Schon etwas gruselig, denn auch ich nehme ihn ebenfalls nicht als Keypass-Maschine wahr. Aber selbst ohne Standard-Situation ist er laut der Grafik deutlich vom Rest entfernt. 2,8 Keypässe pro Spiel (mit Standards) in La Liga laut Opta-Statistik. Spitzenwert! Dann habe ich aber auch gesehen, dass wir das Team sind, welches die meisten Schüsse in der Liga abfeuert. Aus der Distanz auf Platz 5, im Strafraum auf Platz 2! Wir verfehlen am zweihäufigsten das Tor, bei unseren geblockten und zielgenauen Schüssen sind wir in der Top 5. Wie passt das mit dem Vorwurf zusammen, dass wir kaum Chancen kreieren und das Kroos Spiel mittlerweile zu statisch sei? Ich habe nicht die einzig wahre Antwort darauf, aber man muss wissen, dass wir das Team mit den meisten Flanken und Eckbällen sind, sofern wir nur von der oberen Tabellenhälfte ausgehen. Unterdurchschnittliche Teams neigen generell mehr weite Bälle zu schlagen, um ihre spielerische Defizite auszugleichen, wobei es in anderen Ligen deutlich drastischer ist als in La Liga. Aber um beim Thema zu bleiben: viele Flanke, Ecken und Lange Bälle bedeuten viele Luftduelle und wir sind sehr stark in Sachen Luftduelle und Kross spielt halt häufig diese Art von Bällen. Im unserem Flankenhagel gewinnen wir viele Kopfballduelle, die zu Torschüssen führen, ergo bedeutet es mehr Keypässe für denjenigen, die die langen Bälle, Flanken, Ecken usw. schlägt. Dass wir dann zusätzlich auch relativ weit oben bei den vergebenen Großchancen liegen, ist auf Benzema zurückzuführen, der hinter Messi die meisten Torschüsse abfeuert, aber auch die meisten Chancen liegen lässt.
Auch sollte man wissen, dass xG/xA-Werte die Häufigkeit für jene Zone ausrechnet, in der Tore entstehen. Was es aber weniger berücksichtigt ist Folgendes: In welcher SITUATION entstehen wie häufig Tore. Klar wird ein xG-Rating ein schwer erreichbaren Kopfball vom Elfmeterpunkt nicht gleich bewerten wie ein Strafstoß, aber selbst zwischen den Extremen gibt es viele weitere Situationen, die im Modell als klarere Chancen bewertet werden, als sie in Wirklichkeit sind... oder halt anders herum. Zusätzlich ballern wir auch mit am häufigsten aus der Distanz, und auch hier scheint Kroos häufig der letzte Passgeber zu sein. Jeder Keypass ergibt ein xA-Wert, sei er auch noch so unbedeutend klein. Kroos gibt viele verschiedene Keypässe vor allem durch Standards und die summieren sich zu einem gesamten xA-Wert in einem Spiel, der halt relativ hoch.
Halten wir fest: Kroos ist statisch gesehen um einiges besser, als wir ihn mittlerweile wahrnehmen. Das liegt zu großen Teilen daran, dass wir als Team insgesamt nicht gut spielen und keiner auch wirklich herausragt. Kroos ist zu unserem Symbol des statischen und berechenbaren Spiel geworden, obwohl er sein übliches Spiel im großen und Ganzen treu geblieben ist. Demnach hat sich Kroos weder verbessert, noch großartig verschlechtert (vielleicht minimal, wenn und überhaupt), was aber zum x-ten mal bestätigt, dass Kroos selber ein Team nur dann besser macht, wenn das System ihn entsprechend trägt. Aus diesem Grund war für mich seine beste Real Saison die unter Ancelotti, dicht gefolgt von der Double-Saison 2016/17. Er verlässt sehr ungern seine Komfortzone, dennoch schaffte er es immer in einem Team zu spielen, welches seine Komfortzone zumindest in Teilen berücksichtigt. Das einzige mal, in dem ich Kroos tatsächlich mal aus seiner Komfortzone heraustreten sah und ihn als Führungsspieler wahrnahm war während der WM 2018, Höhepunkt war das Spiel gegen Schweden. Denn da merkte er, dass weder das System noch die Qualität des Teams auch nur im Ansatz auf dem 2014-Niveau waren und er auch kein Modric neben sich hatte, zumal er im Gegensatz bei Real im Fokus stand. Dieser Kroos kam aber auch nur aus reinem Überlebensinstinkt hervor. In zwei Monaten ist er 31, er wird nicht mehr besser werden und sein Spiel wird er erst recht nicht anpassen, zulange war er damit erfolgreich.