Bayerns Tor zu verfrachten. Das Ziel dieser Pässe waren entweder Marcelo, oder vor allem Carvajal, der eher wie ein Lahm mit explosiver Physis spielte als ein Alaba. Oder auch: einfach wahnsinnig stark. Dani ordnete sich in die nobelste Elite der CL ein.
Nichtsdestotrotz mangelte es Real Madrid den gleichen Zug zum Tor wie den Bayern in ihrer Druckphase. Vielleicht war die bis dahin schwache Vorstellung von Cristiano Ronaldo, der, wie Lewandowsky im anderen Strafraum, seiner Mannschaft keine Kontinuität gab, die aber schwerer zu verzeihen war. Der Pole, ersichtlich nicht bei seinen 100%, hat gegen super aggressive Ramos und Nacho gespielt und der Portugiese, so fit wie er es heutzutage nur sein kann, hatte Boateng und Hummels ohne Rhythmus noch Selbstvertrauen gegenüber. Der Ex-Dortmunder hatte natürlich spektakuläre Szenen, aber generell habe ich das IV Duo mehr als eine Hürde für den meiner Meinung nach stärksten Spielers des Viertelfinal Duells - auch wenn ein anderer 5 Tore erzielt hat - der großartige Manuel Neuer. Der deutsche Keeper hat nicht bloß mehr gehalten, als man erwarten kann, sondern hatte eine taktische und physische Oberhand(und dabei war er sogar verletzt), dessen visuellen Impact alleine schon mögliche Worte, Sätze und Absätze über den Madrider Angriff ausradiert hat. Jede starke Ballzirkulation von Ancelottis Männer begann nach einem schnellem Zuspiel von Neuer. Der Unterschied, abstrakt und konkret, zwischen Neuer und Keylor Navas (der wieder eine weitere CL Runde übersteht, ohne eine großartige Parade) hat das Duell lange ausgeglichen, das vom Spiel her - auch wenn nicht durchgehend - in den Füßen der Spanier lag.
Aber Zidane, dem klar ist, was er will, auch wenn niemand anderes seine Meinung teilt, hat ein neues Spiel eröffnet, das seiner Meinung nach die Chancen seines Teams erhöhen würde und früh in der zweiten Halbzeit nahm er Benzema und Isco raus - zwei Spezialisten um den Ballbesitz in der gegnerischen Hälfte Kontinuität zu geben - und brachte Asensio und Lucas Vazquez rein, stellte sie in einem 4-5-1 mit Cristiano alleinige Spitze auf, übergab Bayern den Ballbesitz und, noch wichtiger, ließ sich ganz zurückfallen, um seinen Strafraum zu schützen und das Spiel über Konter zu entscheiden. Nichts außergewöhnliches und Madrid Defensive gewann tatsächlich an Sicherheit, aber selbst dann hatte man nicht den Eindruck, dass Zidane seinen Jungs eine leichtere Aufgabe gegeben hatte, denn man ermöglichte seinen Gegnern das Szenario, indem sie den größten Eindruck machten, ein Tor erzielen zu können. Noch mehr mit der Hereinnahme von Müller für Alonso und das umstellen der Bayern auf ein 4-2-4. Hätte Madrid den Ball gehabt, hätte es Bayern an Möglichkeiten, den Ball zurückzuerobern, gefehlt und wenn Madrid offensiv verteidigt hätte, wäre es Bayern schwer gefallen Robben zu finden, aber so hat Robben ständig angegriffen. Und so fiel das unglückliche 1-2, ein Moment wo einem das Gefühl übernimmt, dass die Champions League wieder ihr Gesetz durchsetzen will, dass keine Mannschaft dieses Turnier zwei Mal in Folge gewinnen darf. Aber wie scho erwähnt, all ihre Eigenarten werden liebevoll angewandt, wenn ihr Opfer weiß trägt. Vidal sah die rote Karte, Bayern ging die Luft aus und es ging über in den dritten Akt: die Verlängerung.
Die Münchener, weit entfernt in physischer Höchstform zu sein und mit einem Müller, der die Rolle des einsamen Helden nicht spielen kann, hatte keine Möglichkeit die Verlängerung zu dominieren. Ihre einzige Chance lag darin, dass die Gastgeber einen blöden Ballverlust fabrizierten, die Douglas Costa oder Robben ermöglichen würden, Nacho oder Ramos im direkten Duell zu prüfen. So musste Zidanes Mannschaft, um zumindest das Elfmeterschießen zu garantieren, die Wahrscheinlichkeit dieser Fehler minimieren. Dafür hat man Lucas und Marcelo jeweils sehr breit aufgestellt, um dem Mittelfeld klare Anspielstationen zu geben und Asensio etwas Freiraum im Zentrum gegeben, um die Geschwindigkeit der Angriffe zu erhöhen und sie etwas abwechslungsreicher zu gestalten. Wie gut ist und wird Asensio noch werden... Aber das war Marcelos Show. Das brasilianische Genie hat keinen Plan, Kompass oder Instruktionen, aber sein undurchschaubares Spiel vereint sich mit einer technischen Qualität und einem Geist, das die Kritik und Lob am Bernabeu verinnerlicht. Getragen von seinen unkonstanten Schultern kam Real Madrid weiter, um das siebte CL Halbfinalduell in Foleg zu bestreiten, und unglaublich - oder auch nicht - er fiel nicht als es getan war. Die Mannschaft der Undecima ist im Freitag im Topf und jeder, der Cardiff erobern will, will diese Mannschaft jetzt, mit Hin- und Rückspiel. Nicht weil es vermeintlich einfach ist, es ist der schwerste Gegner. Aber diesen Gegner, im Finale, das flößt Angst ein.